NLT-Aktuell – Ausgabe 35

Regionalisierung der Steuerschätzung für Niedersachsen

Die Ergebnisse der Regionalisierung der Steuerschätzung für Niedersachsen hat das Niedersächsische Finanzministerium am 1. November 2022 per Pressemitteilung bekanntgegeben. Allgemein wird auf die bestehenden Risiken der Schätzung und das Problem der Inflation hingewiesen.

Allein gegenüber der vorangegangenen Steuerschätzung im Mai ergeben sich für den Landeshaushalt Zuwächse in Höhe von 908 Millionen Euro in diesem Jahr (insgesamt 33,9 Milliarden Euro); 579 Millionen sind es im Jahr 2023 (34,6 Milliarden Euro), 450 Millionen Euro im Jahr 2024 (35,4 Milliarden Euro), 532 Millionen Euro im Jahr 2025 (36,3 Milliarden Euro) und 461 Millionen Euro im Jahr 2026 (37,4 Milliarden Euro). Diese Entwicklung soll zu Mehreinnahmen im kommunalen Finanzausgleich in 2022 von 242 Millionen Euro führen, die im Rahmen der Steuerverbundabrechnung dem kommunalen Finanzausgleich 2023 zuwachsen würden. Bislang wurde in den Orientierungsdaten lediglich von einer Steigung von 133 Millionen Euro ausgegangen. Für das Jahr 2023 werden 265 Millionen mehr im kommunalen Finanzausgleich prognostiziert. Ob diese Mittel bereits im nächsten Jahr den kommunalen Finanzausgleich erhöhen werden oder erst im Rahmen der Steuerverbundabrechnung in 2024, wird davon abhängen, ob das Land im Rahmen eines Nachtragshaushaltes entsprechende Regelungen schafft oder ob es bei der bisherigen Gesetzeslage bleibt.

Auch für die gemeindlichen Steuereinnahmen werden in den nächsten Jahren Zuwächse von 277 Millionen Euro im laufenden Jahr prognostiziert; 396 Millionen Euro sind es im Jahr 2023 und sodann zwischen knapp 500 Millionen Euro und 700 Millionen Euro in den weiteren Jahren der mittelfristigen Finanzplanung. Bei diesen Mehreinnahmen ist zu berücksichtigen, dass die Steuerschätzung vom geltenden Recht ausgeht. Es fehlen insbesondere das Jahressteuergesetz 2022 und das Gesetz zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommenssteuertarif und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen. Allein diese beiden Gesetze führen bundesweit für die Kommunen zu prognostizierten Steuermindereinnahmen von 2,2 Milliarden Euro in 2023 und 3,1 Milliarden Euro in 2024. Bei einem Anteil von knapp zehn Prozent für die niedersächsischen Kommunen, werden die prognostizierten Verbesserungen daher in erheblichem Umfang von den noch anstehenden Steuerrechtsänderungen aufgezehrt.

Reform von Krankenstruktur und Krankenhausfinanzierung

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat am 20. Oktober 2022 Eckpunkte für eine Krankenhausreform aus Ländersicht beschlossen. Darin haben die Gesundheitsministerinnen und -minister ihre Erwartung geäußert, bereits bei der Erarbeitung der Empfehlungen der Regierungskommission engmaschig und frühzeitig einbezogen zu werden, zugleich haben sie Bundesregierung sowie Regierungskommission eine enge Zusammenarbeit angeboten. Sie bekennen sich zu einer Stärkung der Verantwortung der Länder für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausstruktur und -versorgung. So muss nach Auffassung der GMK die Krankenhausplanung Ländersache sein und ohne Abstriche bleiben. Auch bekennt sie sich zu einer verantwortungsvollen und bedarfsgerechten Krankenhausplanung. Dies umfasst auch die Sicherstellung der Notfallversorgung. Weitere Ziele müssen nach Auffassung der GMK sein:

  • Fachkräftebedarf als zentralen Steuerungsfaktor für die Krankenhausplanung nutzen;
  • Versorgungsqualität zielgenau steigern;
  • sektorenübergreifende Versorgung stärken und Ambulantisierungspotenzial steigern;
  • dauerhaft tragfähige Investitionsfinanzierung entwickeln;
  • Krankenhausfinanzierung weiterentwickeln;
  • Digitalisierung und Entbürokratisierung vorantreiben.

Die GMK sichert eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu, die Qualitätsvorgaben des Bundes sollten verhältnismäßig sein. Zudem fordern die Länder Öffnungsklauseln zu den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie ein Vetorecht in Bezug auf Regelungen des G-BA. Zur Realisierung einer sektorenübergreifenden Versorgung fordert die GMK Kompetenzen zur Entscheidung vor Ort und attraktive Finanzierungsangebote durch den Bund. Die Betriebskostenfinanzierung über Fallpauschalen ist nach Auffassung der GMK durch eine Ergänzung zur Refinanzierung der Vorhaltekosten zu ergänzen. Die Länder bekennen sich auch zur Investitionsfinanzierung, die aber durch gezielte Fördermittel des Bundes, beispielsweise für Digitalisierung oder Klimaschutz, ergänzt werden sollten.

Bürgergeld-Gesetz: DLT-Stellungnahme und Bundesratsbefassung

Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat aus Anlass der parlamentarischen Anhörung zum Entwurf für ein Bürgergeld Gesetz eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Im Einzelnen führt der DLT u.a. aus:

Mit der Einführung eines unverbindlichen Kooperationsplans, einer sechsmonatigen Vertrauenszeit ohne Möglichkeit der Sanktionierung von Pflichtverletzungen und zweijährigen Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen gestaltet der Entwurf eines Bürgergeld-Gesetzes die Grundsicherung für Arbeitsuchende grundlegend um. Entgegen der Zielsetzung, die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt stärker in den Mittelpunkt zu stellen, nähert sich das SGB II damit einem bedingungslosen Grundeinkommen. Die Anreize, sich um (Wieder)Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu bemühen, werden systematisch reduziert. Dies lässt sich gegenüber Erwerbstätigen, insbesondere in unteren Einkommensgruppen, die mit ihren Steuern die SGB II-Leistung mitfinanzieren, nicht mehr erklären. Positiv zu bewerten sind die Einführung einer verwaltungsvereinfachenden Bagatellgrenze, das Festhalten an der Möglichkeit von Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen, wenn auch nur außerhalb der Vertrauenszeit, der Verzicht auf Sonderregelungen bei der Sanktionierung von Personen unter 25 Jahren sowie die Entfristung von § 16i SGB II.

Parallel hat sich der Bundesrat am 28. Oktober 2022 mit dem Bürgergeld befasst. Die Länder fordern die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme (BR-Drs. 456/22 [Beschluss]) insbesondere dazu auf, die mit dem Gesetz verbundenen Kostenfolgen zu überprüfen und etwaige Mehrkosten der Länder und Kommunen zu refinanzieren. Durch die beabsichtigten Regelungen zur Karenzzeit Wohnen würde eine nahezu unbegrenzte Anerkennung auch unangemessener Aufwendungen für Heizung während der zweijährigen Karenzzeit erfolgen; deshalb sollen nach dem Ländervotum die Kosten für die Unterkunft nur in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Daneben werden von den Ländern weitere Forderungen erhoben, um die Karenzzeit Wohnen restriktiver auszugestalten sowie die Leistungserbringung für Personen in einer Gemeinschaftsunterkunft ohne Selbstversorgungsmöglichkeit, bezogen auf die Bedarfe für Ernährung und Haushaltsenergie, praxisnäher zu regeln. Weiterhin wird die Einführung einer Bagatellgrenze für Rückforderungen auch im SGB XII gefordert.

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet. Diese verfasst eine Gegenäußerung dazu und legt sie dem Deutschen Bundestag zur Entscheidung vor. Anschließend wird das Gesetz noch einmal abschließend im Bundesrat beraten. Es bedarf seiner Zustimmung.

Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 2021

Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat die jährliche Statistik zu Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2021 gaben die Träger des Asylbewerberleistungsgesetzes 4,27 Milliarden Euro brutto aus. Das waren 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Der seit 2016 zu beobachtende Rückgang der Ausgaben nach dem AsylbLG wurde damit erstmals nicht fortgesetzt. Über drei Viertel der Ausgaben im Jahr 2021 wurden für Regelleistungen (Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG, sog. Analog-Leistungen) erbracht. Knapp ein Viertel entfiel auf besondere Leistungen, die in speziellen Bedarfssituationen wie Krankheit, Schwangerschaft oder Geburt gewährt werden.

Die folgende Tabelle des Statistischen Bundesamtes schlüsselt die Bruttoausgaben nach dem AsylbLG auf Bundesländer und die Veränderung zum Vorjahr auf:

Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen

Am 1. November 2022 haben die niedersächsischen Landesverbände von SPD und Bündnis 90/Die Grünen den Koalitionsvertrag 2022 – 2027 vorgelegt. Er steht unter der Überschrift „Sicher in Zeiten des Wandels Niedersachsen zukunftsfest und solidarisch aufstellen“.

Die Parteien haben ihre politischen Schwerpunkte in acht „Leitprojekten“ zusammengefasst und mit folgenden Schlagworten beschrieben:

  • Unabhängig und klimaneutral mit Sonne und Wind
  • Unsere Wirtschaft nachhaltig umbauen
  • Mobil in Stadt und Land
  • Niedersachsen einfach machen
  • Gute Bildung ist der Schlüssel
  • In Niedersachsen gut und sicher leben – sozialen Zusammenhalt stärken
  • Solide haushalten, in die Zukunft investieren
  • Dem Vertrauen gerecht werden

Eine umfassende Wiedergabe der Inhalte im Einzelnen erfolgt an dieser Stelle noch nicht; zunächst ein Blick auf die wichtigsten kommunalrelevanten Aussagen im Bereich Inneres und Sport.

Kommunale Investitionen in soziale und ökologische Zukunftsthemen sollen unterstützt werden – genannt werden Energieparks und kommunale Bodenfonds. Unterstützungsmöglichkeiten für Rekommunalisierungsvorhaben werden geprüft. Finanzielle Stärkung von Kommunen soll Schwerpunkt im Landeshaushalt bleiben. Die wirtschaftliche Betätigung soll erleichtert werden. Hoch verschuldete Kommunen sollen weiter unterstützt werden. Die Anpassung des kommunalen Finanzausgleichs soll durch eine Expertenkommission im Innenministerium geprüft werden.

Verfahren und Entscheidungen zwischen Land und Kommunen sollen einfacher gestaltet werden können, Förderprogramme sollen vereinfacht und Zahlungen aus Richtlinien stärker pauschaliert werden. Standards sollen ausgesetzt und das Konnexitätsprinzip evaluiert werde.

Für die Ausschusssitzvergabe in den kommunalen Vertretungen wird das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers eingeführt. Die Rahmenbedingungen für Hauptverwaltungsbeamten und kommunale Wahlbeamte sollen attraktiver werden. Die Absenkung der Hürden für Bürgerbegehren und die Erhöhung der Transparenz ihrer Finanzierung soll geprüft werden. Die Ergebnisse der Enquete-Kommission Ehrenamt zur besseren Vereinbarung des kommunalen Mandats mit Familie und Beruf sollen umgesetzt und Mandat-Sharing und Mandatsvertretung geprüft werden.

Entwurf eines Soforthilfegesetzes für Erdgas und Wärme

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat nach Auskunft des Deutschen Landkreistages (DLT) äußerst kurzfristig den Entwurf eines Gesetzes über eine Soforthilfe für Letztverbraucher von Erdgas und Kunden von Wärme für den Monat Dezember 2022 vorgelegt. Der Gesetzentwurf basiert auf den Empfehlungen der ExpertenKommission Gas und Wärme vom 10. Oktober 2022, die als Soforthilfe zur Entlastung von Gas- und Fernwärmekunden eine Einmalzahlung im Dezember vorschlägt. Es werde angestrebt, den Gesetzentwurf in der nächsten Woche am 2. November 2022 im Bundeskabinett zu beschließen. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesrat sei für den 11. November 2022 vorgesehen.

Der DLT hat in einer ersten Stellungnahme die hohen bürokratischen Hürden kritisiert und auf die Herausforderungen bei der Auszahlung der Sozialleistungen durch die Landkreise hingewiesen.

Abschlussbericht der Experten-Kommission Gas und Wärme

Die von der Bundesregierung eingesetzte Experten-Kommission Gas und Wärme hat einen Abschlussbericht veröffentlicht. Dieser basiert auf dem im Oktober vorgelegten Zwischenbericht, mit dem ein zweistufiges Vorgehen zur Umsetzung einer Gaspreisbremse vorgeschlagen wurde. Weiter vorgesehen ist eine Einmalzahlung für Privathaushalte im Dezember 2022 sowie eine Gaspreisbremse ab März 2023. Der Abschlussbericht ergänzt den Zwischenbericht nunmehr u.a. um Vorschläge zu konkreten Maßnahmen, vor allem in Bezug auf Gaseinsparungen, einen vorübergehenden Kündigungsschutz für stark belastete Mieter sowie neue Vorschläge zur Unterstützung der Industrie. Außerdem schlägt die Kommission einen besonderen Hilfsfonds für soziale Einrichtungen und Dienste vor, deren Leistungsträger Kommunen und Länder sind.

Angelehnt an den Zwischenbericht geht der Abschlussbericht auch auf das zweistufige Vorgehen zur Umsetzung einer Gaspreisbremse ein. Zur ersten Stufe liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (vgl. vorstehenden Bericht).

In einer zweiten Stufe sieht der Bericht die eigentliche Gas- und Wärmepreisbremse ab März 2023 vor. Durch einen garantierten Brutto-Preis inklusive aller staatlich induzierten Preisbestandteile von zwölf Cent/kWh für Gas für ein Grundkontingent der Gasverbrauchsmenge soll die Belastungsentwicklung für Gaskunden gedämpft werden. Das Grundkontingent soll 80 Prozent des Verbrauchs, der der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde, betragen. Wie im Zwischenbericht festgehalten, soll die Gas- und Wärmepreisbremse zum 1. März 2023 in Kraft treten, frühestens zum 30. April 2024 enden und Kunden mit der Abschlagszahlung erreichen.

Ergänzend gibt der Bericht analog zum Gaspreis nun einen garantierten Brutto-Arbeitspreis von 9,5 Cent/kWh für Fernwärme für ein Kontingent von 80 Prozent des Verbrauchs vor und geht auf die weiteren Modalitäten ein. So legt der Bericht Informationspflichten für Energieversoger nahe, schlägt eine Erstattung des Rabatts durch den Bund im Wege einer quartalsweisen Vorauszahlung vor und weist darauf hin, dass die Grundpreise für die Dauer der Gaspreisbremse auf dem Niveau September 2022 eingefroren werden sollen. So soll einem Missbrauch durch die Anpassung der Grundpreise vorgebeugt werden. Daneben werden Anpassungs- und Informationspflichten für Vermieter, Mindestkontingente und Obergrenzen sowie eine Besteuerung des Rabatts für Einkommen ab 72.000 Euro angesprochen.

Mit Blick auf den bereits im Zwischenbericht erwähnten Hilfsfonds zum Schutz von Mietern und selbstnutzenden Eigentümern durch u.a. Liquiditätshilfen finden sich jenseits der vorgesehenen Laufzeit von Januar 2023 bis April 2024 kaum zusätzliche Konkretisierungen. Diese sollen auch mit Blick auf die Festlegung eines Härtefalls, der sich aus den Komponenten Einkommen und Höhe der Energiekosten bestimmen soll, durch die Verordnung des Bundes erfolgen. Ansprüche sollen durch Anträge geltend gemacht werden. Wer diese bearbeiten soll, lässt der Bericht offen. Eine in diesem Kontext in der Experten-Kommission selbst diskutierte Abwicklung über die kommunale Ebene findet sich im Bericht selbst nicht.

Landkreise: Doppel-Wumms bislang ohne Durchschlagskraft

Die Zweifel bleiben: Der Abschlussbericht der vom Bund eingesetzten Kommission Gas und Wärme erfüllt in zwei wesentlichen Punkten nicht die Erwartungen an eine schnelle, überzeugende Hilfe in der Krise, so der Niedersächsische Landkreistag (NLT) in einer Pressemitteilung vom 2. November 2022. „Die Gaspreisbremse kommt offensichtlich nicht zum 1. Januar 2023, das ist enttäuschend“, sagte NLT-Präsident Landrat Sven Ambrosy. Unklar bleibe zudem, wie Direktzahlungen an Hilfsbedürftige und Unternehmen sowie die Härtefallfonds umgesetzt werden sollten. „Das ist nicht das Signal, das die Menschen vor diesem Winter benötigen“, so Ambrosy.

Der NLT-Präsident verwies auf die vielfachen Forderungen aus Wirtschaft und Gesellschaft nach einem Start der Gaspreisbremse im Januar. Auch die Länder sprachen sich einhellig und dringend dafür aus. „Wenn der Bundeskanzler nunmehr eine Einführung zum 1. Februar 2023 erwägt, ist das ein halber Schritt in die richtige Richtung, dem ein weiterer folgen muss,“ forderte Ambrosy.

Kritisch kommentierte der NLT die Vorschläge für flankierende Maßnahmen und Hilfsfonds für Härtefälle. Bei der Umsetzung werde auf Dritte verwiesen, die dafür weder die notwendigen Voraussetzungen noch Kapazitäten hätten. „Wie das administriert werden soll, ist mir ein Rätsel. Es wäre auch geradezu unsinnig, für einen einzigen Monat ein neues Hilfssystem auf Bundesebene aus dem Boden zu stampfen,“ ergänzte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer. Damit bleibe auch das Ob und Wie für ergänzende, nachgeordnete Hilfen von Land und Kommunen weiterhin offen. „Der Doppel-Wumms hat nach derzeitigen Planungen eine empfindliche Lücke. Sie muss schnell geschlossen werden, sonst fehlt die Durchschlagskraft“, stellte Meyer abschließend fest.

Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler am 2. November 2022

Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sowie der Bundeskanzler haben bei ihrer Besprechung am 2. November 2022 Beschlüsse zur Umsetzung der Gasund Strompreisbremse, zum ÖPNV, insbesondere zur Einführung eines digitalen deutschlandweiten 49-Euro-Tickets und zur Erhöhung der Regionalisierungsmittel, zur Wohngeldreform und zur Flüchtlingsfinanzierung gefasst.

Beschlossen wurde die Einführung einer Gaspreisbremse zum 1. März 2023 bei einer anzustrebenden Rückwirkung zum 1. Februar 2023. Die entsprechenden Regelungen sollen bis April 2024 gelten. Die Umsetzungseinzelheiten entsprechen den Empfehlungen der Experten-Kommission Gas und Wärme und sehen im Rahmen einer Soforthilfe eine Übernahme der im Dezember fälligen Abschlagszahlungen für Gas und Fernwärme sowie die spätere Einführung der Gaspreisbremse als solcher vor. Vorgesehen ist eine solche sowohl für Verbraucher wie für Industrieunternehmen. Steuerpflichtige, die dem Solidaritätszuschlag unterliegen, müssen die finanzielle Unterstützung im Rahmen der Gaspreisbremse versteuern. Die Strompreisbremse soll zum 1. Januar 2023 entlastend wirken und sieht eine Deckelung bei 40 ct/kWh vor.

Vorgesehen ist auch eine „Härtefallregelung“, für die der Bund zwölf Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Verfügung stellt. Damit sollen Hilfsprogramme finanziert werden für Bereiche, in denen trotz der Strom- und Gaspreisbremse finanzielle Belastungen bestehen, die von den Betroffenen nicht ausgeglichen werden können. Diese Gelder sollen insbesondere für Krankenhäuser, Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen, um sie bei den gestiegenen Energiekosten zu unterstützen. Insoweit will der Bund für diese Einrichtungen im Rahmen der insgesamt zwölf Milliarden Euro für Härtefälle Mittel in Höhe von acht Milliarden Euro bereitstellen. Da es sich um eine nicht abschließende Aufzählung handelt, muss es nach Auffassung des Deutschen Landkreistages (DLT) das Ziel sein, auch Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe als umfasst anzusehen und einzubeziehen, sofern es sich um Härtefälle handelt.

Unter Ziffer 4 wird die bereits durch die Verkehrsminister beschlossene Einführung eines digitalen, deutschlandweit gültigen „Deutschland-Tickets“ zu einem Preis von 49 Euro pro Monat begrüßt. Der Bund stellt dafür ab 2023 jährlich 1,5 Milliarden Euro zum Verlustausgleich zur Verfügung. Die Länder beteiligen sich in gleicher Höhe. Der Betrag ist sowohl bundes- als auch länderseitig auf diese Höhe gedeckelt. Damit liegt das Kostendeckungsrisiko allein bei den Verkehrsunternehmen und mithin bei den Aufgabenträgern. Der Betrag wird nicht dynamisiert. Darüber hinaus stellt der Bund ab dem Jahr 2022 zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich zur Verfügung. Die Regionalisierungsmittel sollen zudem jährlich um drei Prozent (statt bisher 1,8 Prozent) erhöht werden.

Unter Ziffer 5 finden der neuerliche Heizkostenzuschuss sowie unter ausdrücklicher Erwähnung einer dauerhaften Heizkostenkomponente die Wohngeldreform ab dem 1. Januar 2023 Erwähnung. Beides befindet sich bereits im parlamentarischen Verfahren. Die Forderung der Länder, dass der Bund das Wohngeld statt bislang hälftig zukünftig vollständig finanziert, hat keinen Eingang gefunden.

Mit Blick auf die hohen Zahlen von Vertriebenen aus der Ukraine sowie Geflüchteten aus anderen Staaten enthält Ziffer 7 des Beschlusses erstmals konkretere finanzielle Zusagen. Danach wird der Bund den Ländern für ihre Ausgaben für die Vertriebenen aus der Ukraine im Jahr 2023 einen Betrag von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen sowie über die bisherigen zwei Milliarden Euro hinaus für das Jahr 2022 zusätzlich 1,5 Milliarden Euro.

Bei den Kosten im Zusammenhang mit Geflüchteten aus anderen Staaten wird der Bund die Länder mit einer „allgemeinen flüchtlingsbezogenen Pauschale“ in Höhe von 1,25 Milliarden Euro jährlich ab 2023 unterstützen. Diese Pauschale soll alle bisherigen Pauschalen, auch die für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, ablösen und „auch den Kommunen zugutekommen“. Über die weitere Entwicklung wollen Bund und Länder wieder an Ostern 2023 sprechen.

Aus Sicht des Deutschen Landkreistages (DLT) sind sowohl die Summen als auch die Transportwege unzureichend. Es sei zu kritisieren, dass keine unmittelbaren Zahlungen an die Landkreise bspw. über die KdU Bundesbeteiligung im SGB II vorgesehen sind; es sei lediglich eine Pauschale über die Länder beabsichtigt, die auch den Kommunen zugutekommen solle. Dies führe erneut dazu, dass die kommunale Entlastung von der Bereitschaft der Länder abhänge, die Mittel tatsächlich vollständig an die Kommunen weiterzuleiten. Zugleich trage die Höhe der Mittelzusagen den vielfältigen kommunalen Belastungen bei der Versorgung der Flüchtlinge mit Wohnraum, Kinderbetreuung, Schule, Krankenversorgung etc. nicht ausreichend Rechnung. Die Länder stünden also weiterhin in der Verantwortung, die Belastungen der Landkreise vollständig auszugleichen.

IAB-Forschungsbericht zu Sanktionen im SGB II

In einem aktuellen Forschungsbericht hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Studienlage zu den Sanktionen im SGB II zusammengefasst. Die betrachteten Studien betrafen dabei nahezu sämtlich noch Zeiträume vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 zur Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen. Dazu informiert Deutsche Landkreistag (DLT):

Der Bericht geht auf zentrale Erkenntnisse der Forschung zu Sanktionswirkungen ein. Eine Reihe von Studien zeige, dass Sanktionen wegen Pflichtverletzungen die Übergangsrate in Beschäftigung erhöhen. Zwei Studien würden jedoch nachweisen, dass Sanktionen die Beschäftigungsqualität verringern. Eine Studie zeige zudem, dass die Beschäftigungswahrscheinlichkeit nach einer Sanktion längerfristig niedriger ausfalle.

Das IAB stellt daran anschließend Überlegungen dar, welche Möglichkeiten einer Neujustierung der Sanktionsregeln bestehen. Dabei kommt es zum Schluss, dass Leistungsminderungen nicht zu starr sein sollten und im Einzelfall überprüft werden sollten. Darüber hinaus könnten Sanktionen stärker von der Art des Verstoßes abhängig gemacht werden. Ziel sei es demgemäß, allzu starke Einschnitte in die Lebensbedingungen der Betroffenen aufgrund von Sanktionen zu vermeiden, zugleich aber einen wirksamen Anreiz für die Einhaltung von arbeitsmarktpolitisch sinnvollen Mitwirkungspflichten zu setzen.