NLT-Aktuell – Ausgabe 39
Rettungsdienst I: Telenotfallmedizin und stärkere Verzahnung
„Der kommunale Rettungsdienst in Niedersachsen ist hervorragend aufgestellt. Mit der Einführung der landesweiten Telenotfallmedizin und der stärkeren Kooperation zwischen Leitstellen und Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung sind die richtigen Weichenfür eine noch bessere Patientenversorgung in Niedersachsen gestellt“, erklärte die Niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens beim 5. kommunalen Rettungsdienstkongressdes Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Die Tagung fand am 4./5. November 2024 inSoltau statt und war mit über 120 Teilnehmenden ausgebucht.
„Die Veranstaltung zeigt: Die niedersächsischen Landkreise und die Region Hannover nehmen ihre Aufgabe als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes in Niedersachsenüberaus engagiert wahr“, erklärte Hubert Meyer, Geschäftsführendes Präsidialmitglied desNLT. „Gemeinsam mit unseren Partnern sind viele innovative Projekte bereits in der Praxisangekommen. Vor diesem Hintergrund sind die jüngsten Pläne des Bundesgesundheitsministers, den Rettungsdienst zu zentralisieren, wirklich völlig unverständlich“, fasste Meyerdie Stimmung zusammen.
Neben dem aktuellen Sachstand zur landesweiten Einführung der Telenotfallmedizin standvor allen Dingen die Stärkung der Kooperation von 112 und 116117, also dem Rettungsdienst und dem kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, im Zentrum des ersten Tages der Veranstaltung. Die unterschiedlichen Sichtweisen wurden diskutiert auf einer Podiumsdiskussion mit Innenministerin Behrens, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsens Thorsten Schmidt, der Ersten Kreisrätin desLandkreises Verden Regina Tryta, dem Allgemein- und Notfallmediziner Wolfgang Hagemann, sowie NLT-Geschäftsführer Joachim Schwind.
Bereits vor dem Gesetzentwurf des Bundes zur Reform der Notfallversorgung hatte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen gravierende Veränderungen im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst in Niedersachsen für nächstes Jahr angekündigt. Die kommunalen Vertreter äußerten ihre Sorge, dass der Rettungsdienst mit weiterhin stark steigenden Einsatzzahlen letztlich als einzig rund um die Uhr schnell ansprechbare Ressource der Gesundheitsversorgung weiterhin stark für Bagatellfälle gerufen werde und Lücken in der Hausärztlichen Versorgung ausgleichen müsse.
Rettungsdienst II: Notfallversorgung und Rettungsdienst im SGB V
Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat gegenüber dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zur Reform der Notfallversorgung mit den von den Koalitionsfraktioneneingebrachten Änderungsanträgen zur Reform der rettungsdienstlichen Regelungen imSGB V Stellung genommen. Insbesondere wurde die fehlende Gesetzgebungskompetenzdes Bundes moniert sowie zahlreiche weitere vorsehende Regelungen kritisiert. Zudem hatdie Hauptgeschäftsstelle des DLT gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz eine gemeinsame Stellungnahme zur Notfallreform des Bundes vorgelegt.
Der DLT hat seine schriftliche Stellungnahme wie folgt zusammengefasst: Das Papier derKoalitionsfraktionen des Bundestages verkenne die fehlende Gesetzgebungskompetenz,organisatorische und inhaltliche Vorgaben für den Rettungsdienst überhaupt zu normieren.Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit für den Rettungsdienst liege gemäß Art. 30, 70 GGbei den Ländern. Diese Zuständigkeit könne nicht durch eine überdehnte Interpretation derBundeszuständigkeit für das Sozialversicherungsrecht nach Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 12 GGüberspielt werden. Das Spannungsverhältnis zur Gesetzgebungskompetenz des Bundesfür das Sozialversicherungsrecht und damit auch für die Qualität der Leistungen dürfe nichteinseitig zu Lasten der Länderkompetenz ausgelegt werden.
Zweitens übersehe das Papier, dass es sich beim Rettungsdienst um einen Teil der Gefahrenabwehr mit engen Bezügen zum Brand- und Katastrophenschutz handele. Der Rettungsdienst bette sich ein in ein durch die Kommunen getragenes, integriertes System des Bevölkerungsschutzes mit den ehrenamtlichen Strukturen bei Feuerwehr und Katastrophenschutz. Die Zusammenarbeit werde insbesondere bei den Leitstellen deutlich, die der Bevölkerung unter der 112 die passgenaue Hilfe mit Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst verlässlich und schnell zur Verfügung stellten. Dieses gesamte bewährte System drohe in Folge der Vorschläge zu kippen. Das Papier nehme eine viel zu einseitigemedizinbezogene Betrachtung vor.
Ukrainische Generalkonsulin zu Gast beim Niedersächsischen Landkreistag
Die Generalkonsulin der Ukraine, Iryna Tybinka, war am 28. Oktober 2024 Gast beim Niedersächsischen Landkreistag (NLT). Im Verfassungs- und Europaausschuss des kommunalen Spitzenverbandes hat sie mit den Vertreterinnen und Vertretern der Landkreise dieLage der Menschen aus der Ukraine in Niedersachsen diskutiert. Sie schilderte einleitendeindrucksvoll die militärische Lage in der Ukraine und das Leid der Bevölkerung durch denrussischen Angriff. Vor dem dritten Winter des Krieges brachte sie die Sorge um die Infrastruktur, insbesondere die Energieanlagen zum Ausdruck. Sie dankte den niedersächsischen Landkreisen für ihren Einsatz zur Hilfe der vertriebenen Menschen und betonte dieFortschritte in der Integration der über 100.000 ukrainischen Menschen in Niedersachsen.Sie warb für weitere Unterstützung der Geflüchteten in Niedersachsen und in der Ukraine.
Die Solidarität mit der Ukraine ist in Niedersachsen ungebrochen. Zugleich ist die Betreuungder Vertriebenen bei den Dingen des täglichen Lebens, in Kitas und Schulen, bei der medizinischen Versorgung, bei der Integration in den Arbeitsmarkt eine Herausforderung für dieLandkreise. „Für die Einordnung und das gegenseitiges Verständnis war der Austauschheute wichtig“, so Detlev Kohlmeier, Landrat des Landkreises Nienburg und Vorsitzenderdes NLT-Verfassungs- und Europaausschusses. Dies ebne den Weg für pragmatische Lösungen und kreative Ideen, wenn konkrete Probleme zu lösen seien, beispielsweise bei derKinderbetreuung oder der beruflichen Qualifizierung.
Die Landkreise sind für die Aufnahme und Integration der durch den russischen AngriffskriegVertriebenen zuständig, sie kümmern sich um die Betreuung der knapp 110.000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit dem Überfall auf das Land am 24. Februar 2022 nach Niedersachsen gekommen sind. „Allein die Zahlen machen deutlich, wie wichtig der Austausch derGeneralkonsulin mit den niedersächsischen Landkreisen ist“, so NLT-HauptgeschäftsführerHubert Meyer abschließend.
Krankenhausreform: Diskussion mit Bundesgesundheitsminister Lauterbach
Offenbar infolge der massiven kommunalen Kritik fand auf Einladung von BundesministerKarl Lauterbach am 30. Oktober 2024 eine Videokonferenz statt, in der der aktuelle Standdes Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) sowie wesentliche Inhalteder Reform erörtert wurden. Für den Deutschen Landkreistag (DLT) haben VizepräsidentLandrat Ambrosy, Landkreis Friesland, und der zuständige Beigeordnete des DLT teilgenommen. Neben den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene waren etwa ein Dutzend Oberbürgermeister sowie als einziger weiterer Landrat der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) Marco Prietz, Landkreis Rotenburg (Wümme), eingeladen.
Bundesminister Lauterbach stellte die Vorzüge der Krankenhausreform aus seiner Sicht dar.Hierbei hob er vor allem die in den nächsten Jahren zur Verfügung stehenden Gelder, insbesondere den Transformationsfonds in Höhe von fünf Milliarden Euro, als wesentliche Errungenschaft auch zugunsten der kommunalen Ebene hervor.
NLT-Präsident Prietz zufolge haben die kommunalen Vertreter in der Aussprache mit demMinister die bekannten Kritikpunkte an der Reform vorgetragen, insbesondere im Hinblickauf den fehlenden Inflationsausgleich für die Jahre 2022/2023. Lauterbach habe hierzu sehreindeutig und unmissverständlich Stellung bezogen: Einen Ausgleich von Verlusten ausVorjahren sei aufgrund der Haushaltslage des Bundes und der Gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragserhöhung zum 1. Januar 2025) nicht möglich. Hier werde der Bund auchnicht mehr nachsteuern. Selbst eine möglicherweise andere Einigung in einem denkbarenVermittlungsverfahren mit dem Bundesrat werde am Ende in jedem Fall vom Bundesfinanzminister gestoppt.
Lauterbach habe vor der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat gewarnt. Ein solcher Schritt werde zu einem ungeplanten Krankenhaussterben führen und fürdie Kommunen als Träger wesentlich teurer. Die Krankenhausreform müsse zügig umgesetzt werden, da die Qualität der Krankenhausversorgung in Deutschland im internationalenVergleich kontinuierlich zurückfalle. Zudem bemerkte er, dass er der einzige Bundesministersei, der etwas für die finanzielle Entlastung der Kommunen tue. Dies mögen doch die kommunalen Spitzenverbände auch bei ihrer weiteren Positionierung berücksichtigen.
Faire Finanzierung der kommunalen Veterinärämter
„Die sofortige Schließung eines Schlachthofes nach Hinweisen auf gravierende Tierschutzverstöße zeigt, wie wichtig eine im ganzen Land gut aufgestellte kommunale Veterinärverwaltung ist. Wir vermissen aber weiter ein Signal des Landes, diesen wichtigen behördlichenAufgaben der Landkreise im Bereich des Tierschutzes und für die Sicherheit unserer Lebensmittel fair zu finanzieren. Dem politischen Bekenntnis zum Tierschutz müssen auchTaten folgen“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistaqes(NLT), Hubert Meyer, nach einer Sitzung des Ständigem Arbeitskreises Veterinärwesen vonNLT und Niedersächsischem Städtetag am 30. Oktober 2024.
Seit Anfang September haben die Landkreise und kreisfreien Städte die fachliche Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium bereits auf ein Mindestmaß reduziert. Dieinzwischen im Ministerium vorliegenden Überlastungsanzeigen und Bitten zur Priorisierungder Aufgabenflut bei fehlender Finanzierung der Veterinärämter hat das Landwirtschaftsministerium mit einem Standardschreiben abgetan. Zusagen für eine bessere Finanzierungfehlen bis heute.
„Die Stimmung heute war von Unverständnis geprägt, dass das Land weder für eine ausreichende Finanzierung, sorgt noch Standards reduzieren will. Wir erwarten nun umgehendSignale des Landes, wie das jährliche Defizit von 41 Millionen Euro abgebaut werden soll.Unsere Fachleute waren sich einig: Wenn es keine Lösung gibt, müssen wir ab Anfangnächsten Jahres Dienstleistungen reduzieren, die die Kundinnen und Kunden spüren werden. Wir planen in einer zweiten Stufe, den Service bei Dienstleistungen wie Beratungen,Abfertigungen von Tiertransporten, die Ausstellung von Exportzertifikaten sowie die Durchführung von Schlachttieruntersuchungen im Herkunftsbetrieb auf die normalen Dienstzeitenzu beschränken. Tierschutzkontrollen werden wir beispielsweise nur noch anlassbezogendurchführen können“, fasste der NLT-Hauptgeschäftsführer die Sitzung zusammen. WeitereMaßnahmen seien vorgeplant worden. Endgültig werde das NLT-Präsidium Anfang Dezember 2024 unter Eindruck der Ergebnisse der Haushaltsberatungen des Landes entscheiden.
Steuerschätzung I: Erwartungen im Vergleich zum Frühjahr korrigiert
Vom 22. bis 24. Oktober 2024 tagte der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ in seiner regulären Herbstsitzung. Verglichen mit der Steuerschätzung vom Frühjahr 2024 werden die Steuereinnahmen insgesamt im Jahr 2024 aufgrund der schwächeren Wirtschaftsleistung um- 8,7 Milliarden Euro niedriger ausfallen. Für den Bund ergeben sich dabei Mindereinnahmen von -3,4 Milliarden Euro, während die Gemeinden auf gegenüber der Frühjahrsschätzung um -0,6 Milliarden Euro nach unten korrigierte Steuereinnahmen blicken können. DieEinnahmen der Länder fallen voraussichtlich um -2,3 Milliarden Euro niedriger aus. Gemessen am Ist-Aufkommen 2023 bedeutet dies für alle Ebenen dann +2,8 Prozent oder+25,8 Milliarden Euro. Für die Kommunen ergeben sich – gemessen am Ist 2023 – um+3,6 Milliarden Euro (+2,5 Prozent) höhere und für die Länder um +9,5 Milliarden Euro (+2,5Prozent) höhere Einnahmen.
Die Prognose der mittelfristigen Steuereinnahmeerwartungen aller Ebenen für die Folgejahre 2024 bis 2028 wurden gegenüber der Frühjahrssteuerschätzung um insgesamt -58,1Milliarden Euro nach unten korrigiert. Die Erwartungen zu den kommunalen Steuereinnahmen für die Jahre 2024 bis 2028 wurden um insgesamt -2,7 Milliarden Euro reduziert.
Steuerschätzung II: Entwicklung kommunaler Finanzausgleich
Der Niedersächsische Finanzminister hat am 28. Oktober 2024 die Ergebnisse der Regionalisierung der Steuerschätzung für Niedersachsen der Öffentlichkeit vorgestellt. Er führt inder Presseerklärung aus, die aktuelle Schätzung schränke die Handlungsspielräume für diekommenden Jahre weiter ein. Dank umsichtiger und vorausschauender Finanzplanung würden in Niedersachsen die reduzierten Einnahmen in diesem und im nächsten Jahr ausgeglichen werden können. Ab 2026 erhöhe sich aber durch diese Prognose die Notwendigkeitzur Haushaltskonsolidierung deutlich.
Für den kommunalen Finanzausgleich ergeben sich rechnerisch folgende Veränderungenim Vergleich zur mittelfristigen Planung und der Schätzung in den Orientierungsdaten (inMillionen Euro):
Das Finanzministerium hat zwischenzeitlich mitgeteilt, dass für das Jahr 2024 wegen einesRechenfehlers die negative Steuerverbundabrechnung voraussichtlich acht Millionen Eurohöher ausfällt und damit mit insgesamt -100 Millionen Euro prognostiziert wird. Diese erwarteten Mindereinnahmen im kommunalen Finanzausgleich des Jahres 2024 werden nach dergesetzlichen Regelung bei den Finanzausgleichsleistungen 2025 berücksichtigt. Hierdurchbeträgt die voraussichtliche Minderung im Jahr 2025 insgesamt -246 Millionen Euro. Allerdings waren im Orientierungsdatenerlass des Innenministeriums bereits 36 Millionen Euronegative Steuerverbundabrechnung berücksichtigt.
Es bleibt gleichwohl gegenüber den Daten im Orientierungsdatenerlass bei einem Rückgang von weiteren 210 Millionen Euro. Insoweit ist anders als im Orientierungsdatenerlassprognostiziert nicht von einer Steigerung von -1,8 Prozent im kommunalen Finanzausgleichdes nächsten Jahres auszugehen, sondern von einem Rückgang in etwa von 2 Prozent(Prognose von 5.508 Millionen Euro für 2025 inklusive Steuerverbundabrechnung 2024 undrechnerischer Finanzausgleichsumlage von 25 Millionen Euro).
Landesfinanzen: Stabilitätsbericht Niedersachsen 2024
Die Niedersächsische Landesregierung hat am 15. Oktober 2024 den Stabilitätsbericht Niedersachsen 2024 beschlossen und den Landtag unterrichtet (LT-Drs. 19/5578). In seinerZusammenfassung kommt das Land wie im Vorjahr zu dem Ergebnis, es könne hinsichtlichder Kennziffern zur aktuellen Haushaltslage und zur Finanzplanung und zur Projektion der mittelfristigen Haushaltsentwicklung sowie zur Einhaltung der Schuldenbremse die Anforderungen des Stabilitätsrates ebenso wie die verfassungsrechtlichen Vorgaben erfüllen.Eine Haushaltsnotlage drohe nicht. Nach dem Überwachungsverfahren zur Einhaltung derSchuldenbremse ergebe sich bei beiden Komponenten – der landeseigenen Schuldenbremse und dem harmonisierten Analysesystem – keine Auffälligkeit.
Die kommunalen Spitzenverbände hatten bereits im Rahmen der Anhörung zum Landeshaushalt auf die Schieflage zwischen einer immer noch soliden Finanzierung des Landeshaushalts und den zunehmenden Defiziten auf kommunaler Ebene hingewiesen. Der Stabilitätsbericht bestätigt diesen Befund.
Fortschreibung des Wohngeldes zum 1. Januar 2025
Das Wohngeld wird mit Wirkung zum 1. Januar 2025 fortgeschrieben. Eine entsprechendeVerordnung der Bundesregierung wurde im Bundesgesetzblatt verkündet. Nach den Berechnungen der Bundesregierung sollen durch die Fortschreibung des Wohngeldes im Jahr2025 rund 1,9 Millionen Empfängerhaushalte Wohngeld beziehen können. Die Fortschreibung führt 2025 für die bestehenden Wohngeldhaushalte zu einer durchschnittlichen Erhöhung des Wohngeldes um rund 30 Euro pro Monat (+15 Prozent). Dadurch soll sichergestellt werden, dass das nach Wohnkosten verbleibende verfügbare Einkommen der Wohngeldhaushalte dieselbe reale Kaufkraft besitzt wie zum Zeitpunkt der Wohngeld-Plus-Reform zum 1. Januar 2023. Von der Wohngelderhöhung profitieren laut diesen Simulationsrechnungen im Jahr 2025 rund 1,9 Millionen Haushalte. Darunter sind etwa 255.000 Haushalte, die durch die Fortschreibung des Wohngeldes erstmals oder wieder einen Wohngeldanspruch erhalten.
Es profitieren vor allem drei Gruppen:
- Die bisherigen Wohngeldhaushalte, die im Jahr 2025 auch ohne Anpassung Wohngeldbeziehen (rund 1,6 Millionen Haushalte).
- Sogenannte „Hereinwachserhaushalt“, deren Einkommen bislang die Grenzen für einenWohngeldanspruch überschritten haben und die aufgrund der Fortschreibung desWohngeldes 2025 erstmals oder wieder wohngeldberechtigt werden (rund 190.000Haushalte).
- Sogenannte „Wechslerhaushalte“, die zuvor Leistungen nach dem SGB II oder nachdem SGB XII bezogen haben (rund 65.000 Haushalte).
Windenergie: Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Habeck
Das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU(sogenannte RED III-Richtlinie) und die darin vom Bund noch weiter vorangetriebene (Super-)Privilegierung des Repowerings stellen eine Gefahr für einen geordneten und panvollen Ausbau der Windenergie dar. Dadurch wird die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung leiden. Angesichts dieser Entwicklung hat sich das Geschäftsführende Präsidium desNiedersächsischen Landkreistages (NLT) mit einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gewandt. Darin verlangt das NLT-Präsidium, von der geplanten 5H-Regelung Abstand zu nehmen sowie ausdrücklich im Gesetz zu verankern, dass das sogenannte Herausrepowern nicht statthaft ist. Die Konferenz der Landkreise und kreisfreienStädte im Bezirk Weser-Ems hat sich parallel mit dem gleichen Anliegen an den Bundeswirtschaftsminister gewandt.
Viertes Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen
Das vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie derVerwaltung von Bürokratie (BEG IV) wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es tritt weitgehend am 1. Januar 2025 in Kraft. Mit dem Gesetz werden Formerfordernisse im Zivilrechtabgesenkt, Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht verkürzt sowie für deutsche Staatsangehörige die Hotelmeldepflicht abgeschafft.
Die Bundesregierung erwartet finanzielle Entlastungen der Wirtschaft in Höhe von 944 Millionen Euro pro Jahr. Für die Verwaltung werden Entlastungen in Höhe von 73,7 MillionenEuro erwartet. Das Gesetz ist aus Sicht der Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Landkreistages nur bedingt kommunalrelevant und erschöpft sich in Einzelregelungen, die dem Anspruch eines umfassenden Ansatzes zum Bürokratieabbau nicht gerecht werden, sondernStückwerk bleiben.
Weiterentwicklung der Digitalisierung in der Migrationsverwaltung
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat dem Deutschen Landkreistagden Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Digitalisierung in der Migrationsverwaltung (Migrationsverwaltungsdigitalisierungsweiterentwicklungsgesetz – MDWG) übermittelt. Der Entwurf sieht insbesondere vor, dass einmal erhobene biometrische Daten füreinen Zeitraum von zehn Jahren für die Neuausstellung von elektronischen Aufenthaltstitelnverwendet werden können.
Darüber hinaus sollen die Ausländerbehörden Zugriff auf die im Visumsverfahren gespeicherten Daten und Unterlagen erhalten. Zur besseren Identifizierung von Ausländerinnenund Ausländern sollen zusätzliche Speichertatbestände im Ausländerzentralregister (AZR)geschaffen werden. Der Informationsaustausch zwischen Leistungs- und Ausländerbehörden soll um Informationen zu Leistungskürzungen ergänzt werden. Im Asylbewerberleistungsgesetz ist eine Klarstellung vorgesehen.
GEMA-Gebühren für ehrenamtliche Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat am 29. Oktober 2024 per Pressemitteilung über den Abschluss eines Pauschalvertrags mit der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) informiert. Durch denVertrag werden gemeinnützige, mildtätige sowie kirchliche Vereine und Organisationen inNiedersachsen künftig von der Zahlung von GEMA-Gebühren für bestimmte Veranstaltungen entlastet.
Demnach übernimmt das Land Niedersachsen ab dem 1. November 2024 die GEMA-Gebühren für bis zu vier Musikveranstaltungen pro Jahr und pro Verein, sofern die entsprechenden Veranstaltungen ordnungsgemäß gemeldet wurden. Dafür werden im laufendenJahr Haushaltsmittel in Höhe von knapp 167.000 Euro bereitgestellt; ab dem Jahr 2025 stehen jährlich bis zu eine Million Euro zur Verfügung. Von dieser Maßnahme ausgenommensind niedersächsische Sportvereine, die im Landessportbund (LSB) organisiert sind, da siebereits durch eine separate Regelung zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund(DOSB) und der GEMA von der Gebührenpflicht befreit sind.
Sachgerechte Verteilung der Netzentgelte
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat die Festlegung zur Verteilung der Mehrkosten in Netzen aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiensowie eine Übersicht der betroffenen Netzbetreiber veröffentlicht. Ziel der Neuregelung istes, die energiewendebedingten Kosten des Netzausbaus künftig gleichmäßiger auf alleNetznutzer zu verteilen und die Gebiete des ländlichen Raums, in denen besonders vielStrom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, zu entlasten.
Referentenentwurf für ein „Vergabetransformationspaket“
Zu dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für ein„Vergabetransformationspaket“ haben die kommunalen Spitzenverbände kritisch Stellunggenommen. Sie haben betont, dass das Vergaberecht spürbar vereinfacht werden müsse.Der Entwurf enthalte begrüßenswerte Ansätze, die allerdings nicht substantiell genug seien.
Nachdrücklich abgelehnt haben die kommunalen Spitzenverbände die Vorschläge zu einerverbindlicheren Vorgabe ökologischer und sozialer Kriterien, da sie unzulässig in die Beschaffungsautonomie der Kommunen (und Länder) eingreifen und die Rechtssicherheit öffentlicher Vergaben gefährden. Kritisch wurde zudem darauf hingewiesen, dass die EUKommission eine Überarbeitung der EU-Vergaberichtlinien angekündigt hat und dass dasGesetzespaket deshalb vorerst zurückgestellt werden sollte, um zu vermeiden, dass derRechtsrahmen binnen kurzer Frist erneut angepasst werden muss.
Bundesverfassungsgericht entscheidet zum BAföG
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die sogenannte Grundpauschale bei Leistungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG), deren Höhe als zu gering angegriffen war, für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Mittellose Hochschulzugangsberechtigte könnten sich nicht auf einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf staatliche Leistungen zur Ermöglichung eines Studiums berufen. Es berühre nicht die Menschenwürde, wennzur Vermeidung von Bedürftigkeit einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit nachgegangenwerden muss.
Der Deutsche Landkreistag kommentiert das Urteil wie folgt: Das Gericht stelle in dem einstimmig ergangenen Beschluss klar, dass es keinen subjektiven verfassungsrechtlichen Anspruch mittelloser Hochschulzugangsberechtigter auf staatliche Leistungen zur Ermöglichung eines Studiums gebe. Die Bemessung der Grundpauschale sei nicht an dem Rechtauf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1 Abs. 1 GGi. V. m. dem Sozialstaatsprinzip zu messen, wie es bei den existenzsichernden Leistungendes SGB II und des SGB XII der Fall ist. Es berühre nicht die Menschenwürde, wenn zurVermeidung von Bedürftigkeit einer existenzsichernden Ausbildung oder beruflichen Tätigkeit nachgegangen werden muss. Auch Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz oder dieBerufsfreiheit sieht das Gericht nicht. Es bekräftigt, dass der Staat in diesem Ausbildungsbereich für ausreichend soziale Durchlässigkeit sorge.