NLT-Aktuell – Ausgabe 22

Ergebnisse der Klausurtagung der Niedersächsischen Landesregierung 

In ihrer Klausurtagung am 2. und 3. Juli 2023 hat die Niedersächsische Landesregierung den Entwurf des Haushalts 2024 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2027 beschlossen. Der Haushalt wird ein Volumen von rund 42,3 Milliarden Euro haben, knapp ein Prozent mehr als im laufenden Haushaltsjahr 2023. Aus kommunaler Sicht sind insbesondere zwei Punkte bedeutsam: die Pläne der Landesregierung zum Ganztagsausbau und zu den Krankenhausinvestitionen. 

Zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ist vorgesehen, dass sich das Land zur Hälfte an der notwendigen Kofinanzierung der Bundesmittel für Investitionen beteiligt. Zur anteiligen Übernahme der Betriebskosten durch das Land ab dem Jahr 2026 ist der Pressemitteilung, die sich auf den Haushalt 2024 bezieht, nichts zu entnehmen. Es gibt aber die Zusage des Landes, zehn Prozent der Bundeszuweisungen zur Finanzierung der Betriebskosten ab 2026 an die Kommunen weiterzuleiten. Die Absicherung dieser in der Landesregierung abgestimmten Position und andere offene Fragen der Ganztagsbetreuung sind Gegenstand von intensiven Gesprächen der kommunalen Spitzenverbände mit Kultusministerin Julia Willie Hamburg. 

Bei den niedersächsischen Krankenhäusern ist zum Abbau des mittlerweile auf drei Milliarden Euro angewachsenen Investitionsstaus vorgesehen, die jährlichen Investitionsmittel dauerhaft auf 230 Millionen Euro zu erhöhen sowie jährlich zusätzlich 75 Millionen Euro dem bestehenden Sondervermögen Krankenhausinvestitionen zuzuführen. Somit stehen ab 2024 jährlich 305 Millionen Euro Investitionsmittel zur Verfügung. Hiervon sollen nach Auffassung der Landesregierung 122 Millionen Euro jährlich von den Landkreisen, kreisfreien Städten und der Region Hannover über die Krankenhausumlage finanziert werden. Auf zehn Jahre aufsummiert wären das rund drei Milliarden Euro, davon 1,2 Milliarden Euro kommunal finanziert. Der Pressemitteilung der Staatskanzlei ist zu entnehmen, dass in 2024 davon rund zwei Milliarden Euro bewilligungsfähig gemacht werden sollen. Was damit konkret gemeint ist, erschließt sich nicht auf den ersten Blick und wird in angekündigten Gesprächen mit Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi zu klären sein. 

NLT-Reaktion auf Landespläne zu Ganztagsbetreuung und Krankenhäusern 

„Nach unserer Überzeugung stehen Bund und Land in der Pflicht, den staatlich begründeten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab 2026 finanziell vollständig zu finanzieren. Das ist bisher leider nicht erkennbar“, erklärte der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Landrat Sven Ambrosy, Landkreis Friesland, in einer ersten Reaktion auf die Beschlüsse der Landesregierung zum Landeshaushalt 2024. Immerhin bekenne sich die Landesregierung mit dem Haushaltsentwurf zu ihrer Mitverantwortung für die Investitionen. Dies müsse auch für verbleibenden Kosten der Kommunen für den Betrieb gelten. „Wir erkennen an, dass nach den bisherigen konstruktiven Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden mit Kultusministerin Julia Willie Hamburg der geplante Haushaltsansatz erhöht wurde“, betonte der NLT-Präsident. Jetzt komme es darauf an, die in den folgenden Gesprächen mit der Ministerin zeitnah die Rahmenbedingungen dauerhaft rechtssicher zu fixieren. „Eltern, Schulen und Kommunen brauchen Gewissheit, um gezielt die notwendigen Vorbereitungen treffen zu können,“ machte Ambrosy deutlich. Er äußerte sich nach einer Sitzung des Präsidiums des NLT am 3. Juli 2023 in Berlin. 

Mit Zurückhaltung nahm das Präsidium die Beschlüsse zur Krankenhausfinanzierung zur Kenntnis. „Angesichts eines anerkannten Investitionsstaus von aktuell drei Milliarden Euro hilft eine Aufstockung des bestehenden Sondervermögens um eine Milliarde in zwei Jahrzehnten nichts. Wir fragen uns, was es bedeutet, es sollten zwei Milliarden Euro im Jahr 2024 ,bewilligungsfähig‘ sein. Die fachliche Prüfung für die Bewilligungsfähigkeit der Maßnahmen ist großteils bereits erfolgt. Jetzt kommt es darauf an, zusätzliches Geld in das System zu bringen. Mit der Fortschreibung des bisherigen Mittelansatzes wird es nicht gelingen, den Investitionsstau aufzulösen,“ kritisierte Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer. 

Landkreise fordern gezielte Regulierung des Wolfsbestandes 

Der Wolf ist in Niedersachsen keine gefährdete Art mehr; ein Bestandsmanagement muss rechtlich möglich sein und der Umgang mit Problemwölfen praxistauglich geregelt werden. Das fordert der Niedersächsische Landkreistag (NLT), dessen Mitglieder sowohl für den Natur- und Artenschutz wie für das Jagdrecht zuständig sind. Das Präsidium des kommunalen Spitzenverbandes hat während seiner Sitzung am 3. Juli 2023 in Berlin einen entsprechenden Beschluss gefasst. „Die Wiederansiedlung des Wolfes ist eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes. Die Kehrseite sind zunehmende Angriffe auf Weidetiere, Probleme bei der Deichsicherheit und eine steigende Verunsicherung in der Bevölkerung“, beschrieb NLT-Präsident Landrat Sven Ambrosy, Landkreis Friesland, die Situation. 

Das NLT-Präsidium schloss sich ausdrücklich der „Uelzener Erklärung“ vom 25. April sowie der Resolution des Landkreises Friesland vom 24. Mai 2023 an. Darin werden Bund und Land aufgefordert, die rechtlichen Möglichkeiten für den Schutz von Menschen und Weidetieren zu nutzen und die Voraussetzungen für ein Bestandsmanagement zu schaffen. „In erster Linie ist die Europäische Kommission gefordert, den Schutzstatus des Wolfs nach EU-Recht zu prüfen und festzustellen, dass der Wolf in Deutschland keine gefährdete Art mehr ist. Das ermöglicht die Änderung von naturschutz- und jagdrechtlichen Bundes- und Landesgesetzen für eine regelhafte Bejagung und die Entnahme sogenannter Problemwölfe. Der NLT stützt die Haltung der Landkreise, die besonders betroffen sind und zugleich gangbare Wege aufzeigen“, erklärte Ambrosy. Die Forderungskaskade an EU, Bund, Land sei notwendig und sinnvoll. „Mit dem Präsidiumsbeschluss zeigen wir sehr konkret und detailliert auf, was von wem zu tun ist“, führte er aus. 

Die Akzeptanz gegenüber dem Wolf sei im ländlichen Raum mit einer hohen Wolfsdichte nicht mehr gegeben. „Die Stimmung kippt. Das muss man wahrnehmen und eine Lösung anbieten“, machte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer deutlich. Zugleich wandte er sich gegen emotionale Zuspitzungen in der Diskussion über den Wolf. „Emotionen sind verständlich und gehören dazu, dürfen aber Grenzen nicht überschreiten. Gute Worte alleine werden der Situation allerdings auch nicht mehr gerecht. Wenn die Landesregierung in dieser Frage einig ist, wie Ministerpräsident Stephan Weil erklärt, dann reicht es nicht, wenn der Umweltminister die leeren Töpfe für eine Entschädigung bei Wolfsrissen auffüllt. Vielmehr müssen die bestehenden Spielräume für den Einstieg in ein gezieltes Bestandsmanagement in Niedersachsen genutzt werden. Die kommunalen Naturschutz- und Jagdbehörden stehen bereit, um ihren Sachverstand für praxistaugliche Lösungen einzubringen. Sie wollen aber nicht allein gelassen werden, wenn es um schwierige Entscheidungen wie Abschüsse geht“, so Meyer. 

Muster einer Hauptsatzungsregelung und Arbeitshilfe zu Hybridsitzungen 

Nach der Zustimmung des Niedersächsischen Landtags am 22. März 2022 zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) zur Einführung sogenannter hybrider Sitzungen kommunaler Gremien auch außerhalb der Pandemie-Sonderregelungen erreichten die NLT-Geschäftsstelle Fragen zum Umgang mit den offenen Rechtsfragen und zur Umsetzung der neuen Regelung. Zudem wurde die Geschäftsstelle gebeten, eine Arbeitshilfe mit Musterformulierungen für eine Satzungsregelung zur Verfügung zu stellen. 

Die Geschäftsstelle hat eine umfangreiche Arbeitshilfe zur optionalen Einführung von Hybridsitzungen nach § 64 NKomVG erarbeitet. In Zusammenarbeit mit den gemeindlichen Verbänden wurde zudem eine Musterformulierung für eine Hauptsatzungsregelung in Abstimmung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport und nach Beratung in den Gremien des NLT erstellt. Beide Dokumente bieten eine Hilfestellung für die kommunale Praxis, bei dem Thema Video-Sitzungen eine Entscheidung vor Ort zu treffen. Sie sind zeitnah auf der Webseite des NLT als ein Dokument abrufbar unter www.nlt.de > Informationen > Arbeitshilfen > Kommunalrecht; Link: https://link.nlt.de/kg7j. Angesichts zahlreicher offenen Fragen hat der Prozess einige Zeit in Anspruch genommen; zudem musste eine rückwirkende Klarstellung des NKomVG angeregt und abgewartet werden. 

Beschleunigung kommunaler Jahresabschlüsse 

Das niedersächsische Kabinett hat in seiner Sitzung am 3. Juli 2023 einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung kommunaler Jahresabschlüsse sowie zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG), des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit, des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes und des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Wasserverbandsgesetz zur Verbandsbeteiligung freigegeben. 

Mit dem Niedersächsischen Gesetzes zur Beschleunigung kommunaler Abschlüsse sollen für einen befristeten Zeitraum Übergangsregelungen für die kommunalen Jahresabschlüsse geschaffen werden. Eine gemeinsame Umfrage des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport und der kommunalen Spitzenverbände hatte dafür dringenden Handlungsbedarf aufgezeigt. 

Finanzierung des ÖPNV und Deutschlandticket 

In einem Schreiben an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) haben die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene deutlich gemacht, dass sie die weitere Anwendung des Deutschlandtickets bereits ab dem 1. Oktober 2023, spätestens ab dem 1. Januar 2024, derzeit nicht gewährleistet sehen, da sie nicht gesetzlich verankert und finanziell nicht abgesichert ist. Das Schreiben ging nachrichtlich auch an die Länderministerien. Wenn Bund und Länder ein Deutschlandticket haben wollten, dürften sie die finanziellen Risiken und Folgelasten nicht auf die Kommunen abwälzen, sondern müssten seine Finanzierung langfristig sichern – die Länder durch einen gesetzlichen Anwendungsbefehl gegenüber den ÖPNV-Aufgabenträgern in den ÖPNV-Gesetzen der Länder, der Bund durch eine Nachschusspflicht gegenüber den Ländern. 

Die Kommunen selbst könnten die finanziellen Risiken und Lasten eines Deutschlandtickets nicht schultern. Die kommunalen Eigenbeiträge zum ÖPNV seien in den vergangenen Jahren bereits sehr dynamisch gestiegen von 3,07 Milliarden Euro (2017) auf 4,17 Milliarden Euro (2021) um 35,8 Prozent. Weitere Kostensteigerungen durch die Energiekrise und die Folgen des Ukrainekrieges sowie weitere Finanzierungsbedarfe zur Umsetzung der Clean-Vehicles-Directive und der geplanten Verschärfungen des SaubereFahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes seien dabei noch gar nicht berücksichtigt. Darüber hinaus sei die Haushaltslage der Kommunen bereits durch vielfältige andere Aufgaben und Herausforderungen schon jetzt angespannt; für 2023 und die Folgejahre werden weiter steigende milliardenschwere Defizite erwartet. Insofern verschärfe sich die Prioritätenkonkurrenz bei den kommunalen Aufgaben deutlich, wobei anderen Aufgaben und der Sicherung des Bestandsangebots und des Ausbaus des ÖPNV im Zweifel Vorrang eingeräumt werden gegenüber der Umsetzung eines günstigen Deutschlandtickets. 

Nach einer NDR-Berichterstattung, wonach Niedersachsen bei den Landeszuschüssen zum ÖPNV im bundesweiten Vergleich Schlusslicht ist, erklärte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer auf Anfrage des NDR am 3. Juli 2023: „Dem ÖPNV kommt eine Schlüsselstellung bei der Verkehrswende zu. Das Deutschlandticket zeigt, dass es gelingt, Menschen zum Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehre zu bewegen. Für die Fläche in Niedersachsen brauchen wir aber einen deutlichen Ausbau des Angebots an Strecken und Taktung, vor allem im Busverkehr und bei modernen Mobilitätsformen. Die ländlichen Räume brauchen hier dringend mehr finanzielle Unterstützung des Landes, so, wie andere Länder es vormachen. Da wir entsprechende Ansätze im Haushaltsentwurf der Landesregierung nicht erkennen können, besteht da noch Redebedarf im Landtag.“ 

KiTa-Notverordnung bis 31. Juli 2024 verlängert 

Die Niedersächsische Landesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am 3. Juli 2023 die sogenannte KiTa-Notverordnung zur flexiblen Aufnahme geflüchteter Kinder in Kindertagesstätten bis zum 31. Juli 2024 verlängert. Die Ausnahmeregelung war im Zuge der Fluchtbewegungen aus der Ukraine geschaffen worden, um kurzfristig weitere Betreuungsplätze zu ermöglichen. Mit der erneuten Verlängerung der sogenannten KiTa-Notverordnung reagiert das Land auf das fortdauernde Kriegsgeschehen in Osteuropa sowie die weiterhin benötigten kommunalen Betreuungsangebote. 

Während der Laufzeit der Verordnung bleiben Ausnahmen unter anderem bei der Mindestanforderung an Raumgröße und Größe des Außengeländes, der maximalen Gruppenbelegung („+1-Kind-Regelung“) und Wahrnehmung von Aufsichtspflichten „durch andere geeignete Personen“ vorerst bestehen. Die zulässige Höchstzahl an Plätzen pro Kindergartengruppe liegt ursprünglich bei 25, in Krippen bei 15 Kindern. Jedoch dürfen die Gruppen erst dann vergrößert werden, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Dafür bedarf es keines entsprechenden Antrags. 

Einigung beim EU-Bankenpaket – hier: Fit and Proper 

Das EU-Bankenpaket und seine Erstreckung auf die Sparkassen in kommunaler Trägerschaft stehen seit Jahren auf der Tagesordnung der EU und waren auch Gegenstand der Gespräche des NLT-Präsidiums während des Arbeitsbesuchs in Brüssel vom 23. bis 25. Mai 2023. Am 28. Juni 2023 erfolgte eine politische Einigung zum EU-Bankenpaket. Hinsichtlich des Eignungsbewertungsverfahrens von Leitungsorganmitgliedern (Fit and Proper) konnte eine Beibehaltung des bisherigen Verfahrens erreicht werden. Der im Kommissionsentwurf enthaltene Widerspruch zwischen dem demokratisch legitimierten Prozess zur Besetzung der Verwaltungsratsmitglieder in kommunalen Sparkassen und dem vorgeschlagenen Eignungsbewertungsverfahren wurde aufgelöst. Weder eine aufsichtsbehördliche Vorabprüfung noch eine interne Prüfung der von der Trägervertretung gewählten Verwaltungsratsmitglieder durch die kommunalen Sparkassen wird erforderlich. 

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) informierte den Deutschen Landkreistag (DLT), dass die politische Einigung zum Bankenpaket am 28. Juni 2023 im Trilog zwischen EU-Parlament, -Rat und -Kommission erfolgte. Die Texte liegen noch nicht vor. Aus dem Bundesfinanzministerium konnte der DSGV in Erfahrung bringen, dass die von der EU-Kommission im Oktober 2021 vorgeschlagenen Verfahrensvorschriften nicht vollständig gestrichen wurden, die aufsichtliche Ex-ante-Prüfung für neue Leitungsorganmitglieder aber abgewendet werden konnte. Als Kompromiss ist nur für große Institute (EZBbeaufsichtigt) eine Ex-ante-Informationspflicht (Vorabanzeige) bei Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsratsvorsitzenden an die zuständige Behörde (d.h. die EZB) vorgesehen. 

Für alle Institute soll eine interne Eignungsbewertung der neuen Leitungsorganmitglieder festgelegt werden. Die vom DSGV und den kommunalen Spitzenverbänden in die Diskussion eingebrachte Ausnahmevorschrift für Institute, die keinen Einfluss auf die Auswahl der Leitungsorganmitglieder haben, ist Teil der Einigung geworden. Die Aufnahme dieser Ausnahmevorschrift ist besonders positiv und wichtig für die kommunalen Sparkassen, um aus der institutsinternen Eignungsbewertung für Verwaltungsratsmitglieder rauszukommen. National muss das entsprechend umgesetzt werden. 

Positionspapier zur Mittelausstattung der Jobcenter 

Ein gemeinsames Positionspapier mit dem Titel „Für eine gute Mittelausstattung der Jobcenter“ haben der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag und die Bundesagentur für Arbeit am 29. Juni 2023 veröffentlicht. Hintergrund sind die nach wie vor unzureichende Finanzausstattung der Jobcenter und die derzeit laufenden Haushaltsverhandlungen im Bund. Im Papier wird eine bessere finanzielle Ausstattung der über 400 Jobcenter gefordert. Die Bundespolitik wird aufgerufen, den berechtigten Anliegen der Jobcenter nach einer auskömmlichen Mittelausstattung zu entsprechen und deren Bedarfe anzuerkennen. Beim Bürgergeld handele es sich um das zentrale Sozialsystem für derzeit 5,7 Millionen Menschen. Ihnen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu bieten, um den Lebensunterhalt unabhängig von staatlichen Transferleistungen sichern zu können, sei ein wesentliches Ziel deutscher Sozialpolitik. 

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat hingegen annähernd zeitgleich und ohne Abstimmung mit den Ländern informiert, dass im Bundeshaushalt 2024 und zur mittelfristigen Finanzplanung des Bundes Einsparungen und Änderungen beabsichtigt sind. Ab dem Jahr 2024 soll der Eingliederungstitel im SGB II um 500 Millionen Euro gekürzt werden. Ab 2025 soll die Zuständigkeit für die Arbeitsförderung von SGB II-Empfängern unter 25 Jahren auf die Agenturen für Arbeit nach dem SGB III übertragen werden. Dies stelle eine vermeintliche Einsparung im SGB II um weitere 900 Millionen Euro jährlich dar. 

Die Ankündigung der strukturellen Veränderungen im SGB II ohne vorherige fachliche Debatte hat auf allen Ebenen zu Irritation und Kritik geführt. Die Ausklammerung eines großen Personenkreises aus dem SGB II stellt einen Schritt in die Vergangenheit auf den Rechtszustand vor 2005 dar und verschlechtert die guten Strukturen für Kindern und Jugendliche im SGB II gerade am Übergang von der Schule zum Beruf. Neben der Schaffung neuer Schnittstellen sind die strukturellen Verwerfungen und Folgen noch nicht absehbar. Deutscher Landkreistag und Niedersächsischer Landkreistag lehnen nachdrücklich die Änderungen ab, die überraschend und ohne fachliche Beratung beschlossen werden sollen. 

Eckpunkte für ein Gesetz für weniger Verpackungsmüll 

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat Eckpunkte für ein Gesetz für weniger Verpackungsmüll vorgelegt. Das Papier sieht fünf Maßnahmen vor: 

1. Stärkung der Wahlfreiheit der Verbraucher in Supermärkten durch die Pflicht, in fünf Getränkesegmenten (Wasser, Bier, alkoholfreie Getränke, Saft und Milch) künftig jeweils auch mindestens ein Mehrwegprodukt anzubieten.
2. Die Rückgabe von Pfandflaschen soll dergestalt erleichtert werden, dass alle Betriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 200 m² künftig alle Pfandflaschen zurücknehmen sollen.
3. Das seit dem 1. Januar 2023 verpflichtende Mehrwegangebot für Speisen und Getränke bei To-Go soll auf alle Materialien ausgeweitet werden und nicht mehr nur wie bisher auf Einwegkunststoffe bezogen sein. Erste Erfahrungen mit der erst seit einem halben Jahr geltenden Regel hätten gezeigt, dass die Anbieter zwar auf Kunststoffe verzichteten, aber dafür auf andere Einwegverpackungen aus Kunststoff, Aluminium oder Karton auswichen.
4. Bei einem Verzehr von Lebensmitteln vor Ort sollen künftig keine Einwegverpackungen mehr zugelassen sein.
5. Mit Blick auf den Verbraucherschutz soll es künftig unzulässig sein, die Füllmenge bei gleichbleibender Verpackung zu verringern („Schluss mit Mogelpackungen“). 

Das Ministerium hat darüber hinaus eine Liste von häufig gestellten Fragen und Antworten zusammengestellt. Diese Liste ist unter folgendem Link zu erreichen: https://www.bmuv.de/service/fragen-und-antworten-faq/abstimmung-des-entwurfs-einesdritten-gesetzes-zur-aenderung-des-verpackungsgesetzes-gesetz-fuer-weniger-verpackungsmuell“ 

Sanierung kommunaler Einrichtungen 

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat zwei Projektaufrufe zur energetischen Sanierung kommunaler Einrichtungen und zur Anpassung von Städten und Gemeinden an den Klimawandel veröffentlicht. Dies betrifft das mit 400 Millionen Euro dotierte Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“. Damit sollen Städte, Gemeinden, aber auch Landkreise, soweit sie solche Einrichtungen betreiben, bei der energetischen und baulichen Sanierung dieser Einrichtungen unterstützt werden. Die Förderung konzentriert sich auf Gebäude, die nach der Sanierung hohen energetischen Standards genügen müssen. 

Bei dem Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ soll ein Beitrag zur klimagerechten Stadtentwicklung durch die gezielte Entwicklung der grünblauen Infrastruktur geleistet werden. Dafür stehen in den Jahren 2023 bis 2026 200 Millionen Euro zur Verfügung. 

Kommunen können in beiden Programmen Interessenbekundungen für zukunftsweisende Projekte bis zum 15. September 2023 einreichen. Die Projektaufrufe und weitere Informationen finden sich auch auf der Webseite des mit der Umsetzung der Projekte beauftragten Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumentwicklung (BBSR): www.bbsr.bund.de/sjk2023 sowie www.bbsr.bund.de/klima-raeume

Gegenseitige Unterstützung im Tierseuchen-Krisenfall 

Der Landkreistag Brandenburg war zwischenzeitlich aus dem Rahmenübereinkommen über die gegenseitige Unterstützung im Tierseuchen-Krisenfall ausgetreten. Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat nun darüber informiert, dass der Landkreistag Brandenburg durch Gremienbeschluss dem Rahmenübereinkommen wieder beigetreten ist. 

Aus Sicht des DLT sind für ein Wirksamwerden dieses Wiederbeitritts keine weiteren Formalien oder Beschlüsse notwendig. Diese Mitteilung dient mithin ausschließlich der Unterrichtung über die erfreuliche Tatsache, dass nunmehr wieder alle 294 Landkreise bzw. alle 13 Landesverbände an dem Rahmenübereinkommen mitwirken. Entsprechende Hilfeleistungen niedersächsischer Landkreise und der Region Hannover in Brandenburg können damit wieder über das Übereinkommen abgewickelt werden. 

Energiezuschuss für Kultureinrichtungen durch das Land Niedersachsen 

Das Land Niedersachsen stockt auf Antrag die Bundesförderung des Kulturfonds Energie auf jeweils die volle Höhe der förderfähigen Mehrkosten durch zusätzliche Landesmittel auf. Darüber hat das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) informiert. 

Das Land Niedersachsen stockt bei der Förderung der Kultureinrichtungen des Kulturfonds Energie des Bundes die prozentuale Förderung auf – bei öffentlich getragenen Kultureinrichtungen von 50 auf 100 Prozent und bei privaten Kultureinrichtungen von 80 auf 100 Prozent. So wird jeweils die volle Höhe der förderfähigen Mehrkosten übernommen. Alle weiteren Rahmenbedingungen des Kulturfonds Energie werden unverändert auf das Komplementärfinanzierungsprogramm angewendet. Dafür stellt Niedersachsen vier Millionen Euro bereit. Der niedersächsische Energiezuschuss für Kultureinrichtungen ist ausschließlich für Kultureinrichtungen zugänglich. Es handelt sich um eine Billigkeitsleistung, welche den Mehrbedarf für netzbezogenen Strom, Gas und Fernwärme zur Deckung der Energiekosten anteilig bezuschusst. Anträge können unter: https://www.nbank.de/Service/Aktuelles/Niedersachsens-Energiezuschuss-fProzentC3ProzentBCr-Kultureinrichtungen/“ gestellt werden. 

Beschränkung der Trinkwasserverwendung bei Wasserknappheit 

Seit dem Jahr 2018 sind große Teile Deutschlands von einer Zunahme von Hitzeereignissen und Tagen ohne Niederschlag betroffen. Vor diesem Hintergrund haben die drei kommunalen Spitzenverbände auf der Bundesebene sowie der Verband kommunaler Unternehmen eine Praktiker-Arbeitsgruppe eingerichtet, um eine vorausschauende Auseinandersetzung mit möglichen (lokalen) Nutzungsbeschränkungen und Verwendungsverboten aufgrund von Hitzeperioden vorzunehmen. Zwei Dokumente sollen Akteuren Orientierung zu folgenden Fragen geben: 

  • Welche Indikatoren unterstützen die Lagebewertung in der langfristigen Betrachtung, der Frühwarnung und bei akutem Handlungsbedarf und helfen bei der Entscheidung, wann Einschränkungen der Wassernutzung erforderlich werden? 
  • Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen für Wasserbehörden, Gebietskörperschaften und Wasserversorger? Und wie können Nutzungsbeschränkungen oder Verwendungsverbote rechtlich zulässig gestaltet werden? 
  • Welche konkreten Fragen stellen sich in der Praxis für die jeweiligen Akteure? Gibt es gute Praxisbeispiele, die weiterhelfen können? 
  • Welche Rolle spielt die Kommunikation? 

Die im Entwurf vorliegende Handreichung liefert erste Antworten und juristische Einordnungen. Mögliche Nutzungsbeschränkungen oder Verwendungsverbote stellen dabei nur die Ultima Ratio im Sinne eines letzten Bausteines am Ende einer Handlungskette dar. Wasserversorgungskonzepte auf Ebene der Länder und Landkreise wie auch die mittlerweile verabschiedete „Nationale Wasserstrategie“ bilden einen übergeordneten Rahmen. 

Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden 

Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden (NHundG) im Rahmen der Verbändeanhörung zur Stellungnahme übersandt. Ausweislich der Gesetzesbegründung hätten sich die Regelungen des NHundG im Sinne der Gefahrenvorbeugung und der Abwehr von Gefahren, die mit dem Halten und dem Führen von Hunden verbunden sind, grundsätzlich bewährt. Mit den beabsichtigten Gesetzesänderungen solle allerdings das Verbesserungspotenzial im Hinblick auf die Belange der Hundehalterin oder des Hundehalters, aber auch des Wohls des Hundes, das zwischenzeitlich identifiziert worden ist, im Gesetz aufgegriffen werden. Ziel des Gesetzes sei es, dies unter Einhaltung des hohen gefahrenabwehrrechtlichen Standards des Gesetzes in die gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen zu integrieren. 

Nach einer vorläufigen Bewertung der Geschäftsstelle des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) hält das ML grundsätzlich an der bisherigen Systematik des Gesetzes fest. Die bisher in einem gesonderten Paragraphen vorgesehene Feststellung der Gefährlichkeit wurde in die Regelungen zum Erlaubnisvorbehalt integriert. In § 9 NHundG-Entwurf werden nunmehr sämtliche Regelungen über den Halterwechsel zusammengefasst. § 14a NHundG-Entwurf sieht eine Regelung zum Widerruf einer Anordnung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 NHundG vor. Sofern eine gesteigerte Aggressivität des Hundes nicht mehr vorliegt, kann die Anordnung der Fachbehörde daher zukünftig widerrufen werden. Damit regiert der Gesetzgeber auf die bisher sehr restriktive Rechtsprechung des OVG Lüneburg. Dies stellt eine langjährige Forderung aus der Praxis dar. Nicht aufgenommen worden ist hingegen die vom NLT geforderte Rechtsgrundlage für eine rechtssichere Tötung nicht resozialisierbarer Hunde. 

Düngerechtliche Anforderungen zum Schutz der Gewässer 

Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) hat einen weiteren Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über düngerechtliche Anforderungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat im Rahmen der Verbandsanhörung zur Stellungnahme übersandt. Das ML hat dazu ergänzend auf Folgendes hingewiesen: 

„Die Entwürfe der Gebietskulissen (vgl. Artikel 1 Nr. 2 des Verordnungsentwurfes) sind unter der Internet-Adresse https://sla.niedersachsen.de/landentwicklung/LEA/ einzusehen.“ 

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) haben ein Dokument „Vorgehensweise und Durchführung der Überprüfung der Ausweisung mit Nitrat belasteter Gebiete für Niedersachsen“ – AVV GeA 2022 – erstellt. Hintergrund ist die geplante Überprüfung und Anpassung der mit Nitrat belasteten Gebiete, die in der Verordnung vom 3. Mai 2021 (Nds. GVBl. S. 246) ausgewiesen worden ist. 

Anhörung und weiteres Verfahren zum Gebäudeenergiegesetz 

Nachdem die Koalitionsfraktionen sich Mitte Juni auf einen Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) geeinigt hatten, hatte der zuständige Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestages den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene am Freitag, 30. Juni 2023, mittags, sowohl einen auf dieser Grundlage geänderten Gesetzentwurf sowie eine Formulierungshilfe des Bundeswirtschaftsministeriums für einen Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP übermittelt. Die Anhörung zu diesen umfangreichen Dokumenten fand am Montag, 3. Juli 2023, statt. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat im Rahmen der Anhörung zunächst die unzumutbaren Umstände des Anhörungsverfahrens kritisiert. 

In der Sache begrüßten die kommunalen Spitzenverbände maßgebliche Verbesserungen gegenüber dem Ausgangsgesetzentwurf, insbesondere die vorgenommene Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung. Begrüßt wurde zudem die nunmehr verbesserte Technologieoffenheit des GEG u. a. durch die Berücksichtigung von Biomasse und den Wegfall entsprechend limitierender Regelungen. In Bezug auf die verbesserte Umsetzungsfähigkeit begrüßten die kommunalen Spitzenverbände den Wegfall bestimmter Zwischenziele bis 2030 wie beispielsweise die ursprüngliche Forderung, bis dahin 50 Prozent der genutzten Wärme aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dennoch verbleiben weitere zu detaillierte Regelungen wie beispielsweise die vorgesehenen neuen Maßnahmen für bestehende Heizungsanlagen oder zur Gebäudeautomation, die jeweils in den vorgesehenen Fristen nicht umsetzbar sind. 

Mit Beschluss vom 5. Juli 2023 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Wege einer einstweiligen Anordnung auf Antrag eines Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Deutschen Bundestag aufgegeben, die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs nicht innerhalb der laufenden Sitzungswoche durchzuführen. Der Deutsche Landkreistag hat den Beschluss des BVerfG nachdrücklich begrüßt und mit Recht hervorgehoben, dass in der Vergangenheit nicht nur die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der Abgeordneten, sondern auch die Beteiligungsrechte der kommunalen Spitzenverbände immer wieder verletzt wurden.