NLT-Aktuell – Ausgabe 28

Klausur der Landrätinnen und Landräte 

Zwei Tage diskutierten die niedersächsischen Landrätinnen und Landräte im Rahmen ihrer diesjährigen Klausurtagung in Bücken, Landkreis Nienburg (Weser), die aktuellen Herausforderungen des ländlichen Raumes mit Politik und Wissenschaft. Als Gesprächspartnerinnen und -partner standen gleich drei Mitglieder der Niedersächsischen Landesregierung Rede und Antwort. 

Gesundheits- und Sozialminister Dr. Andreas Philippi 

Die Gesundheitspolitik stand im Mittelpunkt des Austausches mit Gesundheits- und Sozialminister Dr. Andreas Philippi. Eindringlich vertieften die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten ihre im zuvor überreichten „Nienburger Notruf“ verbriefte Sorge um eine qualitätsvolle Krankenhausversorgung in der Fläche. Keineswegs seien nur leistungsschwache Krankenhäuser in einer finanziellen Notlage. Zudem gefährdeten die im Juli konsentierten Eckpunkte zwischen Bund und Ländern die Umsetzung der politisch und fachlich einvernehmlich in Niedersachsen erzielten Ergebnisse der Enquetekommission des Landtags aus dem Jahr 2021. Heftig kritisiert wurde das Vorgehen des Bundes, über die Hintertür des sogenannten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes Fakten zu Lasten der Länder und Kommunen zu schaffen, bevor überhaupt ein Gesetzentwurf zur Krankenhausreform auf dem Tisch liege. „Das Vorgehen des Bundes ist unverantwortlich und führt zu einem ungesteuerten Kliniksterben. Wir appellieren an Bundesminister Lauterbach und Minister Philippi, durch eine finanzielle Soforthilfe und ein geordnetes Reformverfahren die Voraussetzungen für eine Krankenhausreform zu schaffen, die die Planungshoheit der Länder respektiert und eine flächendeckend hochwertige Versorgung in der Stadt und auf dem Land sicherstellt,“ fasste der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) Landrat Sven Ambrosy die Erwartungen zusammen.

Einen zweiten Schwerpunkt bildeten die beabsichtigten Strukturveränderungen im SGB II für unter 25-Jährige Personen. Minister Philippi und die Verwaltungsspitzen der niedersächsischen Landkreise waren sich einig in der konsequenten Ablehnung dieses Vorhabens. „Es handelt sich nicht um Einsparungen, sondern um die Verschiebung von Finanzlasten von einer Tasche in die andere, die teuer bezahlt werden müssen. Sozialpolitisch ist es nicht zu verantworten, die über Jahrzehnte sorgsam aufgebauten und gut funktionierenden Präventionsketten für die jungen Menschen in einem sensiblen Lebensabschnitt zu zerstören. Wir appellieren an die niedersächsischen Bundestagsabgeordneten, sich über die Auswirkungen vor Ort zu informieren und diesen völlig falschen Weg nicht mitzugehen“, forderte Ambrosy.

Prof. Dr. Berthold Vogel, Universität Göttingen 

Energiewende, ökologische Transformation und lokaler Zusammenhalt waren Themen des Impulsvortrags von Prof. Dr. Berthold Vogel, Geschäftsführender Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts an der Universität Göttingen. Es gelte, Energiewende und Klimapolitik vom Zusammenhalt der ländlichen Räume her zu denken, forderte Vogel. Wer erfolgreiche Umwelt-, Artenschutz- und Klimapolitik machen wolle, dessen Orientierungspunkte müssten Gerechtigkeit, Gemeinwohl und Gleichwertigkeit sein. Klimagerechtigkeit und Energiewende gebe es nicht ohne soziale Gerechtigkeit. Insbesondere brauchten Klimawandel und Energiewende gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. 

Mit diesen Thesen stieß Vogel auf breite Zustimmung bei den Landrätinnen und Landräten. „Niedersachsen ist Vorreiter beim Ausbau neuer Energien, insbesondere bei der Wind- aber auch der Solarenergie. Die ökologische Transformation bietet Chancen für den ländlichen Raum, bringt aber auch große Belastungen. Die notwendige neue Infrastruktur greift unmittelbar in kommunale Räume und ihre Entwicklungsmöglichkeiten ein. Die von uns unterstützte Energiewende wird nur gelingen, wenn die Bürgerinnen und Bürger im Norden der Bundesrepublik nicht nur deren Lasten zu tragen haben, sondern auch unmittelbar davon profitieren. Die notwendige politische Diskussion darüber beginnt erst und muss weiter vorangetrieben werden“, forderte NLT-Geschäftsführer Joachim Schwind. 

Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte 

Die Entwicklung des ländlichen Raumes stand auch im Mittelpunkt des Gesprächs mit Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte. Sie ist in der Landesregierung für die Regionalplanung zuständig, die die Landkreise im eigenen Wirkungskreis verantworten. Die größte Herausforderung bildet derzeit die Umsetzung der Flächenvorgaben für den Ausbau der Windenergie. Ein gewichtiges Thema der Entwicklung des ländlichen Raumes ist aber auch der anstehende Transformationsprozess zum Moor. „Beim Ausbau der Windenergie brauchen wir Planungssicherheit und nicht Änderungen des Bundes- und Landesrechts im Monatstakt. Hier erleben wir das Landwirtschaftsministerium als verlässlichen Partner an der Seite der Landkreise. Hinsichtlich der künftigen Entwicklung der vielfältigen Moorlandschaften in Niedersachsen brauchen wir dagegen dringend Klarheit, wohin die Reise gehen soll. Bekenntnisse zum verbesserten Moorschutz genügen angesichts der unterschiedlichen Probleme nicht“, stellte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer fest. 

Eindringlich forderten die Landrätinnen und Landräte eine Verbesserung der Finanzausstattung der kommunalen Veterinärbehörden ein. „Die Landkreise subventionieren diese Landesaufgabe nunmehr mit über 30 Millionen Euro im Jahr. Wenn wir das bisherige hohe Niveau des Verbraucherschutzes aufrechterhalten wollen, müssen Landesregierung und Landtag nicht nur in neue Gebäude und Labore beim Dienstleister Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit investieren, sondern auch die Arbeit vor Ort stärken, wo Lebensmittelsicherheit und Tierschutz täglich in den Betrieben überwacht werden müssen“, machte Meyer deutlich. 

Finanzminister Gerald Heere 

Den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung bildete der Austausch mit Finanzminister Gerald Heere. Auch hier ging es zunächst um die Krankenhäuser, das Land ist für die Investitionen verantwortlich. Die Landrätinnen und Landräte begrüßten zwar die verstärkten Bemühungen der Landesregierung in diesem Bereich, sahen aber noch erheblichen Diskussionsbedarf, wie der inzwischen auf drei Milliarden Euro angewachsene Investitionsstau abgetragen werden soll. „Wenn die Landesregierung nach der Haushaltsklausur Investitionszusagen für Krankenhäuser ab 2024 in Milliardenhöhe abgibt, aber jährlich nur 305 Millionen Euro auszahlt, müssen die Landkreise vorfinanzieren. Zudem werden die tatsächlichen Zahlungen des Landes zu 40 Prozent von der Solidargemeinschaft der Landkreise getragen. Andere politische Themen genießen größere finanzielle Aufmerksamkeit“, kritisierte NLT-Vizepräsident Landrat Cord Bockhop. 

Nachdrücklich forderten die Verwaltungschefinnen und -chefs der Landkreise vom Finanzminister die Einhaltung des sogenannten Konnexitätsprinzips ein, wonach das Land die Kosten für zusätzliche Pflichtaufgaben der Kommunen zu tragen hat. In Niedersachsen hat eine Umfrage der kommunalen Spitzenverbände ergeben, dass allein durch Aufgabenveränderungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, des Betreuungswesens und des Wohngeldes im Jahr 2024 ein Aufwuchs von 500 Stellen notwendig ist, was zu Mehrausgaben von 50 Millionen Euro im Jahr führt. „Wir erwarten eine qualifizierte politische Antwort für das von uns schon mehrfach benannte Problem, andernfalls müssen wir andere Wege prüfen, dem geltenden Verfassungsrecht Wirksamkeit zu verschaffen“, fasste Bockhop die Stimmung zusammen. 

Landeshaushalt: Mittelfristige Planung Niedersachsen (MiPla) 2023-2027 

Die Niedersächsische Landesregierung hat am 3. Juli 2023 die Mittelfristige Planung 2023 bis 2027 (MiPla) beschlossen. Hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Situation wird darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft im Spannungsfeld zeitgleich ablaufender Krisen und Umbrüche stehe. Die ökonomischen Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine trübten nach den Covid-19-Belastungen die Weltwirtschaft erneut deutlich ein. Sodann wird auf die aktuelle Entwicklung mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 1,8 Prozent im Jahre 2022 und einer Stagnation der Jahresmitte 2023 eingegangen. 

Auf Seite 10 ff. heißt es zum Landeshaushalt 2024: „Zu den wesentlichen Vorhaben der beschlossenen MiPla 2023-2027 zählen insbesondere die vollständige Anhebung der Einstiegsgehälter für Lehrkräfte in Grund-, Haupt- und Realschulen auf A13 zum 1. August 2024, hohe zusätzliche Investitionen in die Sanierung und den Neubau von Krankenhäusern und regionalen Gesundheitszentren, die Bereitstellung von 100 Millionen Euro Startkapital für die geplante Landeswohnungsgesellschaft, deutliche Zusatzinvestitionen in die ökologische Sanierung von Landesliegenschaften, weitere Zusatzinvestitionen in den Klimaschutz sowie aufgestockte Investitionen in die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen. Für den IT-Bereich werden im MiPla-Zeitraum zusätzliche Ausgaben von rund 0,5 Milliarden Euro aufgewendet.“ 

Weiter erfolge in allen Planungsjahren der Haushaltsausgleich ohne Nettokreditaufnahme. Die Schuldenentwicklung des Landes stellt sich danach wie folgt dar: 

Erläuternd heißt es, dass für 2023 im Ist mit einem deutlich positiven Finanzierungssaldo zu rechnen sei. Der bereits im zweiten Nachtragshaushalt 2023 angelegte Finanzierungsüberschuss dürfe nach dem Jahresabschluss erneut einen Wert im einstelligen Milliardenbereich aufweisen.

Steuergeschenk auf Kosten der Kommunen 

Auf ihrer Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg hat die Bundesregierung den Entwurf eines von der kommunalen Ebene bereits im Vorfeld stark kritisierten Wachstumschancengesetzes beschlossen. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände (AG KSV) hat in einer Pressemitteilung vom 7. September 2023 die Regelung kritisiert, die zu Steuerausfällen auf der kommunalen Ebene von jährlich bis zu 3,3 Milliarden Euro, davon jährlich rund 2,9 Milliarden Euro bei der Gewerbesteuer, führen würde. 

Dazu Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, in einer aktuellen Pressemitteilung: „Die Gewerbesteuer ist in der Regel die wichtigste Einnahmequelle der städtischen Haushalte. Die Städte werden die Steuerausfälle an anderer Stelle kompensieren müssen, etwa durch Erhöhungen der Grundsteuer, Kürzungen bei Kultur und Sport oder durch weitere Kreditaufnahmen.“ Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, ergänzte: „Das ist ein Steuergeschenk auf Kosten der Kommunen, das sich in der aktuellen Haushaltssituation keine Gemeinde in Deutschland leisten kann! Die Wirtschaft zu entlasten ist ein hehres Ziel, es darf aber nicht zu Leistungseinschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort kommen.“ Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, erklärte dazu: „Die Kommunen sind auch wegen der einigermaßen stabilen Einnahmesituation bisher vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen. Jetzt bürden Bund und Land Ihnen neue Lasten auf, zum Beispiel in der Krankenhausfinanzierung und dem Breitbandausbau. Gleichzeitig beschließt der Bund neue Sozialgesetze wie die Kindergrundsicherung. Eine solche Verschiebung von Lasten in den kommunalen Bereich haben wir seit Jahrzehnten nicht erlebt.“ 

Das Steuergeschenk kommt völlig zur Unzeit. Die Kommunen bekommen zeitverzögert die finanziellen Folgen der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges zu spüren; die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht. Gleichzeitig wachsen die Ausgaben durch neue Aufgaben, die den Kommunen von höherer Ebene übertragen werden und die zum Teil nicht hinreichend gegenfinanziert sind. 

Ergebnisse der Vierteljahresstatistik für Niedersachsen – 2. Quartal 2023 

Das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) hat die Ergebnisse der Vierteljahresstatistik der Kommunalfinanzen zum Ende des 2. Quartals 2022 zusammengestellt. Die bereinigten Einzahlungen insgesamt stiegen um 6,3 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro. Dabei blieb die allgemeine Steuerentwicklung hinter den Gesamtsteigerungen mit +2,1 Prozent zurück. Während die Gewerbesteuer (netto) im ersten Halbjahr um 8,9 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro stieg, gingen der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer um 4,8 Prozent (auf 2,1 Milliarden Euro) und der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer um 8,3 Prozent(auf 0,3 Milliarden Euro) zurück. Die positive Steuerentwicklung resultiert somit allein aus einer stabilen Entwicklung bei der Grundsteuer und weiter steigenden Gewerbesteuereinnahmen. Deutlichere Zuwächse gab es hingegen bei den Schlüsselzuweisungen vom Land (+9,3 Prozent), den aufgabenbezogenen Leistungsbeteiligungen des Bundes nach SGB II (+28,9 Prozent), den Benutzungsgebühren (+11,4 Prozent) und den Kostenerstattungen vom Land (+13,7 Prozent). 

Die bereinigten Auszahlungen betrugen hingegen 16,6 Milliarden Euro (+ 12,9 Prozent). Dabei stiegen die Personalauszahlungen um 8,2 Prozent auf knapp 3,6 Milliarden Euro, die Sach- und Dienstleistungen um 12,8 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro und die Transferzahlungen auf 9,4 Milliarden Euro (+14,1 Prozent) an. Hinter letzterer Zahl verbirgt sich ein Anstieg der Soziallasten insgesamt, mit besonders hohen Steigerungen bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGBI II) mit 25,4 Prozent, den Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) mit 21,8 Prozent und den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) mit 15,3 Prozent. 

Der Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen (Finanzierungsüberschuss-/fehlbetrag) belief sich auf -865 Millionen Euro (Vorjahr +100 Millionen Euro). Dies zeigt den erheblichen Einbruch der Kommunalfinanzen. 

Gemeindeanteile Einkommensteuer und Umsatzsteuer – 1. bis 3. Quartal 

Das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) hat die Gemeindeanteile an der Einkommen- und der Umsatzsteuer für September 2023 mitgeteilt. Damit ist ein Überblick über die ersten drei Quartale des Jahres möglich. Gleichzeitig steht für den kommunalen Finanzausgleich 2023 somit auch die Steuerkraft für diese beiden Anteile fest. 

Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer hat das LSN einen Betrag von 224,4 Millionen Euro für September mitgeteilt. In den ersten drei Quartalen 2023 sind somit insgesamt 3,07 Milliarden Euro an die Städte und Gemeinden geflossen, zzgl. der Abrechnung des Vorjahres in Höhe von 6,1 Millionen Euro beläuft sich der Betrag auf insgesamt 3,07 Milliarden Euro für das laufende Jahr bislang. Dies sind rd. 165 Millionen Euro weniger als zum vergleichbaren Vorjahreszeitpunkt. 

Für den Berechnungszeitraum des kommunalen Finanzausgleichs 2024 (1. Oktober 2022 bis 30. September 2023) ergibt sich ein Betrag von Landesweit 3.881,4 Millionen Euro. Dies sind 285 Millionen Euro weniger als im Vorjahr (-6,9 Prozent). Hintergrund ist ein Einbruch im November 2022 aufgrund gesetzlicher Änderungen. Grundlage für die Steuerkraftberechnung bilden 90 Prozent des Aufkommens (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 NFAG). 

Beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer beträgt der Auszahlungsbetrag im September 63,1 Millionen Euro (+ 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat). In den ersten drei Quartalen haben die Städte und Gemeinden unter Berücksichtigung einer Abrechnung des Vorjahres in Höhe von -14,4 Millionen Euro insgesamt 511,7 Millionen Euro erhalten. Dies sind rund 25 Millionen Euro weniger als zum vergleichbaren Vorjahreszeitpunkt. 

Für den kommunalen Finanzausgleich beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer ergibt sich beim Aufkommen damit ebenfalls eine negative Entwicklung für den Zeitraum 1. Oktober 2022 bis 30. September 2023. Das Aufkommen beträgt 699 Millionen Euro (-7,5 Prozent). Dies sind 56 Millionen Euro weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. 

Änderung der Niedersächsischen Bauordnung

Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung (MW) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Architektengesetzes, des Niedersächsischen Ingenieurgesetzes und der Niedersächsischen Bauordnung nebst Begründung im Rahmen der Verbandsbeteiligung zur Stellungnahme übersandt. Anlass für den Gesetzentwurf sind zwei Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Deutschland, von denen neben Niedersachsen auch andere Bundesländer und in einem Fall auch der Bund betroffen sind. 

Weitere Anlässe sind diverse Rechtsänderungen und ein Urteil des EuGH. Zudem soll die Mindestversicherungssumme für Sach- und Vermögensschäden in der Berufshaftpflicht der Gesellschaften der Architektinnen und Architekten sowie der Beratenden Ingenieurinnen und Ingenieure angehoben werden, da Niedersachsen aktuell im Bundesländervergleich die niedrigste Versicherungssumme festgelegt hat. 

Förderung von Technologie- und Gründerzentren 

Das Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung (MW) hat den Entwurf der „GRW- Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Errichtung und des Ausbaus von Technologie- und Gründerzentren“ nebst Scoring und Begleitschreiben übersandt. Die Förderung soll aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) erfolgen. Diese Richtlinie beinhaltet nur GRW-Mittel und richtet sich an die Antragsteller innerhalb des GRW-Fördergebietes. Die GRW-Richtlinie ist das Gegenstück zur EFRE-Richtlinie, die den Bereich außerhalb des GRW-Fördergebietes abdeckt. 

Besonders hinzuweisen ist auf Folgendes: 

  • Der Vorteil soll lediglich auf Nutzerebene verschafft werden. Der Vorteil zugunsten der Nutzer besteht in der Regel in der im Vergleich zu den Marktpreisen kostengünstigeren Nutzung der Räume des Zentrums, ggf. ergänzt um den anteiligen Wert der Inanspruchnahme von Gemeinschaftsdienstleistungen. 
  • Nach Ablauf der Bindungsfrist von 15 Jahren verbleiben die Gebäude in der Regel im Eigentum der Träger. Um sicherzustellen, dass auf der Ebene der Träger kein Vorteil verbleibt, muss danach eine Gewinnabschöpfung erfolgen. 
  • In dieser Förderperiode wird auch die Errichtung von Technologie- und Gründerzentren ermöglicht. Die Höchstfördersumme beträgt bis zu fünf Millionen Euro pro Vorhaben.

Änderung der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen 

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport (MI) hat eine Verordnung zur Änderung der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (KOVerm) nebst Begründung im Rahmen der Verbandsbeteiligung zur Stellungnahme übersandt. Durch die Änderung der KOVerm werden die Gebühren für die personalintensiven Amtshandlungen und Leistungen angepasst. Die mittlere Erhöhung aller angepassten Gebührenparameter um rund fünf Prozent berücksichtigt dabei die Tarif- und Besoldungserhöhung des Jahres 2022 (wirkend ab 1. Dezember 2022) sowie in Teilen die allgemeine Preissteigerungsrate. 

Mit der Änderung der KOVerm wird daneben eine grundlegende Regelung zum Online-Abruf von Geobasisdaten (z.B. Katasterkarten-online) umgesetzt. Schließlich erfolgen Anpassungen zum Bezug von Geobasisdaten des ATKIS (Amtliches Topographisch Kartographisches Informationssystem), den sonstigen Leistungen und Amtshandlungen sowie einige redaktionelle Anpassungen. 

Niedersächsische Energietage am 20./21. November 2023 

Das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen lädt ein zu den 15. Niedersächsischen Energietagen (NET) am 20. und 21. November 2023 im Alten Rathaus Hannover zum Thema „Die Energiewende findet vor Ort statt – auf die Kommunen kommt es an!“ ein. Weitere Einzelheiten, das vollständige Programm sowie das Anmeldeformular sind unter https://www.efzn.de/net2023 abrufbar. Die Zahl der Teilnehmenden ist auf 200 Personen begrenzt. Die Teilnahme ist kostenpflichtig. 

Eröffnet werden die Energietage vom diesjährigen Schirmherrn der NET, dem Niedersächsischen Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Olaf Lies. Der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages, Landrat Sven Ambrosy, wird zudem einen von fünf geplanten Impulsvorträge zum Thema „Herausforderungen, Bedürfnisse und Chancen für Kommunen bei der Transformation des Energiesystems“ halten. 

In weiteren Impulsen werden inhaltliche Diskussionsschwerpunkte herausgearbeitet, die dann in folgenden Fachforen gemeinsam vertieft werden sollen: 

  • Was kommt auf die Netze in den Kommunen zu? 
  • Kommunale Potentiale erneuerbarer Energien optimal nutzen 
  • Kommunalpolitik und Energiewirtschaft – Teamplayer oder Rivalen der Energiewende? 
  • Chancen der Energietransformation für den ländlichen Raum – zwischen Wertschöpfung, Innovation und Teilhabe 

Beschluss der Allianz der Länder mit Standorten der chemischen Industrie 

Die Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben mit einem gemeinsamen Beschluss die Bundesregierung nachdrücklich aufgefordert, mit geeigneten Maßnahmen schnellstmöglich einen international wettbewerbsfähigen Strompreis zu gewährleisten, der auch dem energieintensiven Mittelstand sowie den Betreibern von Chemieparks offensteht. Mögliche Instrumente könnten beispielsweise die Senkung der Stromsteuer in Deutschland auf den europäischen Mindestsatz, die Begrenzung von Umlagen und Entgelten, der Verzicht auf den Wegfall des Spitzenausgleichs bei der Stromsteuer nach dem Jahr 2024, die beschleunigte Ausweitung des Stromangebotes sowie die Einführung eines zeitlich befristeten Brückenstrompreises sein. Die Länder fordern die Bundesregierung zudem auf, auch künftig alle von der EU für zulässig erklärten Möglichkeiten der Strompreiskompensation auszunutzen. 

Geplante Zuständigkeitsverlagerung U25 in das SGB III 

Die Länder hatten die vom Bund geplante Zuständigkeitsverlagerung der Arbeitsförderung von SGB II-Empfängern unter 25 Jahren zu den Agenturen für Arbeit nach dem SGB III in einem gemeinsamen Papier mit den kommunalen Spitzenverbänden einvernehmlich bereits nachdrücklich abgelehnt. Nunmehr hat die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) mit ihrem Beschluss vom 25. August 2023 ebenfalls einstimmig die Pläne des Bundesarbeitsministers abgelehnt. Unter anderem wird in dem Beschluss ausgeführt: 

„[…] Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder fordern den Bund auf, von dem Vorhaben, alle jungen Menschen unter 25 künftig bei der Vorbereitung auf den Berufseinstieg sowie die Integration in Beschäftigung ausschließlich im Rechtskreis SGB III betreuen zu lassen, Abstand zu nehmen. Das geplante Vorhaben würde der erfolgreich etablierten Arbeit der Jobcenter bei einer ganzheitlichen Betreuung der gesamten Bedarfsgemeinschaft unter Einbeziehung aller Netzwerkpartner die praxiserprobte Grundlage entziehen.“ 

Die sozialpolitischen Wirkungen hat Landrat Peter Bohlmann (Verden) als Sprecher der Landkreise Kommunaler Jobcenter in einem Gastbeitrag für den Weserkurier nachdrücklich dargestellt. Der Niedersächsische Landkreistag hat unter anderem ein Gespräch mit der Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Leonie Gebers, am 18. September 2023 vereinbart, um die Einschätzungen und Bedenken nochmals zu verdeutlichen. 

Zehn-Punkte-Plan für den Wirtschaftsstandort Deutschland 

Bei der Kabinettsklausur vom 29./30. August 2023 in Meseberg haben Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner einen Zehn-Punkte-Plan für den Wirtschaftsstandort Deutschland vorgestellt. Laut Mitteilung des Deutschen Landkreistages umfassen die zehn Punkte Folgendes: 

1. Wachstumschancen-Gesetz: Das Wachstumschancen-Gesetz soll Anreize für Investitionen und Innovationen schaffen.
2. Zukunftsfinanzierungsgesetz: Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz soll ein Impuls für einen attraktiveren Kapitalmarkt und eine verbesserte kapitalmarkt- und wagniskapitalbasierten Finanzierung gesetzt werden.
3. Klima- und Transformationsfonds: Mit dem Klima- und Transformationsfonds stehen in den nächsten Jahren 211 Milliarden Euro für Maßnahmen zur Unterstützung der Modernisierung der Wirtschaft und für gezielte Investitionen in den Klimaschutz im Bereich Gebäude und Verkehr zur Verfügung.
4. Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen: Mit den Ländern sei ein „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ in Arbeit.
5. Bürokratie abbauen: Die Bundesregierung sieht ein regelrechtes Bürokratie-Dickicht, das ein echtes Investitionshemmnis gerade für den Mittelstand sei.
6. Sichere und bezahlbare Energie gewährleisten: Um die Strompreise schnell zu senken, soll die Stromproduktion – v.a. aus Sonne und Wind – beschleunigt und die nötigen Stromleitungen verlegt werden. Gleichzeitig gelte es, Wasserstoff zu beschaffen und die dafür benötigte Infrastruktur schnell aufzubauen.
7. Digitalisierung voranbringen: Mit der neuen Datenstrategie will die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Datennutzung und Datenzugang sowie Investitionen in die Datenökonomie verbessern – auch gegenüber dem Datenschutz.
8. Fachkräfte für Deutschland: Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei darüber hinaus die Grundlage geschaffen worden, dass dringend benötigte Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland nach Deutschland kommen können. Nunmehr gehe es darum, die entsprechenden Verfahren zu entbürokratisieren, zu digitalisieren und zu beschleunigen.
9. Zukunft fördern: Bildung und Forschung sollen im Haushaltsjahr 2024 mit über 20 Milliarden Euro unterstützt werden.
10.Handelsagenda und Rohstoffversorgung: Deutschland positioniere sich als starke Kraft für mehr Kooperation und nachhaltigen globalen Handel.

Eckpunkte der Bundesregierung für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz 

Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner haben im Rahmen der Kabinettsklausur vom 29./30. August 2023 in Meseberg Eckpunkte eines weiteren Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) beschlossen. Neben einem BEG IV werden weitere gesetzliche Maßnahmen zum Bürokratieabbau angekündigt. 

Das nun vorgelegte Eckpunktepapier enthält eine nicht abschließende Aufzählung geplanter Einzelvorhaben u.a. aus den Bereichen Telekommunikation und Netzausbau, dem Ausbau erneuerbarer Energien, dem Windenergieanlagenausbau, dem BauGB sowie der Einführung der Kindergrundsicherung und des Familienstartzeitgesetzes. Des Weiteren plant die Bundesregierung, sich verstärkt in die Bemühungen der Europäischen Kommission zu besserer Rechtsetzung und Bürokratieabbau innerhalb der Europäischen Union einzubringen. Die vorgelegten Eckpunkte sind aus Sicht der Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Landkreistages nur sehr bedingt kommunalrelevant und erschöpfen sich in Einzelregelungen, die dem Anspruch eines umfassenden Ansatzes zum Bürokratieabbau nicht gerecht werden, sondern Stückwerk bleiben. 

Referentenentwurf eines Kindergrundsicherungsgesetzes 

Das Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend (BMFSFJ) hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Änderung weiterer Bestimmungen mit Stand vom 30. August 2023, vorgelegt. Die Ressortabstimmung erfolgt parallel. Daher finden sich insbesondere bei finanzrelevanten Passagen noch wiederholt Leerstellen. Über die wesentlichen Inhalte hatte der Niedersächsische Landkreistag (NLT) wiederholt unterrichtet (zuletzt NLT-Aktuell 27/2023 vom 1. September 2023). Deshalb wird hier nur noch auf folgende Punkte des als Artikelgesetz gestalteten Entwurfs hingewiesen. 

Zur Finanzierung veranschlagt der Gesetzentwurf jährliche Haushaltsausgaben für den Bund in Höhe von 1,88 Milliarden Euro im Jahr 2025, die in Folge verstärkter Inanspruchnahme der Leistungen auf 5,74 Milliarden Euro im Jahr 2028 anwachsen sollen. Als Erfüllungsaufwand für den Familienservice der BA werden 0,5 Milliarden Euro genannt. Zur Streichung der KdU-Bundesbeteiligung für das Bildungspaket führt die Begründung aus, dass keine Belastung der Kommunen entstehe, da sie in vergleichbarem Umfang durch die Übernahme des pauschalierten Wohnkostenanteils in der Kindergrundsicherung durch den Bund entlastet würden. 

Das BMFSFJ will den Kabinettsbeschluss am 13. September 2023 herbeiführen und hat deswegen eine Frist zur Stellungnahme nur bis 6. September 2023 eingeräumt. Die Verbändeanhörung zu dem Gesetzentwurf soll bereits am 8. September 2023 stattfinden. Diese kurze Zeitspanne ist angesichts der umfangreichen Verwaltungsreform, die mit der Kindergrundsicherung verbunden ist, völlig überhastet und widerspricht auch dem Geist der Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung zum Zeitbedarf für die Beratungen beim komplexen Gebäudeenergiegesetz.

Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes 

Die Bundesregierung hat am 30. August 2023 den Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes beschlossen. Gegenüber der früheren Fassung (vgl. zuletzt NLT-Aktuell 26/2023 vom 25. August 2023) haben sich die kommunalen Mindereinnahmen wieder auf -1,931 Milliarden Euro in der vollen Jahreswirkung und damit auf den Wert des Referentenentwurfs erhöht. Es bleibt daher bei der grundsätzlichen Kritik, dass diese Mindereinnahmen in der derzeitigen Situation kommunal kaum tragbar sind. 

Investitionsbedarf bei Schienennetzen, Straßen und Wegen bis 2030 

Das Deutsche Institut für Urbanistik schätzt den Investitionsbedarf für den Erhalt und die Erweiterung von Schienennetzen, Straßen und Wegen in deutschen Städten, Landkreisen und Gemeinden bis 2030 auf rund 372 Milliarden Euro. Der mit rund 283 Milliarden Euro deutlich größte Teil entfällt auf den Nachhol- und Ersatzbedarf bei der Straßenverkehrsinfrastruktur, wobei insbesondere die Ingenieurbauwerke wie Tunnel und Brücken in der Region Osten sowie Hauptverkehrsstraßen in der Region Mitte-West im aktuellen Jahrzehnt ersetzt oder zumindest sehr umfassend saniert werden müssen. 

Die Verlagerung des Verkehrs auf andere Verkehrsträger erfordert darüber hinaus Investitionen an anderer Stelle, z.B. in Fahrzeuge des ÖPNV oder in die für die aktive Mobilität benötigten Fahrzeuge (z.B. E-Bikes), die nicht Gegenstand der vorliegenden Studie waren. Die Meta-Studie hat außerdem ergeben, dass zumindest bis 2030 voraussichtlich nur wenige Verkehrsvermeidungspotenziale umsetzbar sein werden. Die mit der Verkehrswende angestrebten Effekte, insbesondere die Reduzierung von Emissionen, sollen vor allem durch die Verlagerung auf den ÖPNV und die aktive Mobilität sowie durch die weitgehende Elektrifizierung des übrigen Verkehrs erreicht werden. 

Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vor Beratung im Bundesrat 

Die Bundesregierung hat Ende Juni einen Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen, der nun im Bundesrat zur Beratung ansteht. Er soll den Ländern und Kommunen – auf Basis nachfolgender Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) – mehr Entscheidungsspielräume eröffnen, um neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigen können. 

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehrs (BMDV) hatte am 15. Juni 2023 – mit einer Stellungnahmefrist von gerade einmal 24 Stunden – den Referentenentwurf für die Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) übersandt. Dazu hatten die kommunalen Spitzenverbände eine Stellungnahme abgegeben und in aller Schärfe die indiskutabel kurze Stellungnahmefrist kritisiert. In der Sache haben die kommunalen Spitzenverbände im Grundsatz begrüßt, dass die Ziele der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im StVG durch die weiteren Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung ergänzt werden sollen, um kommunale Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume zu erweitern. Sie haben zugleich aber um Klarstellung in der Gesetzesbegründung gebeten, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ihrerseits weiterhin zu berücksichtigen sind. 

Eine weitere Problematik ergibt sich für den kreisangehörigen Raum: So sieht § 6 Abs. 4a Satz 2 StVG-E vor, dass kreisangehörige Gemeinden, die nicht selbst Straßenverkehrsbehörden sind, den Erlass verkehrlicher Anordnungen bei „den nach Landesrecht für die Ausführung der Rechtsverordnungen bestimmten Behörden“, also bei den Straßenverkehrsbehörden bzw. Landkreisen, beantragen können. Dass diese Antragsmöglichkeit besteht soll durch die StVG-Änderung „lediglich klargestellt“ werden. Allerdings dürfte damit zu rechnen sein, dass Gemeinden infolge der erweiterten Ziele des StVG in größerem Umfang verkehrliche Regelungen bei den Landkreisen beantragen. Den Landkreisen könnte dadurch erheblich mehr Verwaltungsaufwand entstehen. Zudem steht zu befürchten, dass rechtliche Konflikte zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden vorprogrammiert sind. 

Änderung des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes 

Im Bundesrat steht die Beratung eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetzes an. In Umsetzung der Beschlüsse des Bundeskabinetts zum sogenannten Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung sollen die Vorgaben des Gesetzes über die EU-Vorgaben der Clean-Vehicles-Directive hinaus verschärft werden. Synthetische (Diesel-)Kraftstoffe sollen nur noch zum Einsatz kommen können, wenn sie nicht aus fossilen Rohstoffen stammen, strombasierte (Diesel-)Kraftstoffe nur, wenn sie aus erneuerbaren Energien erzeugt wurden. Der Deutsche Landkreistag hatte zu dem ursprünglichen weitergehenden Referentenentwurf kritisch Stellung genommen und einige textliche Änderungen erwirken können. 

Beschleunigung des Ausbaus von Telekommunikationsnetzen 

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat dem Deutschen Landkreistag den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Telekommunikationsnetzen (TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz) übermittelt. Mit dem Entwurf soll insbesondere ein sogenanntes Gigabit-Grundbuch als zentrale Datendrehscheibe für alle zum Glasfaser- und Mobilfunkausbau relevanten Informationen installiert werden. Darüber hinaus sind im Genehmigungsrecht Fristverkürzungen vorgesehen. Vorschriften zur Lösung der Überbauproblematik enthält der Entwurf dagegen bislang nicht. 

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sicherheitsgewerbes 

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat dem Deutschen Landkreistag den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sicherheitsgewerbes übermittelt. Das bisher im Wesentlichen auf zwei Vorschriften der Gewerbeordnung gestützte Recht des Sicherheitsgewerbes soll in ein eigenes Gesetz überführt werden. Für Beschäftigte im Sicherheitsgewerbe soll es eine Erlaubnispflicht geben. Der Informationsfluss zwischen den zuständigen Behörden sowie den Waffenbehörden soll verbessert werden. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sollen Zuverlässigkeit und Fachkunde der Auftragnehmer stärker berücksichtigt werden müssen. Welche Behörden für den Vollzug des Gesetzes zuständig sein werden, müssen die Länder bestimmen. 

Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung verkündet 

Die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung ist im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 1. September 2023 in Kraft getreten. Mit der Verordnung wird insbesondere die Westbalkanregelung ausgedehnt. Die Fälle, in denen die Ausländerbehörden der Erteilung eines Visums vorab zustimmen müssen, werden deutlich reduziert. 

Der Deutsche Landkreistag führt hierzu Folgendes aus: 

– die gesetzlichen Regelungen zur sogenannten Erfahrungssäule werden dahingehend präzisiert, dass für IT-Spezialisten die Dauer der Berufserfahrung und die Gehaltsschwelle abgesenkt werden. Auf den Nachweis von Deutschkenntnissen wird verzichtet.
– Auch im Gesundheits- und Pflegebereich gelten Erleichterungen. Bei Vermittlungsabsprachen wird auf das konkrete Arbeitsplatzangebot nach der Anerkennung sowie auf den engen berufsfachlichen Zusammenhang zwischen der Tätigkeit während des Anerkennungsverfahrens und der nach der Anerkennung angestrebten Tätigkeit verzichtet.
– Die sogenannte Westbalkanregelung wird entfristet und das Kontingent auf 50.000 Zustimmungen der Bundesagentur für Arbeit pro Jahr erhöht. Die Westbalkanregelung gilt für Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Diesen kann die Bundesagentur ohne Vorrangprüfung die Erlaubnis zur Ausübung jeder Beschäftigung erteilen.
– Bislang müssen die Auslandsvertretungen auch im Rahmen der Fachkräfteeinwanderung eine Vorabzustimmung der Ausländerbehörden zur Visumserteilung einholen. Dies entfällt zukünftig weitgehend. 

Änderung der GAP-Direktzahlungen-Verordnung 

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat dem Deutschen Landkreistag den Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)-Direktzahlungen-Verordnung übermittelt. Laut BMEL soll aufgrund der unerwartet geringen Inanspruchnahme der Öko-Regelungen im Jahr 2023 die GAP-Direktzahlungen-Verordnung geändert werden, um im kommenden Jahr eine höhere Nachfrage nach den Öko-Regelungen zu erreichen. Dies soll durch Prämienerhöhungen und Vereinfachungen erfolgen. Die Maßnahmen wurden dem BMEL zufolge im Hinblick auf ihre Genehmigungsfähigkeit bei der erforderlichen Änderung des deutschen GAP-Strategieplans informell mit der Europäischen Kommission erörtert und entsprechend dem Ergebnis dieser Erörterungen in den Verordnungsentwurf aufgenommen. 

Daneben ist im Verordnungsentwurf eine Erhöhung der Höchsteinheitsbeträge im Jahr 2023 für Einkommensgrundstützung und Umverteilungseinkommensstützung von 110 Prozent auf 115 Prozent des geplanten Einheitsbetrags zur Sicherung weiterer ÖR-Restmittel vorgesehen. Zudem werden die Regelungen zur Berechnung der tatsächlichen Einheitsbeträge der Direktzahlungen präzisiert. 

OVG Münster: Keine Pflicht zum Fortbetrieb einer öffentlichen Einrichtung 

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) sieht mit Urteil vom 14. Juni 2023 (4 A 2078/22) in der Auflösung des Düsseldorfer Großmarkts keinen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Es hält aber Klarstellungen des Bundesverwaltungsgerichts zu seinem umstrittenen „Weihnachtsmarkt“-Urteil vom 27. Mai 2009 für notwendig und hat deshalb die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das OVG stellt seiner Entscheidung u.a. folgende Leitsätze voran: 

1. Eine Pflicht, bestimmte öffentliche Einrichtungen zu schaffen und zu betreiben, folgt nicht aus der allgemeinen Vorgabe des § 8 Abs. 1 GO NRW, wonach die Gemeinden innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen schaffen.
2.-3. [hier nicht abgedruckt]
4. Nach vielfach und grundsätzlich umstrittener Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Gemeinden infolge der Selbstverwaltungsgarantie nicht nur vor Eingriffen durch den Bund und die Länder in den Kernbestand ihres Aufgabenbereichs geschützt, sondern ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auch eine Bindung der Gemeinden hinsichtlich der Aufrechterhaltung dieses Kernbestands.
5. Wegen in Rechtsprechung und Literatur bestehender weitreichender entscheidungserheblicher Zweifelsfragen bedarf es zumindest der Klarstellung des Bundesverwaltungsgerichts, ob der Senat – sofern an den im Urteil vom 27. Mai 2009 – 8 C 10.08 – neu entwickelten höchstrichterlichen Grundsätzen festgehalten werden soll – insoweit von einem bundesrechtlich zutreffenden Verständnis ausgegangen ist. 

Stellungnahme zum Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes 

Erstmals soll mit dem KRITIS-Dachgesetz das Gesamtsystem zum physischen Schutz Kritischer Infrastrukturen in Deutschland in den Blick genommen und im Rahmen der dem Bund zustehenden Zuständigkeiten gesetzlich geregelt werden. Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen ausdrücklich das Vorhaben der Bundesregierung, auch abseits des BSI- und IT-Sicherheitsgesetzes, verbindliche nationale Regeln für Betreiber kritischer Infrastrukturen zu schaffen. 

Eine enge Orientierung an die CER-Richtlinie, ohne wesentlich über deren Vorgaben hinauszugehen und ein Gleichlauf mit dem BSI-Gesetz sind sachgerecht. Im KRITIS-DachG sollten allerdings Schnittstellen zu Ländern und Kommunen vorgesehen sowie der Informationsfluss über alle Verwaltungsebenen sichergestellt werden. 

Die kommunalen Spitzenverbände erkennen an, dass besonders relevante Bereiche der Kommunalverwaltung als KRITIS eingestuft werden können. Grundbedingung ist u.a., dass Bund und Länder die Kommunen beim Aufbau entsprechender Strukturen umfassend unterstützen. Nach dem jetzigen Entwurf soll ein Schwellenwert von 500.000 zu versorgenden Personen für KRITIS-Anlagen zu Grunde gelegt werden. 

Hierbei stellt sich die Frage, wie mit kritischen Anlagen zu verfahren ist, die unterhalb der einschlägigen Schwellenwerte liegen. Die kommunalen Spitzenverbände sprechen sich für flexiblere Regelungen zur der Vorsorgeregelung abhängig vom Versorgungsgrad aber auch der kritischen Anlage aus, die unabhängig vom Versorgungsgrad immer kritisch sind.