NLT-Aktuell – Ausgabe 30
Wohngeld-Plus I: Verordnung über Zuständigkeiten
Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung(MW) hat der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände den Verordnungsentwurf über Zuständigkeiten auf den Gebieten Gesundheit und Soziales (Zust-VO-GuS)aus Anlass des Wohngeld-Plus-Gesetzes im Wege der Verbandsbeteiligung ohne weitereAusführungen übersandt. Der Begründung zufolge sollen mit der Änderung der Zust-VOGuS die infolge des Wohngeld-Plus-Gesetzes und des Gesetzes zur Anpassung desZwölften und Vierzehnten Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze erfolgten Änderungendes Wohngeldgesetzes übernommen werden. Dazu erfolgt ausschließlich die Anpassungdes derzeitigen Verweises in § 7 ZustVO-GuS auf die neueste Fassung des Wohngeldgesetzes.
Durch diese Änderung der ZustVO-GuS sollen keine unmittelbaren Kosten und haushaltsmäßigen Auswirkungen entstehen. Damit wird völlig ausgeblendet, dass erst durch dieseÄnderungsverordnung die Aufgaben der Kommunen um das sogenannte Wohngeld-PlusGesetz erweitert werden. Hierzu ist das Land nach Art. 57 Abs. 4 der NiedersächsischenVerfassung zu einem Kostenausgleich verpflichtet.
Wohngeld-Plus II: Kostenerstattung muss fair geregelt werden
Mehr als 35 Millionen Euro Verwaltungskosten pro Jahr verursacht das seit 2023 geltendesogenannte Wohngeld-Plus bei den niedersächsischen Kommunen. Sie setzen im Auftragdes Landes die vom Bund beschlossene Reform der Wohnkostenzuschüsse für Haushaltemit geringem Einkommen um. Das Landeskabinett hat am 6. August 2024 eine förmlicheZuständigkeitsregelung im Entwurf beschlossen, ohne dass die Finanzierung der Verwaltungskosten der Kommunen einvernehmlich geklärt ist.
Anlässlich der Kabinettsentscheidung erklärte der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages, Landrat Sven Ambrosy, in einer Pressemitteilung: „Wir müssen darauf bestehen, dass das Land den gesamten zusätzlichen Verwaltungsaufwand der Kommunendurch die Reform des Bundes vollständig erstattet. Das Ziel des neuen Wohngeld-Pluskonnte erreicht werden: Viele einkommensschwache Haushalte wurden bei den stark gestiegenen Energie- und Wohnkosten unterstützt. Der Härtefallfonds des Landes wurde daher nicht gebraucht, sodass das Land Einsparungen an dieser Stelle hat.“
Die Kommunen hätten eine präzise Übersicht über den Aufwand zur Umsetzung derWohngeld-Reform, erläuterte Ambrosy weiter. Bis Ende 2023 mussten durch die Reformmehr als 400 Stellen bei den 183 Wohngeldbehörden besetzt werden. Angekündigt seienim Zusammenhang mit dem Landeshaushalt 2025 aber nur teilweise Erstattungen. „Bundund Land belasten die Kommunen mit immer mehr Aufgaben, ohne sie ausreichend auszustatten. Wir erwarten, dass die Landesregierung die nachgewiesenen Kosten der Kommunen ab 2023 vollständig ohne jedes Wenn und Aber erstattet“, so Ambrosy.
Geschäftsbericht des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg 2023
Der Präsident des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) Dr. Frank-ThomasHett hat am 1. August 2024 den Geschäftsbericht über die Geschäftslage der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jahr 2023 veröffentlicht. Als wesentliche Erkenntniskonstatiert der Geschäftsbericht, dass trotz der weiteren Zunahme von asylrechtlichenVerfahren bei den niedersächsischen Verwaltungsgerichten im vergangenen Jahr durchden überobligatorischen Einsatz der Beschäftigten ein Abbau der vorhandenen Gesamtbestände um mehr als elf Prozent und eine Verringerung der Verfahrensdauer von Asylklageverfahren um zirka sechseinhalb Monate gelungen sei.
Gleichzeitig sei es jedoch aufgrund der seit über einem Jahrzehnt bestehenden Überlastungssituation zu einer weiteren Zunahme der Laufzeiten allgemeiner Klageverfahren auf17 Monate gekommen. Der zu erwartende weitere Anstieg der Zahl gerichtlicher Asylverfahren dürfe zudem eine Reduzierung der Verfahrenslaufzeiten zusätzlich erschweren.Vor diesem Hintergrund begrüße es der OVG-Präsident, dass die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit ab dem Jahr 2024 mit 15 zusätzlichen Richterstellen ausgestattetwerde, wobei er kritisch anmerkt, dass diese, wie bereits 42 bestehende Stellen, teils aufwenige Jahre befristet seien, was bei den Verwaltungsgerichten zu Verunsicherungenführe. Erfreulich sei die gelungene Einführung der elektronischen Gerichtsakte e²A amNiedersächsischen Oberverwaltungsgericht im Herbst 2023, mit der bis zum Jahresende2024 bei allen niedersächsischen Verwaltungsgerichten gearbeitet werde.
Ausgaben der Sozialhilfe 2023
Das Statistische Bundesamt hat die Statistik zu den Sozialhilfeausgaben für das Jahr 2023vorgelegt. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 17,6 Milliarden Euro netto für Leistungennach dem SGB XII ausgegeben. Dies ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 18 Prozent. Das Statistische Bundesamt führt den Anstieg teilweise darauf zurück, dass 2022 dieAusgaben für die Hilfe zur Pflege als Folge der Pflegereform stark gesunken waren unddamit die Sozialhilfeausgaben insgesamt niedriger lagen.
Die Nettoausgaben der Leistungen 2023 und die Veränderungsraten lauten wie folgt:
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – 10,1 Milliarden Euro (+ 14,5 Prozent)
- Hilfe zum Lebensunterhalt – 1,5 Milliarden Euro (+ 16,4 Prozent)
- Hilfe zur Pflege – 4,5 Milliarden Euro (+ 27,4 Prozent)
- Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeitensowie Hilfe in anderen Lebenslagen – 1,6 Milliarden Euro (+ 17,9 Prozent)
Zur Hilfe zur Pflege ist anzumerken, dass die Ausgaben im Vorjahr um 26 Prozent zurückgegangen waren, da die Pflegeversicherung seit 1. Januar 2022 Leistungszuschläge zusätzlich zu den Leistungsbeträgen je nach Verweildauer im Pflegeheim zahlt. 2023, alsonur ein Jahr später, sind die Ausgaben für die Hilfe zur Pflege fast wieder auf dem Niveaudes Vorvorjahres 2021, als 4,7 Milliarden Euro verausgabt worden waren. Dies zeigt, dassunbeschadet der Leistungsverbesserungen der Pflegekassen die Gesamtausgaben für diePflege ungebremst ansteigen.
Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 2023
Das Statistische Bundesamt hat die amtliche Statistik zu den Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Jahr 2023 vorgelegt. Danach betrugen die Bruttoausgaben nach dem AsylbLG im Jahr 2023 6,29 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr, indem 6,48 Milliarden Euro verausgabt worden waren, ist dies eine Abnahme um 2,9 Prozent. Beim Vergleich mit dem Vorjahr ist der sogenannte Rechtskreiswechsel der Geflüchteten aus der Ukraine zu berücksichtigen, die bis zum Sommer, spätestens Herbst 2022Leistungen des AsylbLG erhielten und sodann in das SGB II wechselten. Sie fallen seitdem höchstens vorübergehend unter das AsylbLG.
Rund 80 Prozent der AsylbLG-Ausgaben im Jahr 2023 wurden für Regelleistungen(Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG, sogenannte Analog-Leistungen) erbracht. 20 Prozent entfielen auf besondere Leistungen, die in speziellen Bedarfssituationen wie Krankheit, Schwangerschaftoder Geburt gewährt werden, auf Arbeitsgelegenheiten (§ 5 AsylbLG) und sonstige Leistungen (§ 6 AsylbLG).
Die Veränderungsraten im Vergleich zum Vorjahr sind zwischen den Bundesländern sehrunterschiedlich. In Niedersachsen gingen die Ausgaben von 661,0 Millionen Euro im Jahr2022 auf 596,8 Millionen Euro in 2023 zurück (-9,7 Prozent).
Kreisumlage 2024
Das Landesamt für Statistik Niedersachsen hat dem Niedersächsischen Landkreistag dieTabelle mit den Umlagegrundlagen der Landkreise 2024 (Stand: 1. Juli 2024) übersandt.Die Tabelle zeigt, dass von den niedersächsischen Landkreisen beziehungsweise der Region Hannover elf ihren Kreisumlagesatz erhöht, einer diesen gesenkt und 25 keine Änderungen vorgenommen haben. Drei Landkreise erheben eine Mehr- oder Minderbelastungbei der Kreisumlage wegen unterschiedlicher Aufgabenwahrnehmung bei den Kindertagesstätten im jeweiligen Gebiet.
Der gewogene landesdurchschnittliche Kreisumlagesatz ist insgesamt gegenüber demVorjahr um 0,7 Prozent-Punkte auf 45,8 Prozent-Punkte gestiegen. Das Umlagesoll stieg2024 gegenüber dem Vorjahr um rund 205 Millionen Euro auf 4.922 Millionen Euro.
Zielsteuerung im SGB II
Nach starker Kritik seitens des Deutschen Landkreistages (DLT) und der Länder hat dasBundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mitgeteilt, dass es von einer gesetzlichen Änderung zur Schaffung einer Verordnungsermächtigung für die Ausgestaltung derZielsteuerung im SGB II Abstand nehmen will (vgl. NLT-Aktuell 29/2024 vom 5. August2024, S. 5). Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) hatte am 1. August 2024 auf derGrundlage zahlreicher Stellungnahmen seiner Mitglieder umfassend gegenüber dem DLTund dem Niedersächsischen Arbeitsministerium Stellung genommen. Das niedersächsische Arbeitsministerium hatte in seiner Stellungnahme vom 2. August 2024 ebenfalls deutlich ablehnend Stellung genommen, auf den bisher geltenden Beratungsweg im Bund-Länder-Ausschuss verwiesen und sich nachdrücklich für Transparenz eingesetzt. Mit der Aufgabe des Vorhabens einer Rechtsverordnung ist nur ein Teil der Kritik ausgeräumt. Ungelöst ist weiterhin die Forderung nach umfassender Transparenz über die Weiterentwicklung und die Änderung und Ausgestaltung der Zielsetzungen.
Studie zur Übersterblichkeit während der Corona-Pandemie in Europa
Eine Studie des deutschen Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung und des französischen Instituts für demografische Studien zur Übersterblichkeit während der Corona-Pandemie zeigt große regionale Unterschiede innerhalb Europas auf. Deutschland schneidetrelativ gut ab, wobei die Übersterblichkeit im Jahr 2021 in den ostdeutschen Bundesländern deutlich höher war als in den meisten westdeutschen Bundesländern. Dies wird unteranderem auf das höhere Durchschnittsalter zurückgeführt. Die Studie zeigt zugleich, dasssich die Pandemie von der Stadt auf das Land ausbreitete.
Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie
Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der ErneuerbareEnergien-Richtlinie der Europäischen Union (Renewable Energy Directive – RED III) inden Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie beschlossen. Zentrales Elementdes Gesetzentwurfs ist die Ausweisung von sogenannten Beschleunigungsgebieten fürWindenergieanlagen an Land sowie für Solarenergieanlagen einschließlich zugehörigerEnergiespeicher, die im Baugesetzbuch und Raumordnungsgesetz geregelt werden soll.Damit sollen Vorhaben innerhalb dieser Gebiete in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren nach den neuen Bestimmungen im Windenergieflächenbedarfsgesetz genehmigt werden können.
Im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses hatte der Deutsche Landkreistag gemeinsam mitdem Deutschen Städte- und Gemeindebund eine Stellungnahme zu dem Entwurf eingereicht. Darin wurden erhebliche Bedenken zum Einfluss der neuen Vorschriften auf die ohnehin bereits komplexen Regelungen und laufende Ausweisungsverfahren nach demWindBG zum Ausdruck gebracht. Außerdem wurde auf Flächennutzungskonflikte, Mehraufwände in den Behörden, kurze Fristsetzungen, unklare Begrifflichkeiten, dasRepowering und verschiedene offene Fragen zu den einzelnen Regelungen eingegangen.
Beschleunigung von Geothermieanlagen
Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene haben eine Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern eingereicht. Darin werden insbesondere Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Wasserressourcen geäußert und eine Erlaubnisfreiheit von einzelnen Wärmepumpen kritisiert. Die Annahme einer Entlastung der Verwaltungdurch die vorgeschlagenen Vorschriften wird nicht geteilt.
Verbändeschreiben zur Transformation der Gasnetzinfrastruktur
Der Deutsche Landkreistag hat gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, dem Verband kommunaler Unternehmen und demBundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft ein Schreiben zur Transformation derGasnetzinfrastruktur an die Energieminister der Länder gerichtet. Darin wird unter anderem auf notwendige Rechtsänderungen sowie die Weiternutzung und -entwicklung von bestehenden Netzinfrastrukturen eingegangen.
Importstrategie der Bundesregierung für Wasserstoff
Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag ihre Unterrichtung zur „Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate“ vorgelegt (BT-Drs. 20/12410). Darin kommtzum Ausdruck, dass Deutschland ein Großteil des nationalen Wasserstoffbedarfs mittelund langfristig durch Importe aus dem Ausland wird abdecken müssen. Damit würdeDeutschland künftig weltweit zu den größten Wasserstoffimporteuren zählen.
Ziel der Bundesregierung sei es vor diesem Hintergrund, eine zuverlässige Versorgung mitgrünem, auf Dauer nachhaltigem Wasserstoff und seinen Derivaten zu gewährleisten. Umden notwendigen raschen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen, beziehe die Importstrategie auch kohlenstoffarmen Wasserstoff und seine Derivate in die Bedarfsdeckung mit ein.Die Importstrategie solle Orientierung und Klarheit über die übergeordneten Ziele undRahmenbedingungen, den deutschen Importbedarf an Wasserstoff und Derivaten sowieden Aufbau von Wasserstoffpartnerschaften und -importrouten schaffen.
Bundesnetzagentur stellt Antrag für Wasserstoff-Kernnetz zur Konsultation
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat den endgültigen Antrag der Fernnetzbetreiber für einWasserstoff-Kernnetz zur Konsultation gestellt. Insgesamt sieht der Antrag Maßnahmenmit einer Leitungslänge von 9.666 km vor, welche zu rund 60 Prozent auf Umstellungenbestehender Erdgasleitungen basieren. Die zu erwartenden Investitionskosten belaufensich auf 19,7 Milliarden Euro.
Der Antragsentwurf steht, nebst seinen Anlagen sowie weiterer Informationen unterhttps://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Wasserstoff/Kernnetz/start.html zum Download bereit.
Bedarfszuweisungen für finanzschwache Kommunen
Das Land Niedersachsen gewährt 32 besonders finanzschwachen und überdurchschnittlichhoch verschuldeten Kommunen Bedarfszuweisungen in Höhe von insgesamt 74,3 MillionenEuro. Laut Mitteilung des Niedersächsische Ministeriums für Inneres und Sport vom 19. Juli2024 bekommen die Bedarfszuweisungen ausschließlich Kommunen, die die eigene Konsolidierungsbereitschaft in überzeugender Weise unter Beweis gestellt haben. Die Höhe beläuft sich im Einzelnen auf Beträge zwischen 200.000 Euro und 7,5 Millionen Euro.
Aus den Reihen der Landkreise erhalten die Landkreise Helmstedt (6,08 Millionen Euro),Hameln-Pyrmont und Holzminden (jeweils 7,5 Millionen Euro) und Lüchow-Dannenberg(4,12 Millionen Euro) finanzielle Mittel. Bei den kreisfreien Städten fließen jeweils 7,5 Millionen Euro an Salzgitter und Wilhelmshaven. Der Rest entfällt auf verschiedene kreis- undregionsangehörige Gemeinden.