NLT-Aktuell – Ausgabe 10

Landkreise: Politik des Machbaren statt ständig neuer Versprechungen

Eine Politik des Machbaren statt ständig neuer Versprechungen – unter diesem Leitsatzstand die 84. Landkreisversammlung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). DieDelegierten diskutierten am 7. und 8. März 2024 in Peine zentrale Forderungen zur Stabilisierung der Kommunalfinanzen. Am öffentlichen Teil am heutigen Freitag nahmen mehrals 200 Gäste aus Landespolitik, Verwaltung, Verbänden und Institutionen teil. Es sprachen Ministerpräsident Stephan Weil, Landtagsvizepräsident Marcus Bosse und der Präsident des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager.

Im Mittelpunkt standen die „Peiner Forderungen 2024 – Faire und verlässliche Finanzierung der Kommunen als Kernelement der Demokratie“. Der Präsident des NLT, FrieslandsLandrat Sven Ambrosy, erklärte: „Bund und Land verlassen sich zunehmend darauf, dassdie Kommunen vor Ort als Ausfallbürgen einspringen. Wir sagen heute deutlich: Das funktioniert nicht mehr!“ Es stünden weder die finanziellen Mittel noch die notwendigen Arbeitskräfte zur Umsetzung der politischen Versprechen zur Verfügung. „Das Land Niedersachsen steht in der Pflicht, eine angemessene Finanzausstattung seiner Kommunen zur verlässlichen Aufgabenerfüllung vor Ort zu gewährleisten. Dies ist entscheidend, um das Vertrauen der Menschen in die Demokratie und die kommunale Selbstverwaltung zu erhalten“, so Ambrosy in seiner verbandspolitischen Rede.

Der NLT-Präsident ging zudem auf landes- und bundespolitische Entwicklungen und deren Folgen für die Landkreise ein. Mit Blick auf die Kraftanstrengung der Kommunen beiUnterbringung und Integration von Flüchtlingen forderte er von Bund und Land, Migrantenohne Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen zu verteilen und die Kommunen finanziellso auszustatten, dass sie den Schutzsuchenden in den Kommunen wirksam helfen können.

Eines der Schwerpunktthemen war die Krankenhausfinanzierung: Der Bund müsse endlich seinen verfassungsrechtlichen Pflichten bei der Finanzausstattung der Kliniken nachkommen. Es bedürfe jetzt einer Erhöhung des Landesbasisfallwertes, um eine Insolvenzwelle unter den Krankenhäusern zu verhindern. „Dass nicht jetzt schon viel mehr Krankenhäuser insolvent sind, liegt nur daran, dass auch in diesem Fall die Landkreise und kreisfreien Städte als Ausfallbürgen einspringen. Das ist nicht unsere Aufgabe. Das Geld fehltfür eigene Aufgaben. Das muss aufhören!“, stellte Ambrosy fest.

Zum Themenblock Energie und Klima bekannte Ambrosy: „Wir wollen gemeinsam den Erfolg der Energiewende“, und forderte verlässliche politischer Rahmenbedingungen. Diesgelte auch für den öffentlichen Nahverkehr; er erwarte von Bund und Ländern eine verlässliche Finanzierung des Deutschland-Tickets, so der NLT-Präsident.

Zum Abschluss der Landkreisversammlung rief NLT-Vizepräsident Landrat Cord Bockhop(Diepholz) Bund und Land auf, den Austausch mit den Kommunen zu suchen und diesebei der Ausarbeitung von Gesetzen zu beteiligen. Er nutzte die Landkreisversammlung zudem für persönliche Worte. Mitte des Jahres scheidet Bockhop aus dem Amt des Landratsund damit der Verbandsarbeit aus; er dankte den Delegierten für die Zusammenarbeit undinsbesondere den Ehrenamtlichen für deren Engagement.

Ganztag und Kitas: Austausch mit Ministerin Hamburg

Was sind die Knackpunkte bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter? Wie bleibt die Betreuung in Kindertagesstätten verlässlich, leistbar und finanzierbar? Über diese und weitere Themen hat Kultusministerin JuliaWillie Hamburg mit Vertreterinnen und Vertretern der niedersächsischen Landkreise diskutiert. Gelegenheit war die 84. Landkreisversammlung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), die am heutigen 7. März 2024 in Peine begonnen hat.

Beim Thema Ganztagsbetreuung stellte die Ministerin Eckpunkte dar, die in den bisherigen Gesprächen bereits erreicht wurden. Der Ganztagsanspruch wird während der neunmonatigen Unterrichtszeit in der Schule umgesetzt. Notwendige Investitionen in Gebäudeund Ausstattung werden gefördert; dazu konnte Hamburg die kurz zuvor veröffentlichteRichtlinie vorstellen. Einen Zuschuss gibt es ab dem Jahr 2026 auch bei den Betriebskosten. Noch klärungsbedürftig sind die Rahmenbedingungen für die Ganztagsbetreuungwährend zwei Monaten in den Schulferien. Eine Regelung seitens des gesetzgebendenBundes ist nicht vorgesehen. „Wir setzen uns vehement dafür ein, dass die bestehendenund bewährten Angebote auf kommunaler Ebene in ihrer Form als rechtsanspruchserfüllend anerkannt werden können“, so die Ministerin.

Die Delegierten der Landkreisversammlung sahen das ebenso und mahnten nachhaltigpragmatische Lösungen an. „Für eine Umsetzung nach dem Kinder- und Jugendhilferechtan acht Stunden, fünf Tage die Woche fehlt es schlicht an Geld und Personal,“ fassteNLT-Präsident Landrat Sven Ambrosy zusammen.

Bei der Kinderbetreuung in Kindertagesstätten ging es um Finanzierung und Standards.Die Kommunen sehen eine deutlich zu geringe Beteiligung des Landes an den Kosten undangesichts des Fachkräftemangels schwer erfüllbare Vorgaben. „Die Kindertagesbetreuung entwickelt sich zum Sprengsatz für die Kommunalhaushalte. Aufgrund der tatsächlichen Kostenentwicklung des letzten Jahrzehnts sind wir weit weg von der gesetzlich fixierten Beteiligung des Landes von 58 Prozent an den Personalkosten. Das können Gemeinden, Städte und Landkreise nicht weiter schultern. Die Kommunen erwarten als erstenSchritt eine realistische Anpassung der Kostenerstattung im Rahmen des Landeshaushaltes 2025“, machte Ambrosy deutlich. Einig waren sich Ministerin und Landkreisvertreterinnen und -vertreter, dass eine verlässliche Kindertagesbetreuung durch Erleichterungen beiden Vorgaben unterstützt werden soll. „Wir prüfen zurzeit konkret, wie wir den Personaleinsatz flexibler gestalten können, um Schließungen wegen Fachkräftemangel zu vermeiden. Ziel sind hier kurzfristige Lösungen“, so die Ministerin. Entsprechende Regelungensollen noch in diesem Jahr, zum Start des nächsten Kita-Jahres, wirksam werden.

Landkreisversammlung wählt Landrat Marco Prietz zum NLT-Vizepräsidenten

Die 84. Landkreisversammlung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) hat LandratMarco Prietz (Rotenburg (Wümme) am gestrigen 7. März 2024 zum Vizepräsidenten desNLT gewählt. Er übernimmt diese Funktion zum 1. Juli 2024 in Nachfolge des ausscheidenden Amtsinhabers, Landrat Cord Bockhop (Diepholz). Ab 1. Oktober 2024 wird Prietzdann als Teil der Doppelspitze mit dem derzeitigen NLT-Präsidenten Landrat SvenAmbrosy (Friesland) turnusgemäß die Rollen tauschen.

Dr. Joachim Schwind NLT-Hauptgeschäftsführer ab 1. Juli 2025

Die Delegierten der Landkreisversammlung haben zum Auftakt der Veranstaltung in Peineeine wesentliche Personalie auf den Weg gebracht. Sie wählten am 7. März 2024 den bisherigen Geschäftsführer Dr. Joachim Schwind mit Wirkung zum 1. Juli 2025 zum neuenGeschäftsführenden Präsidialmitglied (Hauptgeschäftsführer) des kommunalen Spitzenverbandes der 36 niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover. Der jetzigeAmtsinhaber Hubert Meyer wird auf eigenen Wunsch mit Ablauf des 30. Juni 2025 in denRuhestand treten.

Fristverlängerung der Ausnahmegenehmigung des § 183 c Abs. 4 NSchG

Eine flächendeckende, bauliche Umsetzung der Inklusiven Schule sei bis 2024 nicht umsetzbar. Mit diesem Anliegen hatte sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände (AG KSV) im Herbst 2023 an die Niedersächsische Kultusministerin Julia WillieHamburg gewandt. Die AG KSV verwies auf vielfältige Herausforderungen für die Schulträger u.a. durch den zusätzlichen Bedarf an Schulplätzen im Rahmen des Fluchtgeschehens, massive Baukostensteigerungen und den bestehenden Fachkräftemangel. Darausfolgend hatte die AG KSV daher dringend angeregt, die Ausnahmegenehmigung des§ 183 c Abs. 4 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) über den 31. Juli 2024 hinaus zuverlängern.

Nunmehr hat das Kultusministerium (MK) den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung desNSchG übermittelt. Mit diesem Entwurf werden die schriftlich und mündlich vorgetragenenForderungen der AG KSV zur Verlängerung der Frist zur baulichen Umsetzung der Inklusion in § 183 c NSchG vollumfänglich erfüllt. Mit dem Gesetzentwurf wird den Schulträgerndie Möglichkeit eröffnet, für Schülerinnen und Schüler mit einem festgestellten Bedarf ansonderpädagogischer Unterstützung in den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung,körperliche und motorische Entwicklung, Sehen und Hören weitere sechs Jahre Schwerpunktschulen führen zu dürfen. Der Verringerung des Prüfaufwandes wird dadurch Rechnung getragen, dass die Schulträger keinen weiteren Plan zur Umsetzung der inklusivenSchule vorlegen müssen.

Bei der Gesetzänderung handelt es sich um einen Fraktionsentwurf, dessen Einbringungin das parlamentarische Verfahren durch die Fraktionen im März-Plenum beabsichtigt ist.Voraussichtlich am 5. April 2024 möchte der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur nachAuskunft des MK zudem eine Anhörung durchführen. Das Gesetz selbst soll laut MK imMai beschlossen werden.

Förderrichtlinie Investitionsprogramm Ganztagsausbau

Die Förderrichtlinie Investitionsprogramm Ganztagsausbau wurde im NiedersächsischenMinisterialblatt Nr. 119/2024 veröffentlich. Darüber hat das Niedersächsische Kulturministerium (MK) informiert. Die Richtlinie sowie die dazugehörigen Anlagen und Formularesind auch abrufbar unter https://bildungsportal-niedersachsen.de/ganztag/investitionsprogramm-gt.

Online-Seminar der Reihe „#kommunalEngagiert“ am 27. März 2024

Die Online-Seminarreihe „#kommunalEngagiert“ führt am 27. März 2024, um 13.30 Uhr,ihre siebte Veranstaltung durch. Das Thema lautet „Miteinander statt gegeneinander: WieKommunikation zwischen Kommunalverwaltungen und Engagierten gelingen kann“. Anmeldungen sind möglich unter dem Link https://pretix.eu/DSEE/kommunal-1/. Die Seminarreihe wurde gemeinsam von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt mitdem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund ins Lebengerufen.

BMAS-Eckpunkte für ein neues Lebensunterhaltskapitel im SGB XII

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat Eckpunkte vorgelegt, nach denen die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in ein neues, einheitliches Lebensunterhaltskapitel im SGB XII überführt werdensollen. Die neue Leistung soll von den zuständigen Behörden, die von den Ländern zu bestimmen sind, überwiegend in Bundesauftragsverwaltung erbracht werden mit der Folge,dass der Bund die Kosten trägt. Allerdings erwartet das BMAS eine finanzielle Kompensation durch die Länder an anderer Stelle.

Hierzu informiert der Deutsche Landkreistag (DLT) wie folgt: Die Grundsicherung im Alterund bei Erwerbsminderung wird von den Landkreisen in Bundesauftragsverwaltung ausgeführt. Die Leistungsausgaben werden vollständig vom Bund erstattet; sie betrugen in 20228,8 Milliarden Euro. Die Hilfe zum Lebensunterhalt wird in kommunaler Selbstverwaltungausgeführt und kommunal finanziert. Die Leistungsausgaben beliefen sich in 2022 auf1,3 Milliarden Euro.

Der DLT hat das Problem, dass es durch unterschiedliche Einzelregelungen für das Dritteund das Vierte Kapitel in der Praxis zu Friktionen und Erklärungsbedarfen bei der Leistungsgewährung kommt, immer wieder an das BMAS herangetragen. Ein einheitliches Lebensunterhaltskapitel würde diese Probleme beseitigen und ist insofern zu begrüßen. Einedetaillierte Bewertung wird erst möglich sein, wenn das neue Kapitel ausgearbeitet ist. Unbeschadet dessen wurde es nicht für richtig gehalten, Bundesauftragsverwaltung zu fordern, damit der Bund die Finanzierung übernimmt, und somit Leistungen in kommunalerSelbstverwaltung an den Bund zu „verkaufen“. Vielmehr wäre es Sache der Länder, dieauskömmliche Finanzausstattung der Landkreise sicherzustellen.

Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes

Das Bundesumweltministerium hat den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung desWasserhaushaltsgesetzes (WHG) vorgelegt. Der Gesetzentwurf dient der Anpassung desWHG an die Verordnung (EU) 2020/741 über Mindestanforderungen für die Wiederverwendung aufbereiteten kommunalen Abwassers für die landwirtschaftliche Bewässerung.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht zur Klarstellung und Ergänzung grundlegender Teileder Verordnung (EU) 2020/741 die Einführung eines eigenen Abschnitts im WHG vor. Dieses Kapitel regelt einerseits Fragen des Anwendungsausschlusses der Verordnung(EU) 2020/741 für bestimmte Flusseinzugsgebiete oder Teile von Flusseinzugsgebieten.Hierzu wird den Ländern im Rahmen der Vorgaben der Verordnung (EU) 2020/741 einHandlungsspielraum eingeräumt. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Abgrenzungsregelungen zur „normalen“ Abwasserbehandlung vor Einleitung in ein Oberflächengewässer, besondere Zulassungs- und Überwachungserfordernisse für die Aufbereitung, Verteilung und Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser sowie Berichtspflichten undSanktionen für Verstöße gegen die Regelungen.

Förderprogramm für Kreislaufwirtschaft in ländlichen Räumen

Das Bundesbauministerium hat das Förderprogramm „Regionale Kreislaufwirtschaft imländlichen Raum“ („Circular Rural Regions“) gestartet, bei dem voraussichtlich vier Modellregionen in ländlichen Räumen ausgewählt werden. Sie werden zwischen 2024 und 2027mit jeweils rund 220.000 Euro bei der (Weiter-)Entwicklung von Konzepten und der Umsetzung von Maßnahmen der Kreislaufwirtschaft unterstützt und begleitet. Die Auswahl derModellregionen erfolgt über ein zweistufiges Wettbewerbsverfahren. In einem erstenSchritt können Interessensbekundungen bis zum 12. April 2024 eingereicht werden. AuchLandkreise, kommunale Unternehmen und interkommunale Zusammenschlüsse sind antragsberechtigt.

Weitere Informationen zum Förderprogrammsind zu finden unter dem Link https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/aufrufe/aktuelle-meldungen/kreislaufwirtschaft-circular-rural-regions.html. Für inhaltliche oder organisatorische Fragen steht dieForschungsassistenz unter zur Verfügung per E-Mail an info@circularruralregions.de.

Erwerbsminderungs-Bestandsverbesserungs-Auszahlungsgesetz

Mit dem Gesetz zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen für denErwerbsminderungsrentenbestand (Rentenanpassungs- und ErwerbsminderungsrentenBestandsverbesserungsgesetz) sind u.a. Verbesserungen beim Erwerbsminderungsrentenbestand vorgenommen worden. Das Gesetz wurde am 30. Juni 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt hinsichtlich der Verbesserungen für die Bezieher von Erwerbsminderungsrenten am 1. Juli 2024 in Kraft.

Konkret wird ab diesem Zeitpunkt ein Zuschlag gewährt. Voraussetzung hierfür ist, dassder Zugang in eine Erwerbsminderungsrente vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2018erfolgt ist und bis zum 30. Juni 2024 ununterbrochen eine Erwerbsminderungsrente bezogen wurde. Sich unmittelbar anschließende laufende Altersrenten sind ebenfalls einbezogen. Die Höhe des monatlichen Zuschlags beträgt 7,5 Prozent für Zugänge vor dem 1. Juli2014 und 4,5 Prozent für Zugänge ab dem 1. Juli 2014 der jeweiligen Rente am 30. Juni2024.

Trotz der zweijährigen Vorlaufzeit gelingt es den Rentenversicherungsträgern jedoch nicht,den Zuschlag zum 1. Juli 2024 in der gesetzlich vorgegebenen Art und Weise auszuzahlen. Das Bundesarbeitsministerium plant deswegen eine Übergangsregelung, mit der dieberechtigten Bestandsrentner den Zuschlag über den Renten Service der Deutschen Posterhalten.