Landkreise appellieren an Bund: Bewährtes Hilfesystem nicht zerschlagen

Ein von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geplantes Gesetz sorgt flächendeckend für große Unruhe bei Kommunen und Sozialverbänden in Niedersachsen. Vorgeblich um 900 Millionen Euro im Jahr einzusparen, soll die Zuständigkeit der Betreuung für unter 25-jährige Arbeitssuchende von den Jobcentern auf die Arbeitsagenturen übergehen. Was technisch klingt, zerschlägt in Wirklichkeit die bewährte vernetzte Hilfe für benachteiligte Jugendliche beim Übergang von Schule in den Beruf. Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) hat heute in einer Videokonferenz mit Staatssekretärin Leonie Gebers vom Bundesarbeitsministerium erneut dringlich an den Bund appelliert, das Vorhaben aufzugeben.

„Der Schaden ist immens, ein Nutzen nicht zu erkennen. Deswegen lehnen alle, die sich mit der Thematik auskennen, dieses Vorhaben entschieden ab. In Niedersachsen würde ein seit 15 Jahren geknüpftes Netz zur Begleitung der besonders hilfebedürftigen Jugendlichen zerschnitten. Die Arbeitsagenturen können keine vergleichbar wirkungsvollen Angebote unterbreiten wie die Jobcenter. Die Maßnahmen der Jobcenter sind von längerer Dauer, ganzheitlicher und niedrigschwelliger. Sie müssen fortgeführt werden“, fordert der Präsident des NLT, Landrat Sven Ambrosy, Landkreis Friesland.

„Eine fehlende Ausbildung oder Arbeitslosigkeit haben häufig etwas mit fehlender Schulbildung oder auch Sprachdefiziten zu tun, denen vorbeugend durch die kommunale Jugendhilfe und in den Schulen begegnet wird“, führt Landrat Peter Bohlmann, Landkreis Verden aus. Daran müsse dann nahtlos die Arbeitsförderung u.a. in den kommunal verankerten Jobcentern anknüpfen. Wenn jetzt nach der Schule die Bundesagentur für die unter 25-Jährigen die Vermittlung und Förderung übernehmen solle, sei das gerade für die Betroffenen ein Betreuungsbruch und absolut schädlich. Weiter warnt der Vorsitzende des NLT-Jugend- und Sozialausschusses vor Doppelzuständigkeiten für Familien, wenn für die Eltern die Jobcenter zuständig seien und die Bundesagentur für deren Kinder.

„Sinnvolle Maßnahmen wie Schuldner- und Suchtberatung ständen nicht mehr zur Verfügung“, stellt NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer fest. „Der Bürgergeldbonus als Anreiz zur Teilnahme an bestimmten Maßnahmen entfiele. Das immer wieder betonte politische Ziel des Angebots von Leistungen aus einer Hand wird missachtet. Und wirkliche Einsparungen werden nicht erzielt, weil die finanziellen Lasten nur in das durch Beitragsgelder finanzierte System des SGB III verschoben werden. Langfristig drohen ,verlorene Jahre‘ bei den Hilfebedürftigen, die oftmals wieder zu den Jobcentern zurückkehren werden. Auch finanziell würde sich die beabsichtigte Maßnahme des Bundesgesetzgebers zu Lasten der Allgemeinheit auswirken“, so Meyer.