NLT-Aktuell – Ausgabe 12

Besetzung von Ausschüssen: Wechsel des Verfahrens rechtmäßig 

Die Änderung des Zählverfahrens bei der Verteilung der Sitze im Verwaltungsausschuss/ Hauptausschuss in Niedersachsen durch den Landesgesetzgeber im Jahr 2021 war bedenkenlos möglich. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) mit Urteil vom 14. Februar 2023 entschieden (Az. 10 LC 87/22). Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz gelte auch hier, so das Gericht. Das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt gehört nach Ansicht des OVG zu den verfassungsgemäßen und anerkannten Zählverfahren, unter denen der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums vor Beginn der Kommunalwahlperiode eine Auswahl treffen kann, ohne hierbei durch verfassungsrechtliche Vorgaben eingeschränkt zu sein. 

Nach § 71 Abs. 1 NKomVG könne die Vertretung aus der Mitte der Abgeordneten beratende Ausschüsse bilden und nach § 71 Abs. 2 Satz 1 NKomVG die Zahl der Sitze in den Ausschüssen festlegen. Die Sitze eines jeden Ausschusses werden auf die Fraktionen und Gruppen gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG in der ab dem 1. November 2021 geltenden Fassung nach dem Höchstzahlverfahren nach d’Hondt verteilt. Auch für die Besetzung der Sitze im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH gelte vorliegend das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt. Es sei kein besonderer Grund für den Wechsel des Zählverfahrens erforderlich, wenn das Zählverfahren rechtzeitig vor Beginn der Wahlperiode durch den Landesgesetzgeber geändert werde. 

Der Wechsel eines Zählverfahrens zu einem anderen Zählverfahren während einer laufenden Wahlperiode sei ebenfalls zulässig, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Wählers auf eine bestimmte Sitzzahl in den Ausschüssen und eine bestimmte Art und Weise der Besetzung der Sitze in den Ausschüssen und darauf, dass nach der Kommunalwahl das Zählverfahren für die Besetzung der Ausschüsse nicht geändert werde, bestehe nicht. 

Eine willkürliche oder missbräuchliche Verfahrensweise des Landesgesetzgebers könne allenfalls angenommen werden, wenn sie sich gegen eine bestimmte politische Gruppierung richte und das alleinige oder vorrangige Ziel verfolgen würde, deren Tätigkeit zu beeinträchtigen oder sie als unerwünschte politische Kraft auszuschalten. 

Änderung des Raumordnungsgesetzes 

Das Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften wurde am 28. März 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Gesetz enthält eine Reihe von Änderungen des Raumordnungsrechts, die im Vorfeld sowohl vom Bundesrat als auch von den kommunalen Spitzenverbänden kritisch bewertet wurden. Zu den Einzelheiten teilt der Deutsche Landkreistag u.a. Folgendes mit: 

  • Trotz der deutlichen Kritik der kommunalen Spitzenverbände wird im Rahmen des Zielabweichungsverfahrens nach § 6 ROG künftig einem Zielabweichungsantrag regelmäßig zu entsprechen sein (neu: „Soll“-Regelung), „wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt sind“.
  • Kritisch zu bewerten ist auch die nun in § 7 Abs. 3 S. 6 ROGÄndG vorgesehene Ausnahme für Photovoltaik bei Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung. Sie birgt die Gefahr, dass Flächen für Freiflächen-Photovoltaik in Anspruch genommen werden, selbst wenn sie vorrangig für die Windkraft oder den Rohstoffabbau zu sichern wären.
  • In § 13 Abs. 1 a ROG-Entwurf ist ferner weiterhin eine strikte Anpassungspflicht der Regionalplanung an Raumordnungspläne des Bundes vorgesehen, obwohl dies sowohl vom Bundesrat als auch von den kommunalen Spitzenverbänden abgelehnt wurde. 

Zur Durchführung der EU-Verordnung Nr. 2022/2577 für den beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien („EU-Notfallverordnung“) wird mit Artikel 13 darüber hinaus ein neuer § 6 in das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) eingefügt. Er erhält für die Genehmigung von Windkraftanlagen an Land in Windenergiegebieten Verfahrenserleichterungen bei der natur- und artenschutzrechtlichen Prüfung, wenn bereits auf Planungsebene eine strategische Umweltprüfung stattgefunden hat und das Windenergiegebiet nicht in einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegt. 

Modernisierungspaket Klimaschutz und Planungsbeschleunigung 

Weiter überschlagen sich auf Bundesebene die beabsichtigen Initiativen zur Änderung des (bisweilen erst kürzlich eingeführten) geltenden Rechtes mit dem Ziel des beschleunigten Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Aktuell besteht u.a. im Zuge der Diskussion um die Windenergie-an-Land-Strategie der Bundesregierung sowie im Ergebnis der Beratungen der Koalitionspartner von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP („Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“) vom 28. März 2023 seitens des Bundes die Absicht, den Ländern das Vorziehen der im Windenergieflächenbedarfsgesetz für 2032 bzw. 2027 vorgesehenen Flächenziele zu erlauben. 

Der Niedersächsische Umweltminister hat zu einem solchen Vorziehen Sympathien erkennen lassen. Dies geschieht wohl auch im Hinblick darauf, dass die Landesregierung anstrebt, schon im Jahre 2026 die Windplanungen abgeschlossen sehen zu wollen. Der NLT hat in zahlreichen Gesprächen und Schriftwechseln darauf hingewiesen, dass 2026 nicht als durchgreifende Zielzahl für den Abschluss der anstehenden Windplanungen in Umsetzung des Bundeszieles für Niedersachsen von 2,2 Prozent der Landesfläche taugt. Die Aufgabe ist schließlich schon im Hinblick auf die Jahre 2027/2032 äußerst ambitioniert. Dies gilt umso mehr, als Bund und Land nicht die nötigen Anstrengungen unternehmen, zügig die neue Rechtslage für die Windplanung und -genehmigung zu erklären bzw. sogar landesseitig umzusetzen. 

Mit Schreiben vom 4. April 2023 hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Umweltminister Meyer erneut gebeten, die entsprechenden Umsetzungsgesetze zügig auf den Weg zu bringen. Zudem wird nachdrücklich eingefordert, von einem Vorziehen der Fristen für die Umsetzung der Bundesziele für die Windflächensicherung Abstand zu nehmen. Die Sorge ist, dass andernfalls die Superprivilegierung für die Windenergie (Öffnung nahezu des gesamten Außenbereichs inklusive der eigentlich durch Ziele der Raumordnung anderen Nutzungen vorbehaltenen Flächen) in größeren Teilen des Landes griffe. Der in Folge drohende wilde Ausbau würde einen geordneten Ausbau der Windenergie konterkarieren. 

Windenergie: Kommunale Spitzenverbände kritisieren Pläne des Bundes 

Verwundert und besorgt haben die drei kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens die Pläne des Koalitionsausschusses auf Bundesebene zum Windenergieausbau (das „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“) zur Kenntnis genommen. In einer in Vorbereitung befindlichen gemeinsamen Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände (AG KSV) heißt es dazu: 

„Ständig an den Rahmenbedingungen oder an den Zielen zu drehen verunsichert alle Beteiligten, erfordert abermalige Beteiligungsprozesse und Planungen und wird den Ausbau der erneuerbaren Energien daher bremsen“, so der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Dr. Jan Arning: „Im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien haben wir erst in den vergangenen Monaten vom Bund die Ziele und den rechtlichen Rahmen vorgesetzt bekommen. Alle Kommunen arbeiten mit Hochdruck an der Erreichung der Flächenziele; es muss Ihnen jetzt auch die notwendige Zeit gegeben werden, die neuen Rahmenbedingungen umsetzen zu können. Wir vertrauen darauf, dass der niedersächsische Umweltminister die Kommunen durch Unterstützung und nicht durch Strafandrohungen motiviert.“ 

„Die Städte, Gemeinden und Landkreise unterstützen den Windenergieausbau“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Prof. Dr. Hubert Meyer: „Die ohnehin ehrgeizigen Ziele umzusetzen, ist aber ein Kraftakt. Das vom Bund ins Gespräch gebrachte Vorziehen der Flächenziele ist unnötig und unsinnig. Eine sinnvolle Planung wäre nicht mehr möglich. Das erzeugt Frust und Enttäuschung, wo wir im Land Akzeptanz und Motivation benötigen.“ 

„Task Force Energiewende“ nimmt Arbeit auf 

Die Niedersächsische Landesregierung hat eine „Task-Force Energiewende“ eingerichtet. Sie verbindet damit die Hoffnung, die Energiewende unterstützen und beschleunigen zu können. Die Spitze der Task-Force bildet ein Lenkungsausschuss, dem drei Ministerinnen und Minister – Umwelt, Wirtschaft und Landwirtschaft – angehören. Den Vorsitz im Lenkungsausschuss hat der Umweltminister. Der Task-Force Lenkungsausschuss soll jede Woche nach dem Kabinett zusammenkommen. Einmal im Monat soll eine sogenannte Kommunale Umsetzungsgruppe tagen, die sich aus dem Lenkungsausschuss und den kommunalen Spitzenverbänden zusammensetzt. Diese hat bisher einmal getagt. 

Zudem sind aktuell sechs Projektgruppen unterhalb des Lenkungsausschusses bzw. der Kommunalen Umsetzungsgruppe eingerichtet worden zu den Themen Windenergie, Photovoltaik, Bioenergie, Stromnetzausbau, Wasserstoffinfrastruktur und der Transformation der Wirtschaft. Die Task-Force Projektgruppen setzen sich aus Vertretern aus verschiedenen Bereichen zusammen (Umwelt/Naturschutz, Wirtschaft, Wind/Solar-Lobbyverbände, staatliche und staatsnahe Institutionen wie etwa die KEAN oder die Fachagentur Wind an Land etc.). Es besteht dort kein Konsensprinzip, es sollen vielmehr Vorschläge zur Beschleunigung bzw. des Flankierens der Energiewende in den jeweiligen Themenkomplexen gemacht und innerhalb der Projektgruppen diskutiert werden. Die Aufnahme und Umsetzung etwaiger Vorschläge obliegt dem Lenkungsausschuss, der dabei von der Kommunalen Umsetzungsgruppe beraten wird. 

Entwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes 

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat den Entwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes (KAnG) übermittelt. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, einen verbindlichen Rahmen für eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie des Bundes und die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und anderen Verwaltungsträgern zu schaffen. 

Um die Klimaanpassung auf eine verbindliche Grundlage zu stellen, sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Bundesregierung eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen und Indikatoren vorlegt, umsetzt und stetig fortschreibt. Zudem soll die Bundesregierung Ländern und Kommunen Daten einer Klimarisikoanalyse bereitstellen und die beobachteten Folgen des Klimawandels überwachen. Drohen die Ziele verfehlt zu werden, soll das zuständige Ministerium innerhalb eines Jahres nach Feststellung der drohenden Zielverfehlung ergänzende Maßnahmen vorlegen, um die Ziele zu erreichen. Des Weiteren soll ein Berücksichtigungsgebot regeln, dass alle Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen das Ziel des Gesetzes fachübergreifend und integriert berücksichtigen müssen. Ebenso wird ein planerisches Verschlechterungsverbot eingeführt und die Versiegelung von Böden soll auf ein Minimum begrenzt werden. 

Für die Länder ist vorgesehen, dass sie Klimaanpassungsgesetze erlassen können bzw. bestehende Klimaanpassungsgesetze fortgelten und sie eigene vorsorgende Klimaanpassungsstrategien mit Maßnahmenplänen vorlegen und umsetzen können. Ferner wird den Ländern u.a. eine Berichtspflicht dazu auferlegt, welche Klimarisikoanalysen und Klimaanpassungskonzepte auf kommunaler Ebene vorhanden sind und welche örtlichen Klimadaten genutzt werden. Daneben sollen die Länder dafür sorgen, dass für die Kommunen nach Maßgabe der Zuständigkeitsbestimmung des Landesrechts ein integriertes Klimaanpassungskonzept auf Grundlage einer Klimarisikoanalyse aufgestellt und die darin vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt werden. Schließlich wird vorgesehen, dass von den Regelungen zum Verwaltungsverfahren nicht durch Landesrecht abgewichen werden kann. 

Der Deutsche Landkreistag hat insbesondere dazu verfassungsrechtliche Bedenken, ob der Bund die Kommunen auf diese Weise zu Klimaanpassungskonzepten verpflichten kann und damit möglicherweise gegen das Aufgabenübertragungsverbot in Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG verstößt. Auch werden die Vorgaben zum Berücksichtigungsgebot und dem Verschlechterungsverbot als unbestimmt und damit nicht rechtssicher handhabbar eingeschätzt. Insgesamt stellt sich die Frage, inwieweit die Regelungen möglicherweise in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG, insbesondere die Planungshoheit eingreifen. 

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen haben den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und mehrerer Verordnungen zur Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien vorgelegt. Dieser sieht weiterhin ab dem 1. Januar 2024 die 65-Prozent-erneuerbare-Energien-Vorgabe für neue Heizungen vor, enthält jedoch einzelne Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf. 

Im Kern bleibt es dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Nicht weiter vorgesehen ist aber die Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Auch ist der Entwurf nun technologieoffener gestaltet und sieht Übergangsfristen, wie für ältere Eigentümer über 80 Jahre, vor. 

Gegenüber dem ersten Entwurf haben sich Änderungen insbesondere in § 72 (Betriebsverbot für Heizkessel) ergeben. Dort sind nunmehr keine Stufen der Austauschpflicht mehr vorgesehen. § 72 Abs. 4 des Entwurfs regelt aber weiterhin: „Heizkessel dürfen längstens bis zum 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden“, so dass sichergestellt werden soll, dass im Jahr 2045 keine fossil betriebenen Heizungsanlagen mehr in Betrieb sind. 

Entwurf eines Energieeffizienzgesetzes 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat den Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes vorgelegt. Vorgesehen sind darin nationale Energieeffizienzziele sowie bestimmte Einsparvorgaben für Bund und Länder sowie alle übrigen öffentlichen Auftraggeber. Die Länder sollen sicherstellen, dass die Kommunen die jeweiligen Vorgaben erfüllen. Daneben adressiert der Gesetzentwurf Unternehmen und Rechenzentren. 

Stellungnahme zum Entwurf einer Photovoltaik-Strategie 

Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat eine Stellungnahme zum Entwurf der PhotovoltaikStrategie abgegeben. In der Stellungnahme begrüßt der DLT das Ziel der Strategie, die Photovoltaik stärker auszubauen und weiterzuentwickeln. Allerdings wird angemahnt, dass die Strategie wichtige Bezüge zu Nutzungskonflikten und der Flächenpriorisierung vermissen lässt und sich zu sehr einseitig auf den Ausbau der Stromerzeugung mittels PV-Freiflächenanlagen konzentriert. 

Stattdessen müsse der Fokus des Zubaus von PV-Anlagen unbedingt auf Flächen im Innenbereich und die Nutzung von Dachflächen und bereits versiegelten und bebauten Flächen gelegt werden. Beispielhaft wird unter anderem das große Potenzial von Deponieflächen veranschaulicht. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass insbesondere die Landwirtschaft und damit auch die Nahrungsmittelproduktion unter der eingeschränkten Flächenverfügbarkeit leide. 

Beschleunigung von gerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich 

Das Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. I 2023 Nr. 71). Das Gesetz ist in Teilen zum 21. März 2023 in Kraft treten. Ein weiterer Teil der Regelungen tritt erst zum 1. Januar 2024 in Kraft. Das Gesetz sieht vor allem Änderungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vor, die allerdings nur für die in §§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 15, 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO genannten Infrastrukturvorhaben gelten. 

Dazu gehören insbesondere auch Infrastrukturen des Energie- sowie des Verkehrsbereichs. Mit Blick auf diese Vorhaben wird ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot eingeführt und es soll einen frühen ersten Termin geben (§ 87c VwGO). Ein neuer § 80c VwGO sieht besondere Vorgaben für den einstweiligen Rechtsschutz vor. Ferner wird die Einrichtung von Planungsspruchkörpern geregelt (§ 188b VwGO). 

Deutschlandticket: Ergänzende Entschließung des Bundesrates 

Am 31. März 2023 hat auch der Bundesrat das vom Deutschen Bundestag beschlossene Neunte Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes gebilligt, mit dem die Einführung des sog. Deutschlandtickets zum 1. Mai 2023 begleitet werden soll. In einer begleitenden Entschließung verbindet der Bundesrat mit dem Gesetz die Hoffnung, dass durch das Deutschlandticket viele Menschen für den ÖPNV hinzugewonnen werden können.

Mit dem Gesetz sei ein erster wichtiger Schritt getan. Als nächster Schritt sei der bundesweite einheitliche Tarif nun aber von Bund und Ländern verlässlich und dauerhaft durch eine auskömmliche Finanzierung zu sichern. Der Bundesrat erwartet insoweit, dass der Bund nicht nur in 2023, sondern auch in 2024 und 2025 mindestens einen hälftigen Nachschuss leistet, wenn die tatsächlichen Kosten des Tickets höher ausfallen als erwartet. Der Bundesrat fordert ab dem Jahr 2024 einen vereinbarten Mechanismus, wie sich Bund und Länder eventuelle Mehrkosten über den fixierten Betrag von drei Milliarden Euro pro Jahr hinaus hälftig teilen, um einen bundesweit einheitlichen Preis kontinuierlich zu sichern. 

Gleichzeitig unterstreicht der Bundesrat, dass angesichts der Klimaziele im Verkehrsbereich der weitere Angebotsausbau zwingend sei. Der Bund müsse auch für die Angebotssicherung und für den Ausbau eines attraktiven Angebots mit deutlich mehr Bussen und Bahnen und wachsenden Fahrgastzahlen eine ausreichende und nachhaltige Aufstockung der Regionalisierungsmittel vornehmen. Der Bund stehe hier gemäß Art. 106a GG selbst in der Finanzierungsverantwortung. 

Neues Reaktivierungsprogramm des Landes für Bahnstrecken 

Im aktuellen Koalitionsvertrag für Niedersachsen ist festgelegt, dass die Landesregierung ein neues Programm zur Reaktivierung von Bahnstrecken für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) starten wird. Hierzu hat die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium ein Konzept für eine landesweite Reaktivierungsuntersuchung entworfen. Im Rahmen der Untersuchung sollen alle für eine Wiederinbetriebnahme im SPNV infrage kommenden Strecken erneut in den Blick genommen werden vor dem Hintergrund, dass die Förderbedingungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) seit 2020 deutlich großzügiger gestaltet sind. Reaktivierungen werden durch den Bund mit bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten bei den Investitionen gefördert. Insbesondere auch das zum 1. Juli 2022 überarbeitete Verfahren der standardisierten Bewertung (2016+), mit dem die Wirtschaftlichkeit von Reaktivierungsvorhaben untersucht wird, trägt einem vergrößerten Handlungsspielraum Rechnung. 

Die Aktivitäten auf der Landesebene sollen durch einen parlamentarischen Lenkungskreis begleitet werden. Diesem gehören die verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der vier Landtagsfraktionen, Vertreterinnen und Vertreter von Fachorganisationen sowie die kommunalen Spitzenverbände an. Der Lenkungskreis hat sich am Dienstag, 11. April 2023, unter Vorsitz von Staatssekretär Frank Doods zu seiner konstituierenden Sitzung getroffen. 

Die Reaktivierungsuntersuchung soll in einem transparenten und für alle nachvollziehbaren Prozess diejenigen Schienenstrecken in Niedersachsen identifizieren, die unter Berücksichtigung der absehbaren Mittelausstattung für Betriebsleistungen im SPNV die größten Realisierungschancen versprechen. Die Untersuchung erfolgt nach einheitlichen Standards. 

Entscheidend für das weitere Vorgehen ist, ob eine Verbindung aufgrund der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ein Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKI) von größer als eins erreicht. Neben den Investitionskosten sind dabei bereits frühzeitig die langfristig anfallenden Kosten in den Blick zu nehmen. Die laufenden Betriebsleistungen, die die Aufgabenträger des Landes über 20 Jahre garantieren müssen, machen regelmäßig ein Vielfaches der Investitions- und Baukosten aus. 

Europäische Kommission legt Gigabit-Infrastruktur-Verordnung vor 

Die Europäische Kommission hat Vorgaben zur Verbesserung der Konnektivität vorgelegt. Eine Verordnung zur Gigabit-Infrastruktur soll die Kostensenkungsrichtlinie aus dem Jahr 2014 ersetzen. Durch sie soll der bürokratische Aufwand und die Kosten für den Ausbau von Gigabit-Netzen verringert werden. Wie schon in der Richtlinie sind Vorgaben zum Zugang zu öffentlicher Infrastruktur enthalten. Der Anwendungsbereich wird deutlich erweitert. Die Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt, vereinheitlicht und digitalisiert werden. Die Kommission wird ermächtigt, Bereiche festzulegen, in denen keine Genehmigung mehr erforderlich ist. Durch eine Gigabit-Empfehlung sollen die nationalen Regulierungsbehörden Leitlinien zu den Bedingungen für den Zugang zu den Telekommunikationsnetzen von Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht erhalten. 

Die Kommission hat zudem eine breit angelegte und äußerst umfangreiche Sondierungskonsultation zur Zukunft des Konnektivitätssektors und der -infrastruktur eingeleitet. Darin enthalten sind u. a. Fragen zur Finanzierung aktueller und künftiger Infrastruktur. Interessierte Landkreise können sich bis zum 19. Mai 2023 an der Konsultation beteiligen. 

Die Zielsetzung der Europäischen Kommission, den Breitbandausbau zu beschleunigen, wird in einer ersten Bewertung durch den Deutschen Landkreistag begrüßt. Die Maßnahmen sind weitreichend und dürften sich an vielen Stellen zumindest mittelbar auf den Breitbandausbau vor Ort auswirken. Aus kommunaler Sicht sind insbesondere die Vorgaben der Gigabit-Infrastruktur-Verordnung relevant. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Europäische Kommission in den vergangenen Monaten in verschiedenen Politikbereichen Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren vorgelegt hat; es entsteht jedoch der Eindruck, dass diese nicht unbedingt kohärent sind.  

Es scheint fraglich, ob die kommunalen Verwaltungen den erhöhten Aufwand überhaupt mit dem bestehenden Personalapparat bewältigen können. Kritisch wird im Übrigen Art. 7 Abs. 8 des Gigabit-Infrastrukturgesetztes bewertet, durch den die Kommission ermächtigt wird, in Form delegierter Rechtsakte Kategorien für Komponenten von Netzen mit sehr hoher Kapazität oder zugehörigen Einrichtungen festzulegen, die keiner Genehmigung bedürfen. 

Weiterer Fortgang der Krankenhausreform 

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Gesundheitsministerien der Länder sind in intensiven Verhandlungen über die geplante Krankenhausreform. Diese soll bereits zum Jahresbeginn 2024 in Kraft treten. Dies ist angesichts der erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vorstellungen des BMG, die im Wesentlichen auf dem Gutachten der Strukturreformkommission der Bundesregierung beruhen, und denen der Länder nur dann zu erwarten, wenn der Bund den Ländern deutlich entgegenkommt. Nunmehr ist ein Orientierungspapier des BMG vom 23. März 2023 bekannt geworden. Hierin formuliert Ministerium grundlegende Ziele sowie auch die weiteren verfahrensmäßigen Schritte aus seiner Sicht.  

  1. Bis Ende April 2023 will das BMG konkrete Umsetzungsvorschläge zur Reformausgestaltung vorlegen.
  2. Hierbei sollen feste Zuordnungen von Leistungsgruppen zu Levels vorgesehen werden. Mit Blick auf ländliche Räume sollen Länder bundeseinheitliche, klar definierte Optionen erhalten, im Einzelfall zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung auch abweichende Zuordnungen treffen zu können.
  3. Zugleich sieht das BMG allerdings Abweichungen von Strukturvoraussetzungen sehr kritisch. Leitgedanke aus Sicht des Bundes sei es, gleich hohe Qualität in ganz Deutschland zu erreichen. 

Das Papier macht aus Sicht des Deutschen Landkreistages klar, dass das BMG weiterhin gewillt ist, starre bundeseinheitlichen Vorgaben soweit wie irgend möglich ohne Ausgestaltungsmöglichkeiten für die Länder zu erreichen. Angesichts der Erwartungen der Länder, genau diese Optionen aber in ausreichendem Maße zu erhalten, bedeuten die Inhalte dieses Papiers ein erstes, eher vages Entgegenkommen. 

Anlässlich des Antrags der CDU-Fraktion „Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Niedersachsen sichern – drohenden Kahlschlag bei unseren Krankenhäusern stoppen“ hat sich der Niedersächsische Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi in der Aktuellen Stunde des Landtags am 23. März 2023 zu den Reformüberlegungen des Bundes geäußert; er hat sich dafür ausgesprochen, dass die Zuordnung zu den Versorgungsstufen und die Planung von Leistungsgruppen Aufgabe der Länder sein wird und Länderöffnungsklauseln bereits mit dem BMG geeint seien. 

Nährstoffmanagement: Zehnter Nährstoffbericht des Landes veröffentlicht 

Den nunmehr Zehnten Nährstoffbericht für Niedersachsen haben das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) und die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) veröffentlicht. Der am 29. März 2023 veröffentlichte Bericht betrachtet den Zeitraum 2021/2022. Gegenüber dem vorherigen Nährstoffbericht haben sich die Tierplatzzahlen der Rinder (weiter) um rund 38.819 Tiere (-1,6 Prozent) und der Schweine um rund 64.511 Tiere (- 0,6 Prozent) verringert. Bei Geflügel nahm die Zahl der Tiere nach einem Rückgang im Vorjahreszeitraum sogar um 1,7 Millionen Tiere (+1,7 Prozent) zu. 

Der Dung- und Gärresteanfall aus den Tierhaltungsanlagen und den Biogasanlagen ist von 54,6 Millionen t weiter auf 54,0 Millionen t (und damit um rd. 0,6 Millionen t im Vergleich zum Vorbericht) leicht gesunken. Die Bruttoabgabemenge von Wirtschaftsdüngern und Gärresten betrug im Auswertungszeitraum 38 Millionen t und ist damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (37,8 Millionen t) erneut nahezu konstant geblieben. Die Menge der aus der Region Weser-Ems exportierten Wirtschaftsdünger und Gärreste betrug 3,3 Millionen t, im Vergleich zum Vorbericht ist sie damit leicht (um 0,2 Millionen t) zurückgegangen. Der Mineraldüngerabsatz ist im Berichtsjahr weiter auf einen bisherigen Tiefstand von etwa 166.000 t (- rd. 20.000 t) gefallen. 

Der Stickstoffüberschuss liegt erneut im Gebiet von zwei Landkreisen über der gesetzlichen Obergrenze von 170 kg N/ha. Eine Überschreitung des Düngebedarfs nach § 4 der Düngeverordnung (DüV), d.h. einen positiver N-Düngesaldo, ist noch im Gebiet von neun Landkreisen (letzter Berichtszeitraum: 11) festgestellt worden. 

Ausweislich des Nährstoffberichtes besteht nach wie vor eine hohe Anzahl (60) von Grundwasser-Messstellen nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bzw. in Trinkwassergewinnungsgebieten (TGG) (188) mit weiterhin signifikant steigenden Trends. Damit hat die Anzahl an Messstellen mit signifikant steigenden Trends insbesondere in Trinkwassergebieten im Vergleich zum Vorbericht erneut zugenommen. Gleichzeitig bleibt der Anteil an Messstellen mit fallenden Nitratwerten (94 Messstellen nach WRRL und 213 Messstellen innerhalb von TGG) nahezu konstant. 

Im Bereich der Oberflächengewässer stagniert wiederum der Anteil der Gewässer mit gutem ökologischen Zustand (drei Prozent), nach einer leichten Zunahme während des vorletzten Berichtszeitraumes. Alle natürlichen Seen sowie alle Übergangs- und Küstengewässer verfehlen dieses Ziel. Ein guter chemischer Zustand wird in keinem Oberflächenwasserkörper erreicht.  

Der Zehnte Nährstoffbericht sowie weitere Unterlagen stehen auf der Internetseite zum Herunterladen bereit: https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/themen/landwirtschaft/pflanzen_und_dungemanagement/nahrstoffbericht/naehrstoffbericht-132269.html. 

Einzugsgebiete von Entnahmestellen für die Trinkwassergewinnung 

Das Bundesumweltministerium hat den Entwurf einer Verordnung über Einzugsgebiete von Entnahmestellen für die Trinkwassergewinnung vorgelegt. Der Verordnungsentwurf dient der Umsetzung der Vorgaben der EU-Trinkwasserrichtlinie in Bezug auf den Schutz des Wassers in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen für die Trinkwassergewinnung. Er umfasst die Risikobewertung und das Risikomanagement der Einzugsgebiete von Entnahmestellen für die Trinkwassergewinnung und verfolgt das Ziel, das Rohwasser, das Grundwasser und das Oberflächenwasser in den Einzugsgebieten zu schützen und somit eine Verringerung des Umfangs der Aufbereitung von Trinkwasser zu bewirken. 

Hierfür sollen mit Hilfe einer Risikoabschätzung mögliche Risiken in den Einzugsgebieten identifiziert werden, woraufhin eine entsprechende, zielgerichtete Untersuchung des Wassers in den Einzugsgebieten möglich ist. Durch ein Risikomanagement, welches auf den Daten der Risikoabschätzung und den Untersuchungen aufbaut, soll Risiken nach Möglichkeit vorgebeugt werden oder ihnen entgegengewirkt bzw. sollen sie minimiert werden.