83. Landkreisversammlung: Verlässlichkeit in der Krise

„Coronakrise, Flüchtlingsunterbringung, Kita und Schule, Klimawandel, öffentlicher Personennahverkehr und viele andere Themen: Die Landkreise kümmern sich um Themen, die das Leben der Menschen prägen.“ So fasste es der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) Sven Ambrosy bei der Landkreisversammlung zusammen. Zwei Tage lang haben die Delegierten über wesentliche Herausforderungen der Kommunen beraten. Die Vollversammlung der 36 niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover fand in Adendorf, Landkreis Lüneburg, statt.

Die Landkreise suchten den Dialog und die enge Abstimmung mit der Landespolitik; sie böten Verlässlichkeit und bräuchten Unterstützung, sagte Ambrosy im öffentlich Teil der Veranstaltung. Mehr als 250 Gäste – die Spitzen von Landespolitik und Verwaltung, Verbänden und Institutionen – waren zur Landkreisversammlung gekommen, darunter Ministerpräsident Stephan Weil, Landtagspräsidentin Hanna Naber und der Präsident des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager. Entsprechend deutlich formulierte Ambrosy Positionen des NLT.

Er rief den „rechtspolitischen und emotionalen Parforceritt“ der Corona-Verordnungen in Erinnerung, um das enge Zusammenwirken mit der Landesregierung zu betonen. Zugleich stellte er klar, dass der Landtag mit der Änderung der Kommunalverfassung ohne Anhörung des NLT dessen verbürgten Rechte verletzt habe; eine Klage beim Staatsgerichtshof sei eingereicht.

Bei aktuellen Aufgaben hob Ambrosy die Unterbringung von Flüchtlingen hervor. „Wir sehen das Leid und wollen Schutzbedürftigen weiter helfen. Die Kommunen dürfen aber finanziell und organisatorisch nicht überfordert werden“, mahnte er Unterstützung von Bund und Land an. Später in seiner Rede wies er auf das Defizit von 530 Millionen Euro der Kreisetats in 2023 hin: „Die Haushaltsplanung ist so dramatisch wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“ Punkt für Punkt listete Ambrosy auf, wo Mittel fehlen und wo sie benötigt werden.

Bei den künftigen Herausforderungen zeigte Ambrosy am Beispiel des Windenergieausbaus Chancen für Zusammenarbeit auf. „Die Windkraft ist bei den Landkreisen in guten Händen“, sagte er mit Blick auf die kürzesten Genehmigungsverfahren deutschlandweit. Zugleich erforderten die ehrgeizigen Ziele stabsähnliche Arbeitsstrukturen und ein Kompetenzzentrum Wind des Landes. Im Zusammenhang mit dem Deutschland-Ticket forderte Ambrosy den Ausbau des ÖPNV in der Fläche. Ein Schwerpunkt seiner Rede war zudem die Sorge um die medizinische Versorgung in Niedersachsen; die Landkreisversammlung verabschiedete dazu den „Lüneburger Appell“.

Zum Abschluss kam NLT-Vizepräsident Cord Bockhop auf die Rolle der Landkreise zurück: „Wer sorgt sich angesichts der starken Zunahme der Inflation, der vielen Wanderungsbewegungen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort und versucht, mit den Mitteln des Sozial- und Jugendhilferechts gegenzusteuern“, fragte Bockhop. Dies sei die Kreisebene in Deutschland, erklärte er. „Auf uns war in der Krise immer Verlass und deshalb muss man uns auch besser einbeziehen“, so Bockhop abschließend.

Hintergrund:

Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) ist der kommunale Spitzenverband der 36 niedersächsischen Landkreise sowie der Region Hannover. Er vertritt deren Belange gegenüber Landesregierung und Landtag, nimmt gemeinsame Anliegen wahr und tritt für die verfassungsmäßigen Rechte der kommunalen Selbstverwaltung ein.

Die Landkreisversammlung ist das oberste Organ des NLT und legt die Grundsätze dessen Arbeit fest. Jeder Landkreis bzw. die Region Hannover entsenden zwei Personen – Landrat/Landrätin bzw. Regionspräsident und ein Kreistagsmitglied. Die Landkreisversammlung tritt ein Mal pro Jahr unter dem Vorsitz des NLT-Präsidenten zusammen, u.a. um über Personalien und den Haushalt zu entscheiden. Mit ihrem jeweiligen politischen Schwerpunktthema trägt die Landkreisversammlung zum landesweiten Diskurs bei.