NLT-Aktuell – Ausgabe 20

Ambrosy: Krankenhäuser müssen endlich auskömmlich finanziert werden 

„Der Patient Krankenhaus liegt auf der Intensivstation. Es ist höchste Zeit, dass sich die gesetzlich Verantwortlichen im Bund kümmern“, sagte der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages, Landrat Sven Ambrosy, Landkreis Friesland, anlässlich des bundesweiten Protesttages der Krankenhäuser am 20. Juni 2023. „Die kommunalen Zuschüsse zum Ausgleich des Defizits der Krankenhäuser haben eine nicht mehr akzeptable Größenordnung erreicht“, so Ambrosy weiter. 

Entgegen den Behauptungen des Bundes hätten nicht nur kleinere Krankenhäuser Probleme. „Wenn über 80 Prozent der Krankenhäuser ihre Rechnungen nicht mehr auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg ausgleichen können, sind das keine Einzelfälle. Es handelt es sich um ein Systemversagen des geltenden Krankenhausfinanzierungssystems“, so der NLT-Präsident: „Das Schlimme ist, dass der Bund diese kalte Bereinigung der Krankenhauslandschaft sehenden Auges hinnimmt. Seine Krankenhausreform enthält richtige Ansätze, mindert aber ohne zusätzliches Geld nicht die derzeitigen akuten Probleme.“ Ambrosy sprach in seiner Funktion als Vizepräsident des Deutschen Landkreistages (DLT) auf der zentralen Protestkundgebung in Berlin. 

Er führte weiter aus: „Die Schere zwischen dem, was die Krankenkassen an die Krankenhäuser überweisen und dem, was an Leistungen erbracht wird, klafft immer weiter auseinander.“ Allein die elf Landkreise im Bezirk Lüneburg-Stade hätten im Jahr 2022 durch Verlustausgleich, Gesellschafterdarlehen und investiver Kapitalzuführung 83,4 Millionen Euro in die Krankenhäuser zugeschossen. In diesem Jahr erwarteten diese Landkreise einen Anstieg um fast 60 Prozent auf 143,3 Millionen Euro. Rechne man diese Zahlen hoch, ergebe sich allein für Niedersachsen ein Zuschussbedarf von deutlich über 600 Millionen Euro.

Ambrosy: „Dieses Geld fehlt für dringend notwendige Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung wie Kindergärten, Schulgebäude, Klimaschutz und Investitionen in die Infrastruktur. Wir fordern daher über ein Vorschaltgesetz Soforthilfen zur Stabilisierung der Krankenhäuser und eine auskömmliche Finanzierung des Betriebs aller notwendigen Krankenhäuser für die Zukunft.“ 

Erklärung der Niedersächsischen Allianz für die Krankenhäuser

In Hannover hat die Niedersächsische Allianz für die Krankenhäuser, ein Zusammenschluss von 19 Verbänden, am 20. Juni 2023 von den politisch Verantwortlichen im Bund und den Ländern schnellstmöglich eine nachhaltige Sicherung der Krankenhäuser gefordert. Die tatsächlichen Kostenentwicklungen würden unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Krankenhausfinanzierung nicht ansatzweise sachgerecht abgebildet. Das Risiko für Insolvenzen von Krankenhäusern steige stetig. Erforderlich sei schnellstmöglich ein Vorschaltgesetz des Bundes zur finanziellen Sicherung. Die vom Bund angekündigte Reform werde sonst für viele Krankenhäuser zu spät kommen. 

Gefordert wurden: 

  • ein Vorschaltgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser, 
  • ein Inflationsausgleich für die Jahre 2022/ 2023 und eine solide Ausgangsbasis für 2024, 
  • die dauerhafte Refinanzierung von Tarifkostensteigerungen. 

Die Landkreise könnten die Rolle des Ausfallbürgen für das Versagen des Bundes nicht länger wahrnehmen, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages Hubert Meyer im Rahmen der Niedersächsischen Allianz für die Krankenhäuser. Die schwere Finanzkrise der Krankenhäuser unterstreiche zudem die Notwendigkeit eines Sonderprogramms des Landes zum Abbau des bestehenden Investitionsstaus in Höhe von weit über zwei Milliarden Euro. 

Entwicklung der Haushalte der Landkreise und der Region Hannover 

Bei den Kreishaushalten 2023 hat sich die Haushaltslage sehr deutlich eingetrübt; bei diesem Befund bleibt es nach der nunmehr abgeschlossenen Haushaltsumfrage des Niedersächsischen Landkreistages. Nur noch vier Landkreise weisen einen komplett ausgeglichenen Haushalt aus (Vorjahr: elf). Ein weiterer verfügt über einen ausgeglichenen Haushalt im ordentlichen Ergebnis, weist aber noch einen Fehlbetrag in der Bilanz aus (Vorjahr: einer). 31 Landkreise sowie die Region Hannover (Vorjahr: 25) verfügen aktuell über einen unausgeglichenen Haushalt im ordentlichen Ergebnis. Das geplante strukturelle Defizit liegt mit 535 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Besondere Sorge bereitet dabei auch, dass eine Reihe von Landkreisen schon wieder Defizite im zweistelligen Bereich (die Region Hannover sogar im dreistelligen Bereich) ausweist. 

Auch die Liquiditätslage ist deutlich eingetrübt. Während der Saldo der laufenden Verwaltungstätigkeit im Vorjahr noch einen Überschuss von 176 Millionen Euro auswies, liegt er nunmehr bei knapp -115 Millionen Euro. Die Alt-Fehlbeträge insgesamt in den Bilanzen der Landkreise und der Region Hannover belaufen sich nach den Plandaten etwa auf Vorjahresniveau bei 435,8 Millionen Euro. 

Im Jahr 2023 haben neun Landkreise die Kreisumlage erhöht, fünf haben hingegen eine Senkung vorgenommen. Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass sich der gewogene landesweite Durchschnittssatz erneut leicht erhöhen dürfte. Sobald der Wert des Landesamtes für Statistik Niedersachsen hierzu vorliegt, wird die NLT-Geschäftsstelle informieren. Sechs Landkreise und die Region Hannover erheben nach den aktuellen Daten eine differenzierte Kreis- bzw. Regionsumlage. Das heißt sie haben die einzelnen Umlagesätze für Steuerkraft und Schlüsselzuweisungen in unterschiedlicher Höhe festgesetzt. In vier Landkreisen gibt es inzwischen Sonderregelungen, weil einzelne kreisangehörige Städte oder Gemeinden die Vereinbarung über eine Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Kindertagesstätten gekündigt haben. 

Einigung der EU-Innenminister über wichtige Asyl- und Migrationsgesetze 

Der EU-Innenministerrat hatte sich am 8. Juni 2023 mit qualifizierter Mehrheit über zwei wichtige Gesetzgebungsakte des Asyl- und Migrationspakets geeinigt, dessen konsolidierte Fassungen nun auf Deutsch veröffentlicht wurden. 

Die Asylverfahrensverordnung (AsylverfVO) führt verbindliche Asylverfahren an der EUAußengrenze ein mit einer maximalen Dauer von zwölf Wochen (sog. Grenzverfahren, Art. 41 ff. AsylverfVO). Personen, die diesem Verfahren unterliegen, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats einreisen. Sie müssen sich während dieser Zeit an der Außengrenze, in der Nähe der Außengrenze, in Transitzonen oder an anderen bestimmten Orten innerhalb des Hoheitsgebiets aufhalten (Art. 41f AsylverfVO). Die Mitgliedstaaten müssen die Standorte für die Durchführung der Grenzverfahren vor Inkrafttreten der Kommission übermitteln und sicherstellen, dass dort die Kapazitäten für die Prüfung der Anträge ausreichen. Das Verfahren an der Grenze kann zur Anwendung kommen, wenn ein Asylsuchender an einer Außengrenzübergangsstelle einen Antrag stellt, nachdem er im Zusammenhang mit einem illegalen Grenzübertritt aufgegriffen bzw. nach einer Such- und Rettungsaktion ausgeschifft wurde. Das Verfahren ist für die Mitgliedstaaten obligatorisch, wenn der Antragsteller 

  • eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellt, 
  • er die Behörden durch falsche Angaben oder durch Zurückhalten von Informationen getäuscht hat oder 
  • er Angehöriger eines Drittstaats mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent ist. 

Wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat oder einem sicheren Drittstaat kommt, können die Mitgliedstaaten das Grenzverfahren wahlweise anwenden. Die Höchstdauer des Asyl- und Rückkehrverfahrens an der Grenze sollte sechs Monate nicht überschreiten. Unbegleitete Minderjährige sind von dem Asylgrenzverfahren pauschal ausgenommen. Dafür hatte sich die Bundesregierung im Rat eingesetzt. 

Die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement (AMM-VO) soll die geltende Dublin-Verordnung ersetzen. Die Dublin-Verordnung enthält Vorschriften zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Mit der AMM-VO werden diese Vorschriften gestrafft und die Fristen verkürzt. So wird beispielsweise das derzeitige komplexe Wiederaufnahmeverfahren zur Überstellung eines Antragstellers in den für seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat durch eine einfache Wiederaufnahmemitteilung ersetzt.

Landkreistag begrüßt Reform des europäischen Asylrechts 

Der Deutsche Landkreistag hat die Einigung der Innenminister der EU- Mitgliedstaaten begrüßt. Präsident Landrat Reinhard Sager kommentierte die Entscheidung wie folgt: „Die Ergebnisse zeigen, dass eine Reform des europäischen Asylrechts möglich ist. Daran hat auch Deutschland entscheidenden Anteil. Das ist gut so.“ 

Die Landkreise würden erwarten, dass die gefundene Linie bei den weiteren Schritten auf europäischer Ebene durchgehalten wird. „Neben den aus unserer Sicht wichtigen Grenzverfahren muss auch die gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der EU dringend umgesetzt werden.“ 

Die Maßnahmen seien ohne wirkliche Alternative, wenn man die Zuwanderung steuern und irreguläre Einwanderung begrenzen wolle. „Das brauchen die Landkreise vor dem Hintergrund, dass die Kapazitäten für die Aufnahme, aber auch und vor allem für die Integration neu ankommender Menschen ausgeschöpft sind.“ 

Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz 

Die Koalitionsfraktionen auf Bundesebene haben sich am 13. Juni 2023 auf einen Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) geeinigt. Darin wird festgehalten, dass das Gebäudeenergiegesetz eng mit der Wärmeplanung in den Kommunen verknüpft werden soll. Diese wird bis spätestens 2028 angestrebt. Zwar soll das GEG zum 1. Januar 2024 in Kraft treten, aber grundsätzlich erst dann gelten, wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Daneben sollen u. a. diskriminierende technische Anforderungen an die Heizung und die Infrastruktur gestrichen werden, was auch den Einsatz von Holz und Pellets betrifft. Der Deutsche Landkreistag begrüßt die erzielten Vereinbarungen, insbesondere zum zeitlichen Ablauf (Heizungstausch erst nach Vorlage der kommunalen Wärmeplanung) sowie eine technologieoffenere Regelung im Hinblick auf die zukünftig zulässigen Heizungssysteme. 

Verbändegespräch mit der Umweltministerkonferenz 2023 

Am 1. Juni 2023 fand in Berlin das jährliche Gespräch der Umweltministerkonferenz mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Umwelt- und Naturschutzverbänden statt. Im Rahmen des Gespräches wurde insbesondere über den Ausbau der erneuerbaren Energien diskutiert. 

Die Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände haben in dem Gespräch ausgeführt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig sei, aber geordnet und unter Beibehaltung der kommunalen Steuerungsfähigkeit ablaufen müsse. Es dürfe keine ungesteuerten Außenbereichsprivilegierungen, weder entlang von Infrastrukturwegen, bei Zielverfehlungen im Rahmen des Windenergieflächenbedarfsgesetzes noch im Wege eines Vorziehens der Flächenziele geben. Außerdem sei es nicht sachgerecht, den Druck auf die Genehmigungsbehörden durch Fristverkürzungen oder Fiktionen zu erhöhen. Es bedürfe vielmehr einer Entschlackung der materiellen Anforderungen und einer Reduzierung der gerichtlichen Verfahren. 

In dem Zusammenhang müsse eine Einschränkung des Verbandsklage-rechts geprüft werden. Außerdem sei es angesichts der zunehmenden regulatorischen Dichte wichtig, Ruhe in die Gesetzgebungsverfahren zu bringen. Nicht zuletzt müssten Netzausbau, Netzsynchronisierung, Anreize für Beteiligungen und Entgeltregulierung vorangetrieben werden, um die Akzeptanz und die finanzielle Verteilungsgerechtigkeit zu fördern. Die anwesenden Umwelt- und Naturschutzverbände teilten die Frustration über die zunehmenden Klageverfahren. Dadurch sei es schwierig, zu sachgerechten Lösungen zu kommen. Wichtig sei es deshalb, akzeptanzsteigernde Maßnahmen voranzutreiben. 

Gesetz zur Änderung des NPersVG und des NKomVG beschlossen 

Die Niedersächsische Landtag hat am 20. Juni 2023 das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) und des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport beschlossen (LT-Drs. 19/1618). Das Gesetz umfasst zum einen eine Anpassung des NPersVG dahingehend, dass u.a. die Möglichkeit der Beschlussfassung im Umlaufverfahren, aber auch die Möglichkeit zur Durchführung von Sitzungen der Personalvertretungen als Telefon- oder Videokonferenz unabhängig vom Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite geschaffen werden. Die Änderungen treten am 1. Juli 2023 in Kraft. 

Das NKomVG hat in Bezug auf Hybridsitzungen kommunaler Gremien eine rückwirkende klarstellende Ergänzung dahingehend erhalten, dass die Vertretung im Rahmen der Hauptsatzung die Hauptverwaltungsbeamtin oder den Hauptverwaltungsbeamten ermächtigen kann, im Benehmen mit der oder dem Ratsvorsitzenden in der Ladung anzuordnen, den Abgeordneten die Teilnahme durch Zuschaltung per Videokonferenz zu ermöglichen. Alternativ sieht das Gesetz vor, dass auch die oder der Vorsitzende der Vertretung von der Vertretung ermächtigt werden kann, nach Herstellung des Benehmens mit der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten von ihr oder ihm zu verlangen, die Möglichkeit der Teilnahme der Abgeordneten durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik in der Ladung anzuordnen. 

Im Rahmen des schriftlichen Berichts (LT-Drucksache 19/1645) wurde klargestellt, dass die Formulierung „kann verlangen“ einen Anspruch der oder des Vorsitzenden der Vertretung auf Zulassung der Teilnahme von Abgeordneten durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik begründet. Die Änderungen in Bezug auf das NKomVG treten bereits rückwirkend mit Wirkung vom 30. März 2022 in Kraft. 

Landtag beschließt Gesetz zur Änderung des Nds. Nahverkehrsgesetzes 

Der Niedersächsische Landtag hat am 20. Juni 2023 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes zur Weitergabe der vom Bund zur Finanzierung des schienengebundenen Personennahverkehrs (SPNV) zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel an die SPNV-Aufgabenträger und an die Aufgabenträger des ÖPNV mit den Stimmen von SPD, Grünen und der CDU gebilligt. Der Gesetzentwurf hat im Vergleich zur Ausgangsfassung nur wenige Änderungen erfahren, die im Wesentlichen redaktioneller Natur sind und Begrifflichkeiten präzisiert haben. 

Es ist damit zu rechnen, dass der Gesetzentwurf alsbald verkündet wird und sodann rückwirkend zum 31. Dezember 2022 in Kraft tritt. Dadurch wird gewährleistet, dass eine Rechtsgrundlage für die Weiterleitung der bereits im Dezember 2022 vom Bund nach § 5 Abs. 14 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (RegG) erhaltenen zusätzlichen Regionalisierungsmittel auch schon für das vergangene Jahr besteht und diese unabhängig von der Dauer des Gesetzgebungsverfahrens vollständig an die niedersächsischen Aufgabenträger weitergeleitet werden können. Diese Regelung soll dazu dienen, im unmittelbaren Anschluss an die bisherige Sonderfinanzhilfe, die mit Ende des Jahres 2021 ausgelaufen ist, die Gewährung einer entsprechenden Finanzhilfe auch im Jahr 2022 fortsetzen zu können.  

Bundeswahlgesetz verkündet 

Das Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes ist im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. I 2023 Nr. 147) und im Wesentlichen zum 14. Juni 2023 in Kraft getreten. 

Mit dem politisch heftig umstrittenen Gesetz wird insbesondere das Ziel verfolgt, die Größe des Bundestages zu reduzieren. § 1 Abs. 1 BWahlG n. F. sieht dementsprechend vor, dass der Deutsche Bundestag aus 630 Abgeordneten besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das Wahlrecht geändert. Wie bislang verfügen die Wahlberechtigten über zwei Stimmen. Mit der Zweitstimme entscheiden sie sich für eine Parteiliste (Landesliste), mit der Erststimme nach wie vor für einen Wahlkreisbewerber. Die insgesamt abgegebenen Zweitstimmen werden zunächst bundesweit ins Verhältnis gesetzt und die Zahl der den einzelnen Parteien zufallenden Mandate bestimmte (sog. Oberverteilung), bevor diese dann auf die einzelnen Landeslisten verteilt werden (Unterverteilung). 

Die Zahl der Sitze, die auf eine Landesliste entfallen, definiert die Höchstzahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber dieser Partei, die in dem Land aus dem Wahlkreis heraus einen Sitz erringen können (Verfahren der Zweitstimmendeckung). Entscheidend für die Reihung, in der die erfolgreichen Wahlkreisbewerber zum Zuge kommen, ist ihr jeweiliger Stimmenanteil im Wahlkreis. Reicht die Reihung der Wahlkreisbewerber nicht aus, um die der Partei zustehenden Sitze zu erschöpfen, werden die weiteren Mandate aus der Liste bezogen. Erreicht ein Wahlkreiskandidat eine relative Mehrheit in seinem Wahlkreis, aber in der Reihung der Wahlkreisgewinner nur einen Platz, der von der Zahl der Sitze, die der Landliste zustehen, nicht gedeckt ist, so wird das Wahlkreismandat nicht vergeben. 

Die erfolgreiche Kandidatur im Wahlkreis setzt also künftig neben der relativen Mehrheit eine Deckung durch Zweitstimmen voraus. Überhangs- und Ausgleichsmandate sind nicht mehr vorgesehen. Die bislang in § 6 Abs. 3 BWahlG enthaltene Grundmandatsklausel ist entfallen. Die Zahl von 299 Wahlkreisen soll beibehalten werden. Die mit dem Fünfundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vorgesehene Reduzierung der Zahl der Wahlkreise auf 280 wurde daher durch Art. 1 des Gesetzes rückgängig gemacht. 

Europawahl voraussichtlich am 9. Juni 2024 

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat die Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Landkreistages informiert, dass die nächste Europawahl voraussichtlich am 9. Juni 2024 stattfinden wird. Die endgültige Festlegung des Wahltags erfolgt durch Veröffentlichung des Datums im Bundesgesetzblatt. Darüber wird gesondert informiert. 

4. Bericht des Beirats Pakt Öffentlicher Gesundheitsdienst veröffentlicht 

Der Beirat für den ÖGD-Pakt hat seinen 4. Bericht unter dem Titel „Multiprofessionalität ausbauen und fördern – für einen zukunftsfähigen ÖGD“ vorgelegt. Dieser Bericht beschäftigt sich unter der Überschrift „Multiprofessionalität ausbauen und fördern – für einen zukunftsfähigen ÖGD“ mit der Weiterentwicklung der Fachkräfte im öffentlichen Gesundheitsdienst, insbesondere einer noch stärkeren Hinwendung zu Berufsgruppen mit Abschlüssen in Gesundheitswissenschaften, naturwissenschaftlichen oder sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Dabei schlägt der Beirat zusammengefasst folgende Handlungsmaßnahmen vor: 

1. Kompetenzprofile entwickeln und Arbeitsanforderungen neu denken.
2. Identifikation sämtlicher Berufsgruppen, die den Kompetenzprofilen entsprechen.
3. Öffnung für solche Berufsgruppen auch in Führungspositionen.
4. Integration ÖGD-spezifischer Kompetenzvermittlung in Ausbildung und Studium der identifizierten relevanten Berufsgruppen und Fachdisziplinen.
5. Entsprechende Ergänzung und Änderung der Lehr- und Prüfungspläne dieser Ausbildungen und Studiengänge.
6. Möglichkeit, das praktische Jahr in der Medizin-Ausbildung im ÖGD zu absolvieren.
7. Bereits Berufstätigen ist der Quereinstieg in den ÖGD über geeignete Weiterbildungsmaßnahmen leicht möglich machen. 

13. Niedersächsischer Gesundheitspreis 

Die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V. hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens über die Ausschreibung des diesjährigen 13. Niedersächsischen Gesundheitspreises informiert. In der Mitteilung heißt es: 

Zum 13. mal werden vorbildhafte Praxisbeispiele gesucht und ausgezeichnet, die mit überzeugenden Ansätzen zur Weiterentwicklung der Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitsversorgung in Niedersachsen beitragen und zur Nachahmung anregen. Der Niedersächsische Gesundheitspreis wird von dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, der AOK – Die Gesundheitskasse für Niedersachsen, der Apothekerkammer Niedersachsen sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen ausgelobt. In den folgenden drei Preiskategorien werden in diesem Jahr vorbildhafte Projekte gesucht: 

1. Chronisch krank und gut versorgt
2. Gesundheitsförderung und -versorgung mit und für Menschen mit Behinderung
3. eHealth – Neue Chancen im Gesundheitswesen 

Bewerbungen können noch bis zum 31. Juli 2023 eingereicht werden. Ebenfalls besteht die Möglichkeit Projekte vorzuschlagen. Das Online-Bewerbungsformular sowie weitere Informationen zu den Ausschreibungsbedingungen finden sich unter www.gesundheitspreis-niedersachsen.de

28. Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz Niedersachsen 

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD), Barbara Thiel, hat am 15. Juni 2023 der Präsidentin des Niedersächsischen Landtags ihren 28. Tätigkeitsbericht vorgelegt. Im Vergleich zum Vorjahr und erstmals seit Inkrafttreten der DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) ist die Zahl der Beschwerden und Meldungen von Datenschutzverstößen im Berichtszeitraum nicht weiter angestiegen. Der Bericht widmet sich unter anderem den neuen Entwicklungen im internationalen Datenverkehr. Entsprechende Vertragsklauseln für den internationalen Datenverkehr sind, wie bereits im Bezugsrundschreiben ausgeführt, nach wie vor zwingend erforderlich. Die verantwortlichen Stellen müssen gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um ein Schutzniveau zu gewährleisten, das im Wesentlichen dem EU-Datenschutzniveau entspricht. 

Weitere Inhalte des Tätigkeitsberichtes beziehen sich auf das Datenschutzniveau an niedersächsischen Schulen sowie den Einsatz von Lernplattformen (Ziffer 4). Der Tätigkeitsbericht kann als pdf-Datei heruntergeladen werden unter https://link.nlt.de/lfd28

Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts im Bundesgesetzblatt  

Das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts wurde im Bundesgesetzblatt verkündet. Es tritt überwiegend am 1. Januar 2024 in Kraft. Maßgeblicher Inhalt ist die Einführung einer vierten Staffel bei der Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber, die trotz Pflicht keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Sie wird erstmalig für das Jahr 2024 erhoben und zum 31. März 2025 zu zahlen sein. Zugleich wird die Höhe der Ausgleichsabgabe geringfügig erhöht. 

Für kleinere Arbeitgeber gibt es wie bisher Sonderregelungen, die geringere Höhen vorsehen. Die Möglichkeit, Mittel der Ausgleichsabgabe nachrangig auch für Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) einzusetzen, wird gestrichen. Eine im Gesetzgebungsverfahren neu aufgenommene Übergangsvorschrift sieht aber immerhin vor, dass Leistungen, die vor dem 1. Januar 2024 bewilligt worden sind, weiter erbracht werden können. 

Der Bundesrat hat dem Gesetz am 12. Mai 2023 zugestimmt und zugleich eine Entschließung gefasst. Darin hält es der Bundesrat für erforderlich, dass die Bundesregierung auch andere Hindernisse bei der Gewährleistung des uneingeschränkten Zugangs zu Leistungen der Pflegeversicherung für alle Menschen mit Behinderungen beseitigt und die Pauschalleistung des § 43a SGB XI für die Pflege von Menschen mit Behinderungen reformiert. Dies greift eine langjährige Forderung des Deutschen Landkreistages auf, der der Bundesgesetzgeber bislang nicht nachgekommen ist.

Bundesregierung beschließt Nationale Sicherheitsstrategie 

Die Bundesregierung hat erstmals eine sogenannte Nationale Sicherheitsstrategie für die Bundesrepublik Deutschland vorgelegt. Darin werden die die Bundesrepublik prägenden Werte, das veränderte Sicherheitsumfeld und die angestrebte integrierte Sicherheit unter den Schlagworten „Wehrhaft, Resilient und Nachhaltig“ dargestellt. Kommunale Anknüpfungspunkte bestehen möglicherweise besonders zu den Bereichen des Zivil- und Katastrophenschutzes, beim Schutz kritischer Infrastrukturen, bei der Abwehr von Cyber-Angriffen, im Gesundheitswesen und im Bereich der Sicherheits- und Gefahrenabwehrgesetzgebung. Die am 14. Juni 2023 vom Bundeskabinett verabschiedete Nationale Sicherheitsstrategie kann aufgerufen werden unter https://www.nationalesicherheitsstrategie.de

Sanierung kommunaler Einrichtungen für Sport, Jugend und Kultur 

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bau hat am 19. Juni 2023 den Startschuss für eine neue Förderrunde des Bundesprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ (SJK) gegeben. Interessenbekundungen von Kommunen können bis zum 15. September 2023 ausschließlich auf elektronischem Weg eingereicht werden. Weitere Informationen sind auf der Internetseite des mit der Umsetzung des Programms beauftragten Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung abrufbar unter www.bbsr.bund.de/sjk2023

Ausgaben für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 2022 

Die Nettoausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung betrugen im Jahr 2022 bundesweit 8,8 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung um + 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Niedersachsen betragen die Nettoausgaben 927.803.043,99 Euro. 

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bezogen gut 1,2 Millionen Personen im Dezember 2022 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dies waren sechs Prozent mehr als im Dezember 2021. 55,4 Prozent der Leistungsempfänger hatten die Altersgrenze nach dem SGB XII erreicht oder überschritten. Dies sind 11,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Zuwachs ist nach Einschätzung des Statistischen Bundesamtes hauptsächlich auf Geflüchtete aus der Ukraine zurückzuführen. 44,6 Prozent der Empfänger erhielten die Leistung aufgrund einer dauerhaft vollen Erwerbsminderung. Ihr Anteil ging gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozent zurück. 

Förderung finanzschwacher Kommunen bei EU-Förderprojekten 

Das Niedersächsische Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und regionale Entwicklung (MB) hat der Geschäftsstelle des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) den Entwurf einer Änderung der Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung finanzschwacher Kommunen bei der Kofinanzierung von EU-Förderprojekten (KoFi-RL) mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Das MB teilt mit, die aktuell gültige KoFi-RL enthalte im Gegensatz zur vorherigen Fassung keine abschließende Auflistung von den auf sie anzuwendenden EU-Richtlinien und Programmen, um dauerhafte Änderungen durch neue EU-Richtlinien und Programmen zu vermeiden. Durch die Auflage neuer Bundes-ESF-Programme erfasse der Richtlinientext nun auch diese Programme. 

Diese Möglichkeit solle entfallen und die KoFi-RL gemäß ihrer Zielsetzung weiter auf niedersächsische Richtlinien begrenzt werden. Es gelte die Kofinanzierung der originär niedersächsischen Programme – insbesondere auch für kleinere Kommunen – sicherzustellen. Um weiterhin Programme zur territorialen Zusammenarbeit (Interreg) fördern zu können, an denen das Land Niedersachsen teilnehme, seien diese expliziert aufgeführt. Darüber hinaus solle die „unterdurchschnittliche Steuereinnahmekraft“ basierend auf praktischen Erkenntnissen der letzten Jahre stärker ausdifferenziert werden, um zu einer gerechteren Bewertung zu gelangen. 

Gemeindedirektorin oder Gemeindedirektor in Mitgliedsgemeinden 

Es sind vermehrt Hinweise, wonach die Neubesetzung der Funktion der Gemeindedirektorin oder des Gemeindedirektors in Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden zunehmend Probleme bereitet, bei den Geschäftsstellen der gemeindlichen Spitzenverbände eingegangen. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat sich daher an das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport gewandt. Mit Schreiben vom 10. Mai 2023 hat die Arbeitsgemeinschaft darum gebeten, den Kreis der Personen, denen diese Aufgabe übertragen werden kann, zu erweitern, sodass auch Beschäftigte, die nicht dem Leitungspersonal der Samtgemeinde angehören, die Funktion der Gemeindedirektorin oder des Gemeindedirektors vom Rat übertragen werden können soll. 

Einwegkunststofffondsgesetz verkündet 

Das Einwegkunststofffondsgesetz wurde am 15. Mai 2023 verkündet und sieht die Einrichtung und den Betrieb eines Einwegkunststofffonds beim Umweltbundesamt (UBA) vor. In den Einwegkunststofffonds zahlen Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte ein. Öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sowie sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts können ihre Sammlungs- oder Reinigungsmaßnahmen und andere erstattungsfähige Leistungen an das UBA melden. Die eingezahlten Mittel werden dann anteilig an sie ausgeschüttet. 

Landkreis-Apps: Veranstaltung des NLT zu Erfahrungen und Entwicklungen 

Über den Nutzen von Apps für Kreisverwaltungen haben sich Fachleute und Praktiker aus den Kreisverwaltungen ausgetauscht. Unter dem Titel „App-solut notwendig?“ hatte die Geschäftsstelle des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) die Videokonferenz organisiert. 45 Teilnehmende bekamen am 19. Juni 2023 zunächst einen wissenschaftlichen Input sowie eine Einordnung in bundesweite Entwicklungen; anschließend berichteten drei Landkreise über ihre Erfahrungen und Pläne bei App-Angeboten. 

Vier Aspekte wurden in der Videokonferenz immer wieder diskutiert: Bedarf es einer App für alles oder verschiedener, spezialisierter Anwendungen? Wie ist das Verhältnis von Aufwand und Nutzen? Was ist der Mehrwert einer Landkreis-App für Nutzerinnen und Nutzer? Sind Apps das Mittel der Wahl oder sind mobile Webanwendungen besser geeignet? 

Im einführenden Vortrag machte Dr. Nassrin Hajinejad, Wissenschaftlerin am Kompetenzzentrum ÖFIT in Berlin, unter anderem die Bedeutung von Smartphones deutlich. Die überwiegende Mehrheit der Menschen nutzen sie als Hauptzugang zu Dienstleistungen einer Kreisverwaltung. Christian Stuffrein, Referent für Digitalisierung beim Deutschen Landkreistag, plädierte in seinem Vortrag für spezialisierte Apps; diese seien besser als eine umfassende „Super-App“. 

Den Auftakt bei den Praxisbeispielen machte Günther Helberg, Fachdienstleiter beim Landkreis Göttingen. Er stellte die Abfall-App der Abfallwirtschaft Göttingen vor und betonte, dass sie die Verwaltung entlasten solle. Udo Mäsker, Leiter Unternehmenskommunikation beim Landkreis Emsland, präsentierte die umfassende Landkreis-Emsland-App, um festzustellen, dass diese demnächst für zwei spezialisierte Apps aufgegeben werde. Einen kompletten Neustart der digitalen Angebote beim Landkreis Fulda – mit einer gemeinsamen Lösung für App und Webseite – kündigte Stefan Will vom Team Digital des Landkreises Fulda an. Der Fachkräftemangel zwinge die Kreisverwaltungen dazu, Arbeitsprozesse mit Hilfe von Technologie effizienter zu gestalten. Ein Bericht über die Veranstaltung folgt in der nächsten Ausgabe der Verbandszeitschrift NLT-Information.