NLT-Aktuell – Ausgabe 31

Energiekrise: Niedersächsische Landkreise fordern Energiepreisdeckel

Einen Energiepreisdeckel für Gas und die Entkopplung des Strom- vom Gaspreis hat der NLT am 26. September 2022 gefordert. Das NLT-Präsidium beschloss einstimmig ein entsprechendes Positionspapier (www.nlt.de/positionen/engergiepreisdeckel). Darin bezieht der kommunale Spitzenverband Stellung in der bundesweiten Diskussion um die Bekämpfung der aus dem Ruder gelaufenen und völlig zufälligen Preisbildung an den Energiemärkten. „Die Menschen sind verunsichert. Die Bundesregierung muss ihnen jetzt das Vertrauen vermitteln, dass sie sich Strom und Gas im kommenden Winter noch leisten können“, sagt der Präsident des NLT, Landrat Sven Ambrosy (Landkreis Friesland).

Der einstimmige Präsidiumsbeschluss sei ein gleichsam starker wie dringlicher Appell zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung im kommenden Winter, erläutert Ambrosy. Das Problem müsse am Anfang der Energiekette und nicht an deren Ende gelöst werden, führt der NLT-Präsident weiter aus. Die bisherige Krisenbekämpfung fokussiere sich auf Einmalzahlungen, Erhöhung staatlicher Transferzahlungen, punktuelle Hilfsprogramme und Härtefallfonds. Das sei ungenau, unzureichend, aufwändig und teuer. „Statt immer wieder an vielen Stellen auf immer neue Folgen des dramatischen Energiepreisanstiegs zu reagieren, muss die Ursache – die gestörte Preisbildung am Energiemarkt – bekämpft werden“, bringt er es auf den Punkt.

Die niedersächsischen Landkreise und die Region Hannover sind in großer Sorge um das Funktionieren aller gesellschaftlich relevanter Institutionen. „Wir brauchen und fordern ein konsequentes Handeln der Bundesregierung. Die sich abzeichnende Abkehr von der Gasumlage ist ein erster, wichtiger Schritt. Aber entscheidend ist der Energiepreisdeckel“, bekräftigt Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des NLT.

Die Sorgen um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Energiepreisentwicklung treibe auch die Landesregierung um, deshalb sehe er hier eine große Einigkeit mit Ministerpräsident Stephan Weil, so Meyer. Die Positionierung der Landkreise und der Region Hannover sei geeignet, die niedersächsische Haltung zu schärfen „Ich hoffe, dass der Ministerpräsident das Thema deutschlandweit vorantreiben kann“, sagt Meyer mit Blick auf die bevorstehenden Beratungen der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern. Eine wirkungsvolle, tragfähige und faire Lösung zur Bewältigung dieser akuten Krise müsse gefunden werden.

DLT fordert Gesamtkonzept zur Energieversorgung

Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat ebenfalls durch Umlaufbeschluss des Präsidiums ein Gesamtkonzept der Energieversorgung angemahnt. Das Papier greift folgende Themen auf:

  • Bund muss bei Energiepreisen früher ansetzen,
  • Reform des Strommarktes und Streichung der Gasumlage notwendig,
  • Kommunale Energieversorger stützen,
  • Heimische Energiequellen konsequent nutzen,
  • Potenziale aller Erneuerbaren Energien in allen Räumen stärker nutzen und
  • Laufzeiten der derzeit noch laufenden Atomkraftwerke verlängern.

Die DLT-Geschäftsstelle teilte hierzu ergänzend mit, gegenüber der ursprünglichen Fassung hätten sich auf der Grundlage der den Landesverbänden zwischenzeitlich zugegangenen Hinweise des Niedersächsischen Landkreistages, der sich andere Landesverbände angeschlossen hatten, sowie durch Befassung im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss des DLT einige Änderungen ergeben. Diese beträfen insbesondere den Absatz zum Fracking unter Ziffer 4 des Papiers, der vollständig entfallen ist. Weiterhin ist unter Ziffer 5 die explizite Betonung der Windenergie sowie unter Ziffer 6 die Anpassung erfolgt, die Atomkraftwerke lediglich vorübergehend befristet weiter zu betreiben. Die ursprünglich begrenzend gemeinte Festlegung „auf wenige Jahre“ sei entfallen. Zudem sei in Ziffer 2 mit Blick auf die erneuerbaren Energien nicht nur auf den Netzausbau und die Speicherung, sondern ergänzend auch auf die Notwendigkeit der Grundlastfähigkeit verwiesen worden.

Das Positionspapier kann auf der Webseite des DLT aufgerufen werden www.landkreistag.de/images/stories/themen/Energieversorgung/220923_PosPap_Energiepolitik.pdf.

Referentenentwürfe: Wohngeld-Plus-Gesetz und Heizkostenzuschussgesetz

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat dem DLT die Referentenentwürfe für ein Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes (WohngeldPlus-Gesetz) sowie für ein Gesetz zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes über- sandt, beide mit Stand vom 22. September 2022. Neben einer Verbesserung des Leistungsniveaus beim Wohngeld ab 1. Januar 2023 soll es für die Wohngeldhaushalte einen erneuten einmaligen Heizkostenzuschuss als kurzfristige Maßnahme zur Überbrückung der zu erwartenden extremen (Heiz-)Kostenbelastung geben.

Durch die Einführung einer dauerhaften Heizkostenkomponente sowie einer Klimakomponente bei gleichzeitiger Ausweitung der Anspruchsberechtigung sollen zukünftig insgesamt 2 Millionen Haushalte in Zeiten stark steigender Kostenbelastungen mit einem verbesserten Wohngeld unterstützt werden. Die Reichweite des Wohngeldes wird durch eine Anhebung des allgemeinen Leistungsniveaus (Anpassung Wohngeldformel) in Kombination mit den übrigen Reformelementen erhöht. Das Gesetz soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Im Anschluss an das zum 1. Juni 2022 in Kraft getretene Heizkostenzuschussgesetz (HeizkZuschG) soll aufgrund der nach Jahresbeginn 2022 weiter stark gestiegenen Energiepreise und in Erwartung weiter zunehmender Belastungen ein zweiter einmaliger Heizkostenzuschuss die berechtigten Haushalte bzw. Empfängerinnen und Empfänger im Jahr 2022 entlasten. Den zweiten Heizkostenschuss sollen Personen erhalten, die in mindestens einem der Monate September 2022 bis Dezember 2022 Wohngeld bezogen haben. Der Bund will den Heizkostenzuschuss vollständig finanzieren. Das Gesetz soll im November 2022 in Kraft treten. Die Kabinettsbefassung war jeweils für den 28. September 2022 vorgesehen. Die Beteiligung des Bundesrates ist für den 28. Oktober 2022 geplant. Die Zustimmung des Bundesrates ist allerdings zum HeizkZuschG nicht erforderlich, da der Heizkostenzuschuss vollständig vom Bund finanziert wird.

Die Gesetzentwürfe tragen den vom DLT erhobenen Forderungen jeweils Rechnung. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat allerdings bereits mit Schreiben vom 9. September 2022 gegenüber dem BMWSB die absehbaren Umsetzungsschwierigkeiten einer derartigen Ausweitung des leistungsberechtigten Empfängerkreises beim Wohngeld verdeutlicht. Das Land Niedersachsen hat aus Sicht der NLT-Geschäftsstelle mit Recht massive Kritik daran geübt, dass Vorschläge zur Verfahrensvereinfachung durch den Bund bisher nicht aufgegriffen wurden.

Energiesicherungsgesetz: Entwurf zur Änderung beschlossen

Das Bundeskabinett hat als Formulierungshilfe einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften beschlossen. Der inzwischen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren befindliche Entwurf sieht neben Klarstellungen im Energiesicherungsgesetz verschiedene weitere Gesetzesänderungen vor, die u.a. darauf abzielen, die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien kurzfristig zu erhöhen. Eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf hat im Vorfeld nicht stattgefunden.

EU-Kommission legt Notfallmaßnahmen zur Senkung der Energiepreise vor

Die EU-Kommission hat am 14. September 2022 ein Notfallinstrument für die europäischen Energiemärkte in Form eines Verordnungsvorschlages vorgelegt. Der Vorschlag enthält eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Reduzierung des Stromverbrauchs um zehn Prozent. Eine befristete Obergrenze für Markterlöse von 180 Euro/MWh soll für „inframarginale Erzeuger“ eingesetzt werden. Dies betrifft u.a. erneuerbare Energien, Kernenergie und Braunkohle. Die so erzeugten Einnahmen (ca. 140 Milliarden Euro) sollen insbesondere zur Unterstützung der Verbraucher bei der Senkung der Energiekosten eingesetzt werden. Die Kommission sieht daneben einen befristeten Solidaritätsbeitrag für Tätigkeiten im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich vor. Weitere Maßnahmen werden derzeit mit den Mitgliedstaaten beraten.

Verstärkung der sozialen Schuldnerberatung in Niedersachsen

Niedersachsens Sozialministerin Daniela Behrens hat die NLT-Geschäftsstelle mit Schreiben vom 16. September 2022 darüber informiert, dass (vorerst) bis Jahresende die Förderung der bestehenden sozialen Schuldnerberatungsstellen seitens des Landes verstärkt wird. Für jede geförderte Schuldnerberatungsstelle werden zusätzlich 0,5 Stellenanteile zu 100 Prozent – bei kommunalen Schuldnerberatungsstellen aus haushaltsrechtlichen Gründen zu 95 Prozent – gefördert. Vor dem Hintergrund des mit dem Ukraine-Krieg und seinen Folgen einhergehenden Anstiegs insbesondere der Energiekosten ist dies ein wichtiger Schritt, der auch über den 31. Dezember 2022 hinaus dringend erforderlich sein wird.

Beschluss der Sonder-Verkehrsministerkonferenz vom 19. September 2022

Die Verkehrsministerkonferenz hat am 19.September 2022 in einer Sondersitzung die Forderung bekräftigt, die Regionalisierungsmittel aufgrund der massiven Energiepreissteigerungen in 2022 und 2023 zunächst um jeweils 1,65 Milliarden Euro anzuheben. Bevor über die Umsetzung eines bundesweiten Tickets für den ÖPNV (Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket) entschieden und ein Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV vereinbart werde, müsse ein Angebot dazu vorliegen. Gleichzeitig soll eine länderoffene Arbeitsgruppe zeitnah Fragen rund um die Einführung eines 9-Euro-Nachfolgetickets klären.

Vormundschafts- und Betreuungsrecht: Landtag beschließt Anpassung

Der Niedersächsische Landtag hat am 21. September 2022 den Gesetzentwurf der Fraktion von SPD und CDU nach mündlichem Bericht ohne weitere Aussprache angenommen (in der LT-Drs. 18/10951 mit den aus der LT-Drs. 18/11662 ersichtlichen Änderungen). Das Gesetz hat durch die in Artikel 1 vorgesehene Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Betreuungsrecht insbesondere eine umfassende landesrechtliche Aufgabenübertragung der Aufgaben der örtlichen Behörde im Sinne des neuen Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG) des Bundes auf die Landkreise und kreisfreien als örtliche Betreuungsbehörden zum Inhalt.

Die erhebliche Kritik des NLT an dem nun verabschiedeten Gesetz in Bezug auf die völlig ausgeblendeten umfangreichen finanziellen Auswirkungen der damit verbundenen Aufgabenzuwächse und das fehlende Bekenntnis des Landes zum verfassungsrechtlich garantierten Konnexitätsgrundsatz, die wir im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens in der Stellungnahme vom 3. Juni 2022 gegenüber dem Landtagsausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen deutlich gemacht haben, ist in dem Gesetzgebungsverfahren leider nicht aufgegriffen worden.

Auch der ausdrückliche Hinweis zu den (vom NLT befürworteten und im Gesetz vorgesehenen Modellprojekten), dass die beiden vom NLT genannten kommunalen Betreuungsbehörden nur dann bereit wären, die erweiterte Unterstützung im gerichtlichen Verfahren im Rahmen von Modellprojekten auszuprobieren, wenn das Land die dafür erforderliche Finanzierung und auch die fachliche Begleitung sicherstellt, hat im parlamentarischen Verfahren offenbar kein Gehör gefunden. Das für das Betreuungswesen zuständige Niedersächsische Justizministerium (MJ) ist ermächtigt, die die Modellprojekte durchführenden örtlichen Betreuungsbehörden und die näheren Einzelheiten zu den Modellprojekten durch Verordnung zu bestimmen. Insofern bleibt das weitere Verfahren des MJ in der Sache abzuwarten.

Entsprechend der bundesgesetzlichen Regelung und dem dort ab 1. Januar 2023 ausdrücklich festgeschriebenen Anspruch der anerkannten Betreuungsvereine auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln ist § 4 des in Rede stehenden Landesgesetzes dahingehend angepasst worden, dass anerkannte Betreuungsvereine für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 15 Abs. 1 BtOG eine öffentliche Förderung erhalten.

Bundesnaturschutzgesetz: Änderung des Ausführungsgesetzes beschlossen

Der Niedersächsische Landtag hat am 21. September 2022 die Änderung des NAGBNatSchG in der sich aus Landtags-Drucksache 18/11694 ergebenden Fassung beschlossen.

Über einen Änderungsvorschlag der regierungstragenden Fraktionen von SPD und CDU ist unter anderem für die Träger der Deicherhaltung mittels einer Ergänzung des § 24 NNatSchG geregelt worden, dass § 30 Abs. 2 BNatSchG keine Anwendung auf Erhaltungsmaßnahmen findet, durch die auf einen vorhandenen Deich gesetzlich geschützten Biotope zerstört oder sonst erheblich beeinträchtigt werden. Das gilt zukünftig grundsätzlich auch für Maßnahmen nach §§ 21 und 27 des Niedersächsischen Deichgesetzes.

Mit den beschlossenen Änderungen wird zudem (bisweilen langjährigen) Forderungen des NLT entsprochen. So ändert sich die Bezeichnung des Gesetzes wieder in Niedersächsisches Naturschutzgesetz. Es wird klargestellt, dass Verordnungen nunmehr auch im elektronischen Amtsblatt veröffentlicht werden können und rein redaktionelle Änderungen nicht mehr zwingend das gesamte Änderungsverfahren für Verordnungen durchlaufen müssen.

Amtsangemessene Alimentation, Besoldung und Versorgungsbezüge 2022

Der Niedersächsische Landtag hat am 23. September 2022 die Gesetzentwürfe der Niedersächsischen Gesetze zur amtsangemessenen Alimentation sowie über die Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge 2022 beschlossen.

Gegenstand des Entwurfs eines Niedersächsischen Gesetzes zur amtsangemessenen Alimentation ist die Umsetzung der sich aus den jüngsten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergebenden Anforderungen, welches sich dort mit der Amtsangemessenheit der Alimentation in Bund und Ländern und den sich aus Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes sowie den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ergebenden Spielräumen der Gesetzgebung befasste.

Mit dem Beschluss eines Niedersächsischen Gesetzes über die Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge im Jahr 2022 sowie zur Änderung versorgungsrechtlicher Vorschriften werden die Bezüge der Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zum 1. Dezember 2022 um 2,8 Prozent angehoben. Abweichend davon erhöhen sich die Anwärtergrundbeträge zum gleichen Zeitpunkt um einen Festbetrag von 50 Euro.

Die kommunalen Spitzenverbände hatten sich im Gesetzgebungsverfahren über die neuen Regelungen hinausgehend zudem wiederholt für die Möglichkeit für Kommunen eingesetzt, mehr Flexibilität bei der Gewährung von sozialen Nebenleistungen wie Job-Tickets usw. zu erhalten. Diese Anregungen wurden jedoch nicht aufgegriffen.

Niedersächsisches Glücksspielgesetz wird geändert

Der Niedersächsische Landtag hat am 21. September 2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport (LT-Drs. 18/11693) mit den Stimmen der Regierungskoalition beschlossen. Der Gesetzentwurf war Ende letzten Jahres von der Landesregierung als LT-Drs. 18/10442 eingebracht worden. Im Laufe der Ausschussberatungen ist es ausweislich der Beschlussempfehlung noch zu umfänglichen Änderungen am Gesetzentwurf gekommen, insbesondere ist die Abstandsregelung des § 8 Abs. 3 NGlüSpG zum Abstand von Wettvermittlungsstellen und bestimmten Eirichtungen nochmals neu gefasst worden. Einzelheiten dazu sind dem Schriftlichen Bericht (LT-Drs. 18/11739) zu entnehmen.

Änderungen im COVID-19-Schutzgesetz

Das vom Deutschen Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates verabschiedete Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 (COVID-19-Schutzgesetz) wurde am 16. September im Bundesgesetzblatt (BGBl. S. 1454) verkündet. Über das Gesetzgebungsverfahren und inhaltliche Regelungen wurde in NLT-Aktuell, Ausgabe 28 vom 26. August 2022 und Ausgabe 30 vom 23. September 2022, berichtet. Ergänzend hierzu ist auf folgende Neuerungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) durch Artikel 1 bis 1b des Gesetzes hinzuweisen:

  • Die Meldebestimmungen für Gesundheitsämter und Krankenhäuser in §§ 10, 13 IfSG werden geändert.
  • Mit § 15a IfSG wird eine Vorschrift über die Durchführung der infektionshygienischen und hygienischen Überwachung in das Gesetz aufgenommen.
  • Die Vorschriften über die Masernimpfpflicht sowie die einrichtungsbezogene Impfpflicht (§§ 20, 20a IfSG) werden um Bestimmungen zur Auskunftspflicht Dritter ergänzt.
  • COVID-19 wird in die Liste der Erkrankungen nach § 34 Abs. 1 IfSG aufgenommen.
  • Die Regelung über den Infektionsschutz in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe (§ 35 IfSG) ist neu gefasst worden.
  • In § 59 Abs. 1 IfSG ist geregelt, dass Zeiten der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Personen, die (voraussichtlich) länger als sechs Monate Anspruch auf Entschädigung nach § 56 IfSG haben, gelten nunmehr als Menschen mit Behinderung im Sinn des SGB III.
  • Der Verwaltungsgerichtsweg wird für alle in Betracht kommenden Entschädigungsansprüche eröffnet (§ 68 IfSG).
  • § 28b IfSG ist die Grundlage für Corona-Schutzmaßnahmen (insbesondere Masken- und Testpflichten) ab dem 1. Oktober 2022. Die Vorschrift ist nach Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes bereits zum 24. September 2022 in Kraft getreten. Durch § 28b Abs. 6 IfSG wird die Geltungsdauer des bisherigen § 28b IfSG bis zum heutigen 30. September 2022 verlängert.

Durch weitere Artikel des Gesetzes werden das SGB V (Art. 2), das SGB XI (Art. 3 u. 3a) sowie zahlreiche weitere Gesetze geändert, wobei es sich vielfach um die Verlängerung der Geltungsdauer coronaspezifischer Regelungen handelt.

Neue Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen

Zum morgigen 1. Oktober 2022 tritt eine vollständig neu gefasste Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen in Kraft. Notwendig war die Neufassung, weil zum gleichen Datum eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes des Bundes wirksam wird, die den Rahmen für entsprechende landesweite Regelungen setzt. Daher mussten zahlreiche Rechtsvorschriften angepasst werden. Das Grundgerüst der landesrechtlichen Regelungen ist dabei gleichgeblieben: Landesrechtlich werden Testpflichten für bestimmte Einrichtungen wie Krankenhäuser usw. weiterhin vorgeschrieben und damit in vielen Fällen das Bundesrecht ergänzt oder modifiziert. Größte inhaltliche Änderung dürfte der Verzicht auf FFP2-Masken für Fahrgäste im ÖPNV sein, hier reichen künftig einfache Masken aus. Grund für diese Anpassung ist der Umstand, dass mehrere Nachbarbundesländer nur einfache Masken für Fahrgäste vorschreiben und viele Busse und Züge über Ländergrenzen hinweg fahren.

Angesichts der zahlreichen Verweise auf das Bundesrecht ist der neue Verordnungstext nur schwer lesbar. Die kommunalen Spitzenverbände haben die Landesregierung daher um intensive Öffentlichkeitsarbeit und landesweite Materialien zur Kommunikation der neuen Regelungen gebeten. Die neue Verordnung gilt anders als bisherige Verordnungen nicht nur für einen Monat, sondern soll einen Basisschutz bis zum April 2023 gewährleisten. Sollte sich die Infektionslage verschlimmern und weitere Maßnahmen erfordern, so können diese über eine Änderung der Verordnung ergriffen werden. Nähere Informationen gibt es auf der Webseite des Landes unter www.niedersachsen.de/Coronavirus.

Regierungsentwurf für ein Bürgergeld-Gesetz (SGB II)

Das Bundeskabinett hat am 14. September 2022 den Entwurf für ein Bürgergeld-Gesetz beschlossen. Die weitgehend übereinstimmenden Gesamtbewertungen des Niedersächsischen Landkreistages und des Deutschen Landkreistages, wonach die systematische Reduzierung von Arbeitsanreizen deutlich zu kritisieren ist, bleiben aber auch in Ansehung des überarbeiteten Entwurfes unverändert. Der Jugend- und Sozialausschuss des NLT sieht mit Sorge, dass das bisherige Prinzip des „Fördern und Fordern“ als gesellschaftliches Gegenseitigkeitsprinzip faktisch in Frage gestellt wird. Im Vergleich zum vorhergehenden Referentenentwurf sind einige wesentliche Änderungen vorgenommen worden:

  • Enthalten ist die erwartete überarbeitete Fortschreibung der Regelbedarfe, die das Ziel hat, die Menschen auch in Krisenzeiten besser abzusichern.
  • Zwischen 520 und 1.000 Euro Einkommen sollen die Freibeträge auf 30 Prozent angehoben werden. Die Freibeträge für Schüler, Studierende und Auszubildende sollen zudem überprüft werden können.
  • Für den unübersichtlichen neuen Komplex des Kooperationsplan und der Vertrauenszeit sind erhebliche und komplexe Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf vorgesehen, die den Verwaltungsvollzug vor erhebliche Umsetzungsprobleme stellen.
  • Die Vermögensfreistellung jedweden Kraftfahrzeuges für jede erwerbsfähige Person ist von der Bundesregierung wieder eingesammelt worden. Nun soll es wieder „angemessenes Kraftfahrzeug“ heißen (was allerdings bereits vermutet wird, wenn es im Antrag erklärt wird).

Positiv an den Entwicklungen sind die Änderungen in Bezug auf die Freistellung von Kraftfahrzeugen. Die nun vorgeschlagene Regelung aus Kooperationszeit, Kooperationsplan und Vertrauenszeit ist allerdings nicht geprägt durch eine einfache und leicht verständliche Systematik – zumal unter Verwendung nicht trennscharfer Begrifflichkeiten –, und trägt letztlich zur Komplexitätssteigerung bei. Außerdem ist damit kein wirklicher qualitativer Mehrwert in Bezug auf die Möglichkeit von Leistungsminderungen verbunden. Auch fehlt weiterhin die Umsetzung der vertikalen Einkommensanrechnung und die Veränderung der Bedarfsbemessung für Regel- und Energiebedarfe. Die Kritik hinsichtlich der Karenzzeiten für die Kosten der Unterkunft und das Vermögen wurde ebenfalls nicht aufgenommen.

Damit bleibt die Gesamteinschätzung unverändert kritisch: Mit der Einführung eines unverbindlichen Kooperationsplans, einer sechsmonatigen Vertrauenszeit ohne Möglichkeit der Sanktionierung und einer zweijährigen Karenzzeit gestaltet der Entwurf eines BürgergeldGesetzes die Grundsicherung für Arbeitsuchende grundlegend um. Entgegen der Zielsetzung des Entwurfs, die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt stärker in den Mittelpunkt zu stellen, nähert sich das SGB II damit einem bedingungslosen Grundeinkommen. Arbeitsanreize werden systematisch reduziert. Dies lässt sich gegenüber Erwerbstätigen in unteren Einkommensgruppen nicht mehr erklären.

Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder

Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat die Geschäftsstelle des NLT über den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes informiert. Im Wesentlichen werden die Fristen der Gesetze um ein halbes Jahr verlängert. Hintergrund ist, dass der Gesetzesbegründung zufolge von den im Rahmen des laufenden 5. Investitionsprogrammes „Kinderbetreuungsfinanzierung“ gebundenen Bundesmitteln über 600 Millionen Euro noch nicht abgerufen worden sind. Ursächlich hierfür sind die hohe Ausbaudynamik sowie die Folgen der COVID 19 Pandemie und des Ukraine-Krieges, wie auch die flächendeckenden Schwierigkeiten bei den Bauplanungen, Ausschreibungen und der Bauausführung bzw. Fertigstellung der Vorhaben.

Elfte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat sehr kurzfristig den Entwurf für ein Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz (11. GWB-Novelle) übersandt. Mit dem Gesetzentwurf soll das Instrument der Sektoruntersuchung gestärkt werden und das Bundeskartellamt (BKA) künftig im Anschluss an eine solche Untersuchung strukturelle oder verhaltensbezogene Abhilfemaßnahmen bis hin zur eigentumsrechtlichen Entflechtung ergreifen können. Darüber hinaus sollen die Möglichkeiten zur Abschöpfung der durch Kartellrechtsverstöße erzielten Gewinne erleichtert werden. Für eine effektive Durchsetzung des europäischen „Digital Markets Act“ (DMA) werden dem BKA zudem entsprechende Ermittlungsbefugnisse eingeräumt und die Vorschriften zur Erleichterung der privaten Rechtsdurchsetzung in Kartellsachen für anwendbar erklärt.

Rechte fraktionsloser Abgeordneter: Erfolgreiches Organstreitverfahren

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat sich in einem Urteil vom 14. September 2022 (StGH 1/22) mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Antragssteller, ein fraktionsloser Abgeordneter des Niedersächsischen Landtags, durch die Verweigerung von Redezeit in einer Plenardebatte im Rahmen einer aktuellen Stunde durch den Antragsgegner, den Niedersächsischen Landtag, in seinen Abgeordnetenrechten verletzt wurde. Der Staatsgerichtshof stellte fest, dass der Antragsgegner den Antragssteller durch die Nichtzulassung der vom Antragsteller beantragten Redezeit in der aktuellen Stunde der Plenardebatte vom 14. Dezember 2021 in seinen Abgeordnetenrechten verletzt hat.

Der in § 49 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtags (GO LT) angelegte ausnahmslose Ausschluss von Redezeit fraktionsloser Abgeordneter in der aktuellen Stunde ist nach Ansicht des Staatsgerichtshofes verfassungswidrig. Zwar stünde dem Landtag grundsätzlich ein großer Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung seiner Geschäftsordnung zu (Art. 21 Abs. 1 NV), um seine Aufgabe der Sicherstellung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu erfüllen und einen Ausgleich zwischen kollidierenden Verfassungsgütern herzustellen. Allerdings unterstehe diese Ausgestaltungsfreiheit den Grenzen der Verhältnismäßigkeit.

Der durch die Regelung in § 49 Abs. 2 GO LT statuierte Eingriff in das Rederecht von fraktionslosen Abgeordneten sei vorliegend verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und somit verfassungswidrig. Es erfolge kein angemessener Ausgleich der betroffenen unterschiedlichen Interessen. Insgesamt sei eine Unterscheidung von Abgeordneten- und Fraktionsrechten möglich und eine damit einhergehende Ungleichbehandlung von fraktionslosen Abgeordneten und fraktionsangehörigen Abgeordneten zulässig, jedoch müsse dabei jedem einzelnen Abgeordneten ein Kernbestand an Mitwirkungsrechten verbleiben. Der Staatsgerichtshof erwähnt diesbezüglich eine Untergrenze von einer Minute und weist darauf hin, dass insbesondere bei mehreren Anträgen auf Redezeit von fraktionslosen Abgeordneten zur aktuellen Stunde auch Maßnahmen wie die Rotation, das Losverfahren oder die Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit erfolgen könnten, die eine überproportionale Berücksichtigung und Sichtbarkeit fraktionsloser Abgeordneter verhindern würden.

Änderung der Ersatzbaustoffverordnung: Entwurf einer Ersten Verordnung

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat den Entwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung der Ersatzbaustoffverordnung und der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zur Anhörung übersandt.

Die nach einem jahrelangen Diskussionsprozess im Rahmen der sog. Mantelverordnung geschaffene Ersatzbaustoffverordnung tritt am 1. August 2023 in Kraft. Durch die Ersatzbaustoffverordnung wird erstmalig die Herstellung und Verwertung von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken bundeseinheitlich geregelt. Mit der Änderungsverordnung sollen laut dem BMUV noch vor dem (erstmaligen) Inkrafttreten notwendige rechtliche Korrekturen und Klarstellungen für den Vollzug der Ersatzbaustoffverordnung umgesetzt werden.

Gleichzeitig soll laut dem BMUV durch die Änderungsverordnung eine im Rahmen des Verfahrens zur Mantelverordnung gefasste Entschließung des Bundesrates vom 6. November 2020 (BR-Drs. 587/20 (Beschluss) umgesetzt werden. Damals hatte der Bundesrat gefordert, dass die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) an die neuen Vorgaben der Ersatzbaustoffverordnung angepasst werden. Dies soll laut BMUV nun bis zum Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung durch die vorgesehene Änderung der AwSV geschehen.

Positionspapier zur Breitband- und Mobilfunkversorgung im ländlichen Raum

Im Jahr 2025 laufen die Nutzungsrechte für eine Reihe von Frequenzen für die Mobilfunknutzung aus. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) ein Positionspapier zum weiteren Vorgehen vorgelegt. Danach beabsichtigt die BNetzA, die Nutzungsrechte im Frequenzbereich 800 MHz bis Ende 2033 zu verlängern. Im Gegenzug sollen die Nutzungsrechte im Frequenzbereich bei 900 MHz vorzeitig beendet und gemeinsam mit weiteren Frequenzen versteigert werden. Als Vergabeverfahren schlägt die BNetzA erneut eine Versteigerung vor.

Zur Sicherung einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung will die BNetzA dabei nicht mehr nur auf Versorgungsauflagen, sondern auch auf innovative Versteigerungsverfahren setzen. So könne etwa erwogen werden, Gebote in Form von verbindlichen Versorgungszusagen zuzulassen. Des Weiteren könnten Gebote mit Investitionszusagen verbunden werden. Die Versteigerungserlöse kämen in diesem Fall nicht dem Bundeshaushalt zugute; vielmehr müssten sich die Unternehmen verpflichten, entsprechende Summen nachweislich in den Netzausbau zu investieren. Auch das seitens des Deutschen Landkreistages (DLT) bereits anlässlich der letzten Frequenzvergabe vorgeschlagene Modell einer Negativauktion wird in Betracht gezogen. Schließlich erwägt die BNetzA, das klassische Modell der Versorgungsauflage zu modifizieren, etwa dergestalt, dass der Erwerb einzelner Frequenzblöcke mit der Verpflichtung zur Versorgung konkreter weißer Flecken verbunden wird.

Erhöhung der Wegstreckenentschädigung

Das Niedersächsische Finanzministerium hat nach monatelangem Drängen nunmehr signalisiert, die Wegstreckenentschädigung im Reisekostenrecht wegen der stark gestiegenen Kraftstoffpreise anheben zu wollen, und zwar für die sog. kleine Wegstreckenentschädigung von 20 auf 25 Cent und für die große Wegstreckenentschädigung von 30 auf 38 Cent. Die Erhöhung soll allerdings nur befristet und über einen Runderlass gelten, und nicht durch Änderung der Reisekostenverordnung. Da gerade im ländlichen Raum für Dienstgeschäfte der ÖPNV oftmals nicht sinnvoll genutzt werden kann, haben wir in einer kurzfristigen Stellungnahme auf eine dauerhafte Regelung in der Verordnung selbst gedrungen und eine stärkere Erhöhung auf 30 bzw. 40 Cent wie in anderen Bundesländern üblich vorgeschlagen.