NLT-Aktuell – Ausgabe 42

DLT-Präsidium fordert grundlegenden politischen Neuanfang in Deutschland

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Bundestagswahl hat sich das Präsidium desDeutschen Landkreistages (DLT) mit der bedrohlichen Entwicklung der kommunalen Finanzen befasst. Bei der 315. Sitzung des Gremiums am 26. November 2024 in Wetzlar, LahnDill-Kreis, Hessen, ging es zudem um zahlreiche rechtspolitische Vorhaben, die möglicherweise in der kommenden Wahlperiode erneut aufgerufen werden. Das Präsidium forderteeinen grundlegenden politischen Neuanfang in Deutschland.

DLT-Präsident Landrat Achim Brötel fasste die Situation wie folgt zusammen: „Die Zahl derBaustellen ist inzwischen so groß, dass nur noch eine Generalsanierung hilft. Es muss endlich Schluss sein damit, dass der Gesetzgeber so tut, als ginge es ewig so weiter wie bisher.Wer meint, auch morgen und übermorgen noch ein Füllhorn von Wohltaten oder ein Fassneuer Vorschriften ausgießen zu können, muss zwingend auch sagen, wer das am Endeüberhaupt noch leisten und wer es vor allem bezahlen soll. Jeder Euro lässt sich nur einmalausgeben und jede Fachkraft nur einmal einsetzen.“ Dabei gebe es für die Landkreise zentrale Eckpunkte: So müssten insbesondere der kommunale Umsatzsteueranteil deutlich erhöht, die Bürokratielasten zurückgeführt, der Sozialstaat zukunftsfähig reformiert und dieSteuerung der Migration zurückgewonnen werden. „Wir müssen unseren Staat grundlegendneu ausrichten. Ein schlichtes ‚Weiter so‘ kommt nicht infrage.“

Dass vor allem der überbordende Sozialstaat einer grundlegenden Neuausrichtung bedarf,sei offenkundig, so der DLT-Präsident: „Die stetig wachsende Komplexität, die übergroßeBürokratie, die vielfach bereits zu einer schleichenden Entmündigung der Praxis durch dieblanke Theorie geführt hat, und die wechselseitigen Abhängigkeiten der verschiedenen Sozialleistungen haben ein kaum noch überschaubares Maß angenommen. Da sich eine Reform dieser Größe aber nicht ohne Weiteres im Handumdrehen erledigen lässt, sollte ausunserer Sicht – ähnlich dem Vorgehen bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe – in der neuen Legislaturperiode eine Fachkommission eingesetzt werden, in derBund, Länder und kommunale Spitzenverbände gemeinsam mit Experten aus Wissenschaftund Praxis strukturierte Lösungsvorschläge entwickeln. Das auf den Weg zu bringen, solltezum Regierungshandeln der ersten 100 Tage gehören.“

NLT-Präsident Prietz für RGRE-Präsidium nominiert

Das Präsidium des Deutschen Landkreistages (DLT) hat im Rahmen seiner Sitzung am26. November 2024 in Wetzlar den Präsidenten des Niedersächsischen Landkreistages(NLT), Landrat Marco Prietz, für den Hauptausschuss und als Landkreisvertreter für dasPräsidium der deutschen Sektion des Rates und der Gemeinden Europas (RGRE) für dieMandatsperiode 2025 – 2028 nominiert. Als stellvertretende Mitglieder des Hauptausschusses wurden Landrat Detlev Kohlmeier, Landkreis Nienburg, und Landrätin Anna Kebschull,Landkreis Osnabrück, erneut benannt. Die Wahlen der Gremien des RGRE finden im Rahmen der Delegiertenversammlung am 10. und 11. April 2025 in Jena statt.

Modellprojekt Regionale Versorgungszentren

Im Niedersächsischen Landtag fand am 28. November 2024 eine Anhörung zum Modellprojekt „Regionale Versorgungszentren“ statt. Konkret ging es um den Entschließungsantragder Koalitionsfraktionen „Regionale Daseinsvorsorge und Zusammenhalt in den ländlichenRäumen stärken – Erfahrungen aus dem Modellprojekt Regionale Versorgungzentren(RVZ) weiterentwickeln und landesweit ermöglichen“ (LT-Drs. 19/5085).

In ihrer schriftlichen Stellungnahme stellen die kommunalen Spitzenverbände fest, es falleihnen schwer, das bisherige Modellprojekt uneingeschränkt als Erfolgsmodell zu bewerten.Sie weisen zunächst auf die fehlende Zuständigkeit der Kommunen im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung hin. Sorge bereite, dass die Grundstruktur des medizinischen Versorgungszentrums zwar funktioniere, die Wirtschaftlichkeit aber bisher nur seltengegeben sei, was in manchen Projekten zu großen Herausforderungen führe und als zentraler Aspekt für den künftigen Erfolg oder Misserfolg eingeordnet werde. Im Einzelnen erwarten sie eine aktive Beteiligung der kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen an denmedizinischen Versorgungszentren mit Blick auf die vertragsärztliche Versorgung. Weiterhinterfragen sie, ob medizinische Versorgungszentren zwingend kommunal betrieben werden müssen. Die Kommunen sollten insoweit nicht mehr als geborene Träger von MVZ angesehen werden; bei einer Neuausrichtung der Förderung könnten dies auch Ärztinnen undÄrzte sein.

Schließlich fordern die kommunalen Spitzenverbände eine ausreichende finanzielle Förderung vor dem Hintergrund der dramatischen Defizite in den kommunalen Haushalten. Esmüssten sich neben der KVN auch das Land in größerem Maße an der Finanzierung einesregionalen Versorgungszentrums beteiligen. Schließlich wurde die Bündelung der Angeboteder Daseinsvorsorge an „gut erreichbaren Orten“ kritisch bewertet und die hilfreiche Arbeitder Geschäftsstelle Regionale Versorgungszentren betont.

Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat dem Deutschen Landkreistag (DLT) den Entwurfeiner Verordnung über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum21. Deutschen Bundestag übermittelt. Sollte der Bundespräsident den 20. Deutschen Bundestag auflösen, ist das BMI nach § 52 Abs. 3 Bundeswahlgesetz (BWG) ermächtigt, die imBWG und in der Bundeswahlordnung (BWO) bestimmten Fristen und Termine durchRechtsverordnung abzukürzen.

Der Verordnungsentwurf sieht eine Verkürzung der Fristen bei der Beteiligungsanzeige vonParteien an der Wahl (§ 18 BWG), bei der Einreichung von Wahlvorschlägen (§ 19 BWG),der Zulassung von Kreiswahlvorschlägen (§ 26 BWG) und der Zulassung von Landeslisten(§ 28 BWG) vor. Die verkürzten Fristen wurden nach Einschätzung des BMI so gewählt,dass den Parteien innerhalb des engen Zeitrahmens (Neuwahl innerhalb von 60 Tagen nachAuflösung des Bundestages, Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG) der größtmögliche zeitliche Vorlauffür ihre Wahlvorbereitungen eingeräumt wird, ohne die ordnungsgemäße Durchführung derWahl durch die Wahlorgane zu gefährden. Sie orientieren sich an den Fristen, wie sie in derVerordnung über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 16.Deutschen Bundestag vom 23. Juli 2005 geregelt waren. Seither eingetretene Rechtsänderungen wurden berücksichtigt. Für den Fall, dass der Bundespräsident wider Erwarten einenanderen Wahltag als den 23. Februar 2025 bestimmt, kündigt das BMI an, dass die Fristenentsprechend anders zu regeln wären. Vorgesehen ist eine Verkündung der Verordnungzeitgleich mit der Bekanntgabe der Auflösung des Deutschen Bundestages sowie der Anordnung des Wahltages durch den Bundespräsidenten.

Auslegung des Privilegierungstatbestandes für Agri-Photovoltaik

Der Landkreis Emsland hatte auf Bitte der Geschäftsstelle des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) das Bundeswirtschafts- sowie das Bundesbauministerium um einen Hinweis zur Auslegung des Privilegierungstatbestandes für Agri-Photovoltaikanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 9 lit. b) Baugesetzbuch (BauGB) gebeten. Es geht um die Frage, wie das vorgegebene Grundflächen-Maximum von 2,5 Hektar für eine solche Solaranlage konkret auszulegen ist. Die beiden federführend betroffenen Bundesministerien haben hierauf geantwortetund klargestellt, dass sich der Begriff der Grundfläche nach § 35 Abs. 1 Nr. 9 lit. b) BauGBauf den Gesamtumgriff der Anlage beziehe. Ein Rückgriff auf den Begriff der Grundflächeim Sinne des § 19 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) liege nicht nahe.

Die oberste Baubehörde beziehungsweise das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft,Verkehr, Bauen und Digitalisierung bestätigte der NLT-Geschäftsstelle, dass es diese vomBund vertretene Rechtsauffassung teilt. Diese Auslegung entspricht zudem dem von derFachkommission Städtebau beschlossenen Muster-Einführungserlass zum Gesetz zurStärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften(BauGBÄndG 2023 – Mustererlass) vom 13. März 2024.

Einkommensteuerrechtliche Freistellung des Existenzminimums 2024

Die Bundesregierung hatte den Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung desExistenzminimums 2024 in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 20/12783). Mit dem Gesetzentwurf sollten zu der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Freistellung desExistenzminimums 2024 die folgenden Maßnahmen umgesetzt werden:

Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags um 180 Euro auf11.784 Euro für den Veranlagungszeitraum 2024;
Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags um 228 Euro auf 6.612 Euro für den Veranlagungszeitraum 2024
Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz am 18. Oktober 2024 beschlossen. Mit dem Gesetz werden die nachstehenden Steuermehr- und -mindereinnahmen verbunden:

Der Bundesrat hat am 22. November 2024 abschließend dem Entwurf zugestimmt (BR-Drs.531/24). Gegenüber dem Regierungsentwurf hat sich nichts verändert. Das Gesetz kannnun ausgefertigt und verkündet werden. Es tritt rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft.

Herbstprognose 2024 der Europäischen Kommission

Am 15. November 2024 hat die Europäische Kommission ihre diesjährige Herbstprognoseveröffentlicht. Zu den Einzelheiten teilt der Deutsche Landkreistag mit:

„Mit Blick auf die gesamteuropäische Entwicklung kommt die Kommission darin zum Ergebnis, dass nach einer längeren Phase der Stagnation die Wirtschaft zu einem moderatenWachstum zurückkehrt und die Inflation weiter sinken wird. Für 2024 geht sie von einemBIP-Wachstum [Bruttoinlandsprodukt] von 0,9 Prozent in der EU und 0,8 Prozent im EuroWährungsgebiet aus. Die Wirtschaftstätigkeit 2025 soll sich in der EU auf 1,5 Prozent undim Euro-Währungsgebiet auf 1,3 Prozent beschleunigen; im Jahr darauf auf 1,8 Prozent(EU) beziehungsweise 1,6 Prozent (Euro-Währungsgebiet).

In der EU dürfte sich der Disinflationsprozess 2024 weiter verstetigen, von 6,4 Prozent imvergangenen Jahr auf 2,6 Prozent im Jahr 2024, 2,4 Prozent im Jahr 2025 und 2,0 Prozentim Jahr 2026. Die Arbeitslosenquote erreiche historische Tiefstände: Für das Gesamtjahr2024 wird eine Arbeitslosenquote von 6,1 Prozent in der EU prognostiziert, die anschließendweiter zurückgehen und in den Jahren 2025 und 2026 5,9 Prozent erreichen dürfte.

Für Deutschland rechnet die Kommission im laufenden Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 0,1 Prozent, nach einem Rückgang um 0,3 Prozent im Jahr 2023wäre dies das zweite Jahr in Folge mit negativem Wachstum. Für 2025 erwartet die Kommission einen Anstieg des deutschen BIP um 0,7 Prozent, für 2026 um 1,3 Prozent. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass die Inlandsnachfrage in den Jahren 2025 und 2026erneut die Haupttriebfeder des Wirtschaftswachstums sein wird. Die HVPI-Inflation [Harmonisierter Verbraucherindex] sank im Oktober 2024 auf 2,4 Prozent, nachdem sie im Oktober2022 mit 11,6 Prozent ihren Höchststand erreicht hatte, was vor allem auf fallende Energiepreise zurückzuführen ist.

Für das Jahr 2024 wird eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,4 Prozent erwartet, während für 2025 ein Rückgang auf 2,1 Prozent und für 2026 auf 1,9 Prozent prognostiziertwird. Der Rückgang der Energiepreise, die 2025 von einem erhöhten Niveau im Jahr 2024weiter sinken sollen, werde dabei maßgeblich zur Entlastung der Gesamtinflation beitragen.Ab 2026 dürften die Energiepreise aufgrund stabilisierter Großhandelspreise und CO2-Preisanpassungen die Inflation nicht mehr wesentlich beeinflussen. Gleichzeitig wird erwartet, dass die Teuerungsrate im Dienstleistungssektor, der den größten Beitrag zur Inflationleistet, aufgrund des anhaltenden Lohnwachstums im Prognosezeitraum nur geringfügignachlässt.“

Jahressteuergesetz 2024 – abschließende Zustimmung Bundesrat

Der Bundesrat hat am 22. November 2024 abschließend dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 zugestimmt (BR 529/24 [Beschluss]). Das Gesetz kann jetzt ausgefertigt undverkündet werden. Das Jahressteuergesetz tritt zu einem großen Teil am Tag nach der Verkündung in Kraft, zahlreiche Einzelregelungen zu anderen Daten.

Die sogenannte Optionsverlängerung bis Ende 2026 hinsichtlich der Umsatzbesteuerungder öffentlichen Hand findet sich in Art. 25 Nr. 24 (§ 27 Abs. 22a Umsatzsteuergesetz(UStG)). Die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG wird komplett neugefasst; der Freibetrag auf 25.000 Euro angehoben (Art. 24 Nr. 17).