NLT-Aktuell – Ausgabe 37
Nach Bundestagsbeschluss zur Krankenhausreform. Es kommt auf Länder an
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach jüngst verkündete Einigung mit denKoalitionsfraktionen zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hatbeim Niedersächsischen Landkreistag (NLT) zu Entsetzen geführt: „Wir können es nichtfassen. Für die seit 2022 aufgelaufenen Defizite gibt es weiter keinerlei Lösung zum Ausgleich von Inflation und Tarifkostensteigerungen. Das ist unerträglich und gefährdet dieKrankenhausversorgung in ganz Niedersachsen“, erklärte NLT-Präsident Marco Prietz am9. Oktober 2024 in einer Pressemitteilung. Er verwies auf die hohen finanziellen Belastungen der Kliniken und die Verantwortung des Bundes für die Finanzierung der Betriebskosten: „Der Bund muss die aufgelaufenen Defizite ausgleichen und darf sich nicht weiter aufdie Kommunen verlassen, die ihre Häuser jeweils mit Millionenbeträgen stützen.“
Der NLT-Präsident appellierte vor der Entscheidung am gestrigen 17. Oktober 2024 an alleniedersächsischen Bundestagsabgeordneten aus Niedersachsen, dem Gesetz nicht ohneLösung der Betriebskostenfrage zuzustimmen. „Viele Krankenhäuser werden diese Reformsonst nicht mehr erleben“, so Prietz. NLT-Vizepräsident Sven Ambrosy ergänzte: „Der Appell des Landkreistages geht auch an die Landesregierung: Das Land darf im Bundesratdem Gesetzentwurf zur Krankenhausreform ohne Tarif- und Inflationsausgleich nicht zustimmen. Andernfalls erwarten wir vom Land eine mindestens hälftige Beteiligung am kommunalen Defizitausgleich für die Krankenhäuser.“
Nach der Verabschiedung des KHVVG in der gestrigen Sitzung des Bundestages kommtes nun umso mehr auf die Haltung der Länder im Bundesrat an. Die Sitzung ist für den 22.November 2024 terminiert. Das NLT-Präsidium hatte am 2. Oktober 2024 beschlossen, alleLandkreise um Beratung von Resolutionen zur dramatischen Lage der Krankenhäuser vorOrt zu bitten. Mittlerweile hat sich auch der Deutsche Landkreistag (DLT) dieser Vorgehensweise angeschlossen und fordert die Landkreise in den anderen Flächenländern auf, sichmit vergleichbaren Resolutionen an die Landesregierungen zu wenden.
Rettungsdienst: Reform der Regelungen im SGB V
In der vergangenenWoche ist ein internes Papier des Bundesgesundheitsministeriums(BMG) mit Datum 4. Oktober 2024 bekannt geworden; es enthält die von der Koalition geplanten Inhalte einer Reform der rettungsdienstlichen Regelungen im SGB V. Diese sollennach den bisher bekannten Überlegungen in Form von Änderungsanträgen in die Notfallreform eingebaut werden. Insbesondere die vorgesehene Regelungstiefe der „MedizinischenNotfallrettung“ und die Errichtung einer Qualitätsausschusses Notfallrettung sind deutlich zukritisieren.
In einem neuen § 30 SGB V soll die medizinische Notfallrettung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung verankert werden. Diese soll unter anderem eine Definition des„Rettungsdienstlichen Notfalls“ sowie eine Gliederung in drei große Leistungsbestandteile(Notfallmanagement, notfallmedizinische Versorgung und Notfalltransport) enthalten. Zudem ist in einem neuen § 133b SGB V die Errichtung eines „Qualitätsausschusses Notfallrettung“ vorgesehen. Hierin sollen acht Mitglieder, davon vier von der gesetzlichen Krankenversicherung und vier von den Ländern benannte Vertreter, mitwirken. In einem neuen§ 133c SGB V sind die Aufgaben des neuen Ausschusses beschrieben. Er soll einen Katalog von Empfehlungen zu Struktur- und Prozessqualitätsparametern für Notfallmanagement, Notfallbehandlungen und Notfalltransport beschließen und Mindestinhalte beziehungsweise eine genauere Beschreibung des Katalogs vornehmen. Weitere neue Regelungen betreffen die digitale Notfalldokumentation und Fragen der Datenübermittlung zur Qualitätssicherung.
Das Papier verkennt die fehlende Gesetzgebungskompetenz, organisatorische und inhaltliche Vorgaben für den Rettungsdienst überhaupt zu normieren. Die verfassungsrechtlicheZuständigkeit für den Rettungsdienst liegt bei den Ländern (gemäß Art. 30, 70 GG). Diesekann nicht durch eine überdehnte Interpretation der Bundeszuständigkeit für das Sozialversicherungsrecht überspielt werden. Zudem übersieht das Papier, dass es sich beim Rettungsdienst um einen Teil der Gefahrenabwehr mit engen Bezügen zum Brand- und Katastrophenschutz handelt. Die vorgesehenen Regelungen gefährden damit die ehrenamtlichen Strukturen beim Rettungsdienst, der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz aufkommunaler Ebene. Es nimmt eine einseitig medizinbezogene Betrachtung vor.
Der Niedersächsische Landkreistag hat wegen dieser Reformbestrebungen, wie berichtet,das Bündnis „Rettet den Rettungsdienst 2.0“ initiiert. Nähere Informationen finden sich unter https://www.nlt.de/rettungsdienst.
Windenergie: Gesetzesvorhaben sind Gefahr für Planung und Akzeptanz
Die gesetzlichen Regelungen zum Windenergieausbau ändern sich permanent. Derzeit sindauf Bundesebene parallel eine Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB) sowie die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III-Richtlinie) im Gesetzgebungsverfahren. Damit sind auch Gefahren für eine geordnete Energiewende sowie die Akzeptanzdes Ausbaus der Windenergie verbunden. Diese ergeben sich insbesondere aus den vorgesehen Vorschriften für das sogenannte Repowering, also den Ersatz alter Windkraftanlagen durch neue, leistungsstärkere Anlagen.
In Kreisen der Windenergiewirtschaft und darüber hinaus hat sich nämlich die Rechtsauffassung verbreitet, dass das schon jetzt gesetzlich in hohem Maße privilegierte Repoweringvon Windenergieanlagen auch für solche Anlagen gelte, die in Vorrang- beziehungsweiseWindenergiegebieten liegen – obgleich mit dem zugrundeliegenden Plan die Außenbereichsprivilegierung ausgeschlossen und gegebenenfalls das gesetzlich vorgegebene(Teil-)Flächenziel nach dem Windflächenbedarfsgesetz bereits erreicht ist.
Auf Initiative des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) wollte die NiedersächsischeLandesregierung das Verfahren zur Umsetzung der RED III-Richtlinie im Bundesrat nutzen,um dieses sogenannte Heraus-Repowern aus Vorrang- beziehungsweise Windenergiegebieten bundesrechtlich auszuschließen. Damit sollte der Vorrang einer geordneten und geplanten Energiewende gewährleistet werden. Dem Antritt der Niedersächsischen Landesregierung ist der Bundesrat jedoch nicht gefolgt. Im Gegenteil schlägt der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzesvorschlag der Bundesregierung zur Umsetzung der REDIII-Richtlinie dem Bundestag sogar vor, den Umkreis für ein Repowering im Rahmen des§ 245e BauBG auf das Fünffache der Gesamthöhe der neuen Anlage (5H) zu erhöhen, dasbetroffene Gebiet also potenziell erheblich zu vergrößern.
In Anbetracht dieser Entwicklung hat sich der Landkreis Emsland jüngst an seine örtlichenBundestagsabgeordneten gewandt und unter anderem mit einem erklärenden Foliensatzeine Visualisierung der möglichen Folgen für seinen Planungsraum vorgenommen. DieseInformationen hat die NLT-Geschäftsstelle in Abstimmung mit dem Landkreis Emsland nunmehr allen niedersächsischen Landkreisen zur Verfügung gestellt; sie können somit bei Bedarf auch in anderen Landesteilen an regionale Bundestagsabgeordnete herantreten. Dieimmer weiter fortschreitende (Super-)Privilegierung des Repowerings darf nicht dazu führen, dass Planungen faktisch funktionslos werden.
Wolf: EU-Regierungen stimmen Herabstufung des Schutzstatus zu
Der Ausschuss der Ständigen Vertreterinnen und Vertreter der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten hat den Antrag der Europäischen Kommission angenommen, den Schutzstatusdes Wolfes in der Berner Konvention von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzustufen.Die deutsche Bundesregierung stimmte dem Antrag ebenfalls zu. Die Änderung der BernerKonvention als völkerrechtlicher Vertrag ist Voraussetzung, damit die Reduzierung desSchutzstatus zunächst auf europäischer Ebene und dann auch im nationalen Recht nachvollzogen werden kann.
Es ist nunmehr zu erwarten, dass der Ständige Ausschuss der Berner Konvention die Absenkung des Schutzstatus am 2. Dezember 2024 beschließt. Der Deutsche Landkreistag(DLT) unterstützt weiterhin die Absenkung des Schutzstatus und hat in einem Schreiben anBundesumweltministerin Steffi Lemke für die Zustimmung der Bundesregierung zum Antragder Kommission gedankt, aber auch seine Forderung erneuert, die Herabstufung desSchutzstatus des Wolfs konsequent zu verfolgen.
Hinweisgebermeldestellengesetz: Betrauung des Innenministeriums
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport (MI) hat ein Muster für eine Verwaltungsvereinbarung über die Betrauung eines Dritten mit den Aufgaben der internen Meldestelle übermittelt. Die Verwaltungsvereinbarung kann bei Bedarf nunmehr von Kommunen mit dem MI abgeschlossen werden. Das Niedersächsische Hinweisgebermeldestellengesetz (NHinMeldG) regelt in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, dass Kommunen und Beschäftigungsgeber eine geeignete staatliche interne Meldestelle im Geschäftsbereich des MI als Drittenim Sinne des § 14 des Hinweisgeberschutzgesetzes des Bundes mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauen können. Ferner hatte das MI für die Kommunen, die eigeneMeldestelle einrichten möchten, Hinweise übermittelt.
Die nunmehr übermittelte Musterverwaltungsvereinbarung regelt die näheren Modalitätender Beauftragung durch die Kommunen, insbesondere die Aufgabenübertragung, dieGrundsätze der Zusammenarbeit sowie zur Unabhängigkeit und Vertraulichkeit.
Nationaler Normenkontrollrat legt Jahresbericht 2024 vor
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat seinen Jahresbericht 2024 veröffentlicht mit demTitel: „Gute Gesetze. Digitale Verwaltung. Weniger Bürokratie. Momentum nutzen, Wirkungsteigern“. Erstmals seit 2019 verzeichnet der NKR einen Rückgang des laufenden Erfüllungsaufwands der Wirtschaft um 433 Millionen Euro. Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung hingegen bleibt weiterhin hoch und ist deutlich, um 821 Millionen Euro, angestiegen.
Als unabhängiges Kontroll- und Beratungsgremium zieht der NKR im Jahresbericht Bilanzzu den geprüften Gesetzentwürfen der Bundesregierung, zu Bürokratieabbau, bessererRechtsetzung und Digitalisierung der Verwaltung im Berichtszeitraum Juli 2023 bis Juni2024. Angemahnt werden eine praxistaugliche Gesetzgebung, die Berücksichtigung deskommunalen Vollzugswissens sowie die Einhaltung angemessener Fristen. Die Forderungen des NKR sind in weiten Teilen zu begrüßen. Aus Sicht des Deutschen Landkreistageslösen die sogenannten Dresdner Forderungen (Übernahme von Pflichtaufgaben durch Bundund Länder zum Zwecke einer Fokussierung auf „originäre Aufgaben“) allerdings nicht daszentrale Problem der materiellen Aufgabenüberlast und überbordenden Standarddichte aufallen föderalen Verwaltungsebenen.
Mit Blick auf die im Bericht dargestellten 60 Vorschläge des NKR wird die Bundesregierungaufgefordert, noch in dieser Legislaturperiode die kommunal bedeutsamen Vorschläge aufzugreifen und umzusetzen. Positiv zu bewerten sind beispielsweise Vorschläge zu einerRechtswegverkürzung bei national bedeutsamen Infrastrukturvorhaben, Pauschalierungenund Bagatellgrenze im Verwaltungsvollzug insbesondere den Sozialbüchern sowie die digitale Kommunikation zum Regelfall zu machen. Abzulehnen sind dagegen pauschale Forderungen nach Genehmigungsfiktionen oder vorläufige Entscheidungen bei „unklarer Sachlage“.
Naturschutzstiftung des Landkreises Emsland Sieger bei „Bach im Fluss“
Die Gewinner im Niedersächsischen Gewässerwettbewerbs „Bach im Fluss“ 2024 stehenfest. Am 30. September 2024 haben Umweltminister Christian Meyer und der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindesbundes (NSGB), Dr. MarcoTrips, die Preisträger bekannt gegeben. Sieger des Wettbewerbs und damit Gewinner der„Bachperle“ in der Kategorie „Hauptamt“ wurde die Naturschutzstiftung des LandkreisesEmsland für die Herstellung einer dynamischen Bachaue und eines naturnahen Gewässerabschnitts für die Mittelradde. In der Kategorie „Ehrenamt“ freuten sich die die Fliegenfischerder Naturschutzgemeinschaft Nordheide e.V. mit dem Beitrag „Wiederherstellen der natürlichen Funktionen der Este durch Maßnahmen – Revitalisierung“ über den Gewinn derBachperle.
Der Sonderpreis der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung wurde an die Interessengemeinschaft Holzen vergeben. Ausschlaggebend war die Eigeninitiative und Beharrlichkeit,mit der die Holzener Bürgerinnen und Bürger das heimische Fließgewässer ökologisch aufgewertet haben. Zusätzlich wurde in diesem Jahr der Sonderpreis der Jury „für Mut undTechnik“ an den Mittelweserverband und die Gemeinde Hoyerhagen für die Renaturierungdes Hauptkanals in Hoyerhagen vergeben.
Der Wettbewerb „Bach im Fluss“ fand zum achten Mal statt. Er wird vom NiedersächsischenMinisterium für Umwelt, Energie und Klimaschutz in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens ausgerichtet. Für den aktuellenWettbewerb waren 29 Beiträge von haupt- und ehrenamtlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Kommunen, Verbänden und Vereinen eingegangen.