NLT-Aktuell – Ausgabe 14

Gutachten zur Verfassungskonformität der geplanten Krankenhausreform 

Die Gesundheitsministerien der Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hatten bei Prof. Ferdinand Wollschläger (Universität Augsburg) ein Gutachten zur Verfassungskonformität der Reform der Krankenhausplanung beauftragt. Basis war die dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung „Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ (vgl. NLT-Aktuell 40/2022). Das Gutachten liegt mit Datum vom 17. April 2023 vor. Es enthält folgende Kernaussagen: 

1. Das Grundgesetz sehe keine umfassende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gesundheits- oder Krankenhauswesen vor. Es bestünden nur punktuelle Bundeszuständigkeiten, namentlich für die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze sowie für die Sicherung der Sozialversicherung. Die Krankenhausplanung sei den Ländern zugewiesen, was die Reichweite der genannten Kompetenzen des Bundes beschränke. Den Ländern müssten eigenständige und umfangmäßig erhebliche Planungsspielräume verbleiben, gerade auch für legislative, abstrakt generelle Rahmensetzung. 

2. Auch aus diesen Gründen bestehe keine Zuständigkeit des Bundes für die Umsetzung der Empfehlungen der Regierungskommission, da diese die Planungsbefugnis der Länder übermäßig beschneiden würden. Dabei sei unerheblich, dass nicht unmittelbar Vorgaben für die Krankenhausplanung, sondern Vergütungsregelungen getroffen werden sollten. Den letzteren komme erhebliche Planungsrelevanz zu. 

3. Zur Realisierung der Krankenhausreform bestünden verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Mittels einer Vergütungsregelung unter Verzicht auf die Planungshoheit übermäßig beschneidende Strukturvorgaben ließen sich wichtige Anliegen realisieren, namentlich die Fehlanreize beseitigende Umstellung von einer reinen leistungs- und mengenorientierten Vergütung auf eine Kombination aus leistungsabhängiger Vergütung und Vorhaltefinanzierung. Ebenso sei eine landesautonome Umsetzung des Reformvorschlags möglich, wobei eine landesübergreifende Koordinierung im Wege eines Staatsvertrags und eine Abstimmung mit dem Bund möglich sei. 

Verlängerung Antragsfrist für den DigitalPakt Schule – Windhundverfahren 

Für Niedersachsen stehen den Schulen insgesamt rund 465 Millionen Euro aus dem DigitalPakt Schule zur Verfügung. Davon wurden den Schulträgern nach aktuellem Stand rund 297 Millionen Euro bewilligt. Dies entspricht einer Quote von rund 64 Prozent. Zirka 168 Millionen Euro Fördermittel sind noch verfügbar. Das niedersächsische Kultusministerium (MK) hat kurzfristig mitgeteilt, die Antragsfrist für den DigitalPakt Schule zu verlängern und nachgeschaltet ein sogenanntes Windhundverfahren anzuschließen, um den Abfluss der im Förderprogramm noch vorhanden Mittel zu beschleunigen. Damit reagiert das MK auf die seit 2022 wiederholt vorgetragenen Forderung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände. 

Die Antragsfrist wird zunächst bis zum 30. Juni 2023 verlängert. Damit können Schulträger über die bisherige Frist Mitte Mai 2023 hinaus Anträge auf die ihnen ursprünglich zugesicherten Fördersummen bei der entsprechenden Bewilligungsbehörde stellen. Ab dem 1. Juli 2023 können zudem alle Schulträger– auch diejenigen, die ihr Budget bereits ausgeschöpft haben – Anträge stellen, solange noch Restmittel vorhanden sind. Die Förderanträge auf die Restmittel sind so rechtzeitig zu stellen, dass sie bis zum 15. Mai 2024 bewilligt werden können. Somit erfolgt ab dem 1. Juli 2023 die weitere Vergabe der dann noch vorhandenen Restmittel ausschließlich nach dem Windhundverfahren. 

Aktionsprogramm Kommune – Frauen in die Politik 

Die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) führt zum zweiten Mal das vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend geförderte „Aktionsprogramm Kommune – Frauen in die Politik“ durch. Ziel des Programms ist es, den Anteil von Frauen in den kommunalen Vertretungskörperschaften sowie den Anteil haupt- und ehrenamtlicher Landrätinnen und Bürgermeisterinnen zu erhöhen. Für die zweite Periode wurden zehn Kommunen bzw. Zusammenschlüsse von Kommunen ausgewählt, ganz überwiegend Landkreise. 

Das Programm wird von der EAF in Kooperation mit dem Deutschen LandFrauenverband durchgeführt und u.a. vom Deutschen Landkreistag unterstützt. Das Programm beinhaltet regionale und bundesweite Aktivitäten zur Motivation, zum Empowerment und zur Vernetzung von Frauen. Durch konkrete Beratungsangebote und überregionalen Erfahrungsaustausch will es auch die Rahmenbedingungen für die kommunalpolitische Partizipation von Frauen verbessern. Nähere Einzelheiten dazu können der Homepage des Projektes entnommen werden; Projekthomepage www.frauen-in-die-politik.com

Auch in der zweiten Periode des Programms haben sich erneut zahlreiche Landkreise, Städte und Gemeinden beworben. Als Teilnehmer ausgewählt wurden aus Niedersachsen die Landkreise Cloppenburg und Vechta. 

Nachfolgeprozess 2. Flüchtlingsgipfel: Ergebnisbericht 

Der Ergebnisbericht der nach dem 2. Flüchtlingsgipfel eingerichteten Arbeitsgruppen ist vorgelegt worden. Im Einzelnen führt der Deutsche Landkreistag (DLT) hierzu aus: Der DLT war in jeder der vier Arbeitsgruppen durch Vertreter der Hauptgeschäftsstelle beteiligt. In Cluster 2 lag die Leitung beim Stellvertreter des Hauptgeschäftsführers des DLT, Dr. Kay Ruge. Die Zwischenergebnisse der Cluster wurden mit Vertretern der Landesverbände sowie von diesen benannten Praktikern aus den Kreisverwaltungen rückgekoppelt. Die Ergebnisse sollen in die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit Bundeskanzler Scholz am 10. Mai 2023 eingebracht werden. 

In Cluster 1 ging es um Fragen der Unterbringung, der Verteilung und der Finanzierung. Alle Länder und alle Kommunalen Spitzenverbände haben sich auf folgende Forderungen geeinigt: Die Bundesbeteiligung an den Kosten soll zum 4-Säulen-System zurückkehren (Asylpauschale, 100%-Refinanzierung der fluchtinduzierten KdU, Integrationspauschale und Beteiligung an den Kosten für UMA). Die Bundesbeteiligung soll verstetigt und dynamisiert werden. Die Höhe der einzelnen Säulen ist dabei entsprechend der Kostensteigerung deutlich gegenüber den Werten aus 2021 zu erhöhen. Berücksichtigt werden müssen die fluchtbezogenen Kosten der Kommunen im SGB XII. Die Systemumstellung soll rückwirkend ab 2022 greifen und für Asylbewerber, Kriegsflüchtlinge und die legale Migration gelten. Der Bund hat demgegenüber eine Neuverhandlung der Bundesbeteiligung abgelehnt und darauf verwiesen, dass sich seine Haushaltslage in den letzten Jahren verschlechtert, die der Länder und Kommunen hingegen verbessert habe. 

Cluster 2 hat sich vor dem Hintergrund der derzeit außerordentlich hohen Belastung der Ausländerbehörden vor allem damit beschäftigt, aufenthaltsrechtliche Vorschriften und Prozesse zu identifizieren, durch deren Änderung zeitnah eine Entlastung der Ausländerbehörden erreicht werden kann. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit den Ländern und dem Bund ein Zielbild für die Digitalisierung des Ausländerwesens erarbeitet und – nur gemeinsam mit den Ländern – Erwartungen an eine bessere Einbindung der kommunalen Spitzenverbände in aufenthaltsrechtliche Gesetzgebungsprozesse. Zu den vorgeschlagenen Änderungen mit einem besonders hohen Entlastungspotenzial gehören Änderungen im Visumverfahren. Eine deutliche Entlastung der Ausländerbehörden wird sich auch dadurch ergeben, dass die Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis für subsidiär Schutzberechtigte auf drei Jahre verlängert wird (§ 26 Abs. 1 AufenthG). 

Cluster 3 hat mit den Themen Integration, Arbeitsmarktintegration, Maßnahmen für Kitas und Schulen, Sprachkurse ein besonders weit gefasstes Arbeitsprogramm. Entsprechend kleinteilig sind auch die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen, die Gegenstand des Abschlussberichtes geworden sind. Seitens des DLT ist in den Beratungen immer wieder betont werden, dass die Ressourcenknappheit als limitierender Faktor zu berücksichtigen sei, auf den – etwa durch Standardabbau bspw. bei der Kindertagesbetreuung – reagiert werden müsse. Von den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden gefordert – vom Bund aber nur zum Teil zugesagt – wurden insbesondere Verbesserungen im Bereich der Integrations- und Erstintegrationskurse sowie der Migrationsberatung. 

In Cluster 4 war auffällig, dass der Bund zwar alle Forderungen der Länder und Kommunen in den Abschlussbericht aufgenommen, seinerseits aber kaum Zugeständnisse gemacht hat. So waren sich nahezu alle Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände darin einig, dass es eines unverzüglichen und umfassenden Maßnahmenpakets zur nachhaltigen Begrenzung irregulärer Migration bedarf. Dazu sind an den EU-/Schengen-Außengrenzen kurzfristig wirksame Grenzschutzmaßnahmen zu ergreifen. Des Weiteren sind Asylverfahren im Transitbereich der EU einzuführen. Darüber hinaus ist die Liste der sicheren Herkunftsstaaten, insbesondere im Hinblick auf Georgien, Marokko, Algerien und Tunesien zu erweitern, um den Anwendungsbereich der Flughafenverfahren zu erhöhen und die Asylverfahren zu beschleunigen. Betont wurde auch, dass das teilweise dysfunktionale Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) in seiner bisherigen Form die Beschränkung illegaler Migration nach Deutschland erschwere, wie die umfängliche Sekundärmigration zeigte. 

Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer 

Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände haben erneut gemeinsam mit der Freien Wohlfahrtspflege über die aktuelle Lage bei der Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (umA) und die weiteren Perspektiven beraten. Hierzu informiert der Deutsche Landkreistag (DLT) wie folgt: 

Der Bund berichtete, dass sich derzeit 28.946 umA in Deutschland aufhalten (Stand: 24. April 2023), wobei davon 20.791 tatsächlich minderjährig sind, 8.155 sind (inzwischen) junge Volljährige. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine am 24. Februar 2022 ist die Zahl um 11.300 gestiegen, wobei die Zahl der ukrainischen unbegleiteten Minderjährigen sich aufsummiert auf 4.520 Personen beläuft. Dabei ist davon auszugehen, dass viele nicht mehr in Deutschland sind, weil sie entweder weitergereist oder in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Deren Zahl ist aber nicht bekannt. 

Die Vertreter der Länder haben im Detail unterschiedlich, aber überwiegend von einem leichten Rückgang der Zahlen der umA berichtet. Insoweit handelt es sich um eine leichte Entspannung, die aber auch angesichts der allgemeinen Lage bei der Betreuung von Flüchtlingen nicht als Entwarnung gesehen werden kann. Die Hauptgeschäftsstelle hat in der Sitzung unterstrichen, dass die Lage vor Ort sich weiter angespannt darstelle. Die unverändert hohe Zahl an umA binde zusätzliche Ressourcen, die beispielsweise in der Heimerziehung oder anderen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ebenso gebraucht würden. Zudem stellt sich wie insgesamt bei der Flüchtlingsproblematik weiterhin die Unterbringungssituation die Kommunen vor besondere Herausforderungen. 

Arbeitsgruppe „Inklusives SGB VIII“ 

Entsprechend der Zielstellung aus dem Koalitionsvertrag hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eine Arbeitsgruppe „Inklusives SGB VIII“ eingerichtet, die seit Herbst 2022 tagt. Ziel ist es, in einem breiten Beteiligungsprozess die Grundlagen für ein Bundesgesetz zu legen, mit dem der Auftrag aus dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) zur Gesamtverantwortung der Kinder- und Jugendhilfe auch für behinderte Kinder und Jugendliche umgesetzt wird. 

Die Zusammenführung der Kinder mit Behinderungen in der Kinder- und Jugendhilfe ist am 16. Januar 2023 in der 269. Sitzung des Jugend- und Sozialausschuss des NLT thematisiert worden. Der Ausschuss hat noch einmal bekräftigt, dass er die Zusammenfüh- rung in der Kinder- und Jugendhilfe wegen der dortigen Ansätze der Sozialraumorientierung und Unterstützung als fachlich richtig erachtet. Es müsse jedoch für die damit verbundenen finanziellen Verwerfungen eine sachgerechte Lösung gefunden werden. 

Seit Beginn der Arbeitsgruppe „Inklusives SGB VIII“ im Herbst 2022 auf Bundesebene hat die vorbereitende Arbeitsgruppe des DLT „Reform des SGB VIII“, bestehend auf den Vertreterinnen und Vertretern die Landesverbände, im April 2023 erstmals wieder stattgefunden. Die Geschäftsstelle des NLT bringt sich aktiv in den Prozess beim DLT ein. 

Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes 

Mit der Pflegevorausberechnung kombiniert das Statistische Bundesamt Annahmen über die zukünftige Bevölkerungsentwicklung mit Annahmen zur Pflegequote der nächsten Jahrzehnte. Dazu werden Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Daten der Pflegestatistik 2017 – 2021 zusammengespielt. Es handelt sich nicht um Prognosen, sondern um „Wenn-Dann-Aussagen“, die zeigen, wie sich die Bevölkerung und deren Struktur unter bestimmten Annahmen verändern werden. 

Die Pflegevorausberechnung 2022 – 2070 bereitet die Zahlen deutschlandweit sowie für die einzelnen Bundesländer auf. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird danach allein durch die zunehmende Alterung bis 2055 von rund 5,0 Millionen Ende 2021 auf etwa 6,8 Millionen im Jahr 2055 ansteigen (+ 37 Prozent). Dabei werden bereits 2035 etwa 5,6 Millionen (+ 14 Prozent) erreicht. Nach 2055 sind keine starken Veränderungen mehr zu erwarten, da die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1950er- und 1960er-Jahren, die sogenannten Babyboomer, dann durch geburtenschwächere Jahrgänge im höheren Alter abgelöst werden. 2070 dürfte die Zahl der Pflegebedürftigen bei etwa 6,9 Millionen liegen, wie die Pflegevorausberechnung in einer Variante mit konstanten Pflegequoten zeigt. 

Die Ergebnisse der Vorausberechnung zeigen deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Bei konstanten Pflegequoten ist bis Ende 2055 der geringste relative Anstieg der Pflegebedürftigen in Sachsen-Anhalt (+ sieben Prozent) und in Thüringen (+ neun Prozent) zu erwarten. Die stärksten relativen Anstiege stehen in Bayern (+ 56 Prozent) und in Baden-Württemberg (+ 51 Prozent) an. Für Niedersachsen wird bis Ende 2055 mit einem Anstieg der Pflegebedürftigen in Höhe von 38 Prozent gerechnet. Dies liegt knapp über den bundesweiten Durchschnittswert. 

Überarbeitung der De-minimis-Verordnung für DAWI 

Die EU-Kommission führt bis zum 1. Juni 2023 eine Konsultation zu ihrem neuen Entwurf einer De-minimis-Verordnung für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) durch. Die EU-Kommission sieht darin eine Erhöhung des Schwellenwertes auf 650.000 Euro innerhalb von drei Jahren sowie die Einführung eines verpflichtenden Registers für De-minimis-Beihilfen vor. 

Die EU-Kommission hatte zuvor bereits eine Konsultation zur Überprüfung der bisher geltenden Verordnung durchgeführt. Auf Initiative des Deutschen Landkreistages hatte die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände Stellung genommen. Darin haben die Verbände eine deutliche Erhöhung der Schwellenwerte auf 1,5 Millionen Euro gefordert, um sicherzustellen, dass die Prüf- und Verwaltungskosten für Förderungen der kommunalen Gebietskörperschaften in angemessenem Verhältnis zum erwarteten Nutzen stehen. 

Ferner lehnen die Verbände die Einführung eines verbindlichen Registers für DAWI-Deminimis-Beihilfen ab, da sich die Praxis der Eigenerklärungen in Deutschland bewährt hat und ein erhöhter bürokratischer Mehraufwand bei den Beihilfegebern befürchtet wird. Eine Beteiligung der Landkreise wird empfohlen. Eingaben zu dem Entwurf können bis zum 1. Juni 2023 mit dem Betreff „HT.6507 Reply from a public authority“ per E-Mail gemacht werden an COMP-F3-PUBLIC-CONSULTATION@ec.europa.eu. 

Bekämpfung von Geflügelpest und Afrikanischer Schweinepest 

Die Europäische Union hat die Delegierte Verordnung (EU) 2023/751 der Kommission vom 30. Januar 2023 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 zu Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Tierseuchen erlassen. Mit dieser Verordnung wird eine Forderung des NLT-Präsidiums für eine neue Bekämpfungsstrategie bei der Geflügelpest in Teilen umgesetzt. 

Bisher sah die Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 vor, dass die zuständige Behörde um den betroffenen Betrieb oder Ort eine Sperrzone der Verordnung einrichten muss. Die zuständige Behörde konnte bisher von der Einrichtung einer Sperrzone nur absehen, wenn eine Seuche der Kategorie A an ganz bestimmten Orten (z.B. Brütereien) ausbricht. Durch die neue Delegierten Verordnung (EU) 2023/751 wird ferner ergänzt, dass Kleinbetriebe mit bis 50 in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln zukünftig generell als Ort gelten, bei dem von der Einrichtung einer Sperrzone abgesehen werden kann. 

Weitere Änderungen betreffen Ausnahmen von den Verbringungsverboten für Tiere und Erzeugnisse in den Schutz- bzw. Überwachungszonen, die Verbringung von Junglegegeflügel aus Betrieben in den Schutz- bzw. Überwachungszonen, den Maßnahmenbeginn nach der Durchführung einer vorläufigen Reinigung und Desinfektion und die Wiederbelegung von Betrieben. 

Aufgrund eines kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Gutachtens hat die EU die Wirksamkeit bestimmter risikomindernder Behandlungen bei Erzeugnissen tierischen Ursprungs und anderer Materialien im Hinblick auf Seuchen der Kategorie A (neu) bewertet. Nach Ansicht der EU ist neben anderen Behandlungen eine Wärmebehandlung von Fleisch zur Erreichung einer Kerntemperatur von 70 Grad Celsius für mindestens 30 Minuten eine wirksame Behandlung zur Inaktivierung des ASP-Virus. Dies dürfte die Möglichkeiten der Verarbeitung und nachfolgenden Vermarktung von Fleisch aus ASP-Restriktionszonen zukünftig erleichtern. 

Verordnung zur Impfung bei Geflügelpest 

Mit einer weiteren Delegierten Verordnung (EU) 2023/361 der Kommission von 28. November 2022 werden ergänzende Vorschriften für die Verwendung von Tierarzneimitteln in der Union im Hinblick auf die Prävention und Bekämpfung von Tiersuchen der Kategorie A und B bei gehaltenen und wildlebenden Land- und Wassertieren erlassen. Im Fokus stand dabei vor allem die Impfung gegen die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI), die jetzt (EU-rechtlich) ermöglicht wird. 

Die verstärkte Überwachung im Falle einer präventiven Impfung bei HPAI erfordert eine passive Überwachung durch wöchentliche virologische Tests einer repräsentativen Stichprobe verendeter Vögel sowie nach Beginn der Impfung mindestens alle 30 Tage eine klinische Untersuchung sowie die Entnahme repräsentativer Stichproben für die labortechnische Überwachung durch serologische oder virologische Tests durch einen amtlichen Tierarzt, um eine Prävalenz der HPAI-Virusinfektion in der epidemiologischen Einheit von fünf Prozent mit einem Konfidenzniveau von 95 Prozent feststellen zu können. Aufgrund der unsicheren Datenlage im Hinblick auf tatsächlich von der Wirtschaft angestrebte Impfungen, dürften diesen Anforderungen bei den (betroffenen) kommunalen Veterinärbehörden zu deutlichen Organisations-, ggf. auch Personalaufwänden führen. 

Durchführungsverordnung zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest 

Weiterhin hat die EU hat mit der Durchführungsverordnung (EU) 2023/594 veränderte Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) erlassen. Mit der Verordnung sollen in den betroffenen Mitgliedsstaaten insbesondere spezifische Verbote und Risikominderungsmaßnahmen für Verbringungen von Sendungen erhaltener Schweine innerhalb der Sperrzonen festgelegt und der Anwendungsbereich der derzeit in den Unionsvorschriften festgelegten besonderen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen entsprechend ausgeweitet werden. 

Angesichts der derzeitigen Seuchenlage in der Union in Bezug auf die ASP sollen die Mitgliedsstaaten gut koordinierte und kohärente Bekämpfungsmaßnahmen ergreifen. In der Verordnung werden sie verpflichtet, nationale Aktionspläne in Bezug auf Wildschweine zu erstellen, um die Ausbreitung der ASP zu verhindern. Die Mindestanforderungen an die nationalen Aktionspläne sollen den wissenschaftlichen Empfehlungen der EFSA Rechnung tragen, insbesondere in Bezug auf Präventivmaßnahmen zur Verringerung und Stabilisierung der Wildschweindichte vor der Einschleppung dieser Seuche, die passive Überwachung sowie Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren während der Wildschweinjagd, um ein harmonisiertes Vorgehen in den Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. 

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung 

Das Bundeskabinett hat am 29. März 2023 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung beschlossen (BR-Drs. 138/23). Als Artikelgesetz ändert der Entwurf eine Reihe unterschiedlicher Gesetze. Im Vergleich zum Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf einige Änderungen: Die Einführung eines Bildungszeitgeldes wurde gestrichen. Die Förderung einer Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung wird in § 76 SGB III nicht länger als Ermessensleistung, sondern als gesetzliche Anspruchsleistung ausgestaltet. Dies gilt über eine Änderung in § 16 Abs. 1 S. 4 SGB II (Art. 7 des Gesetzentwurfs) auch für das SGB II. 

Zur außerbetrieblichen Berufsausbildung merkt der Deutsche Landkreistag an, dass diese in den Jobcentern zuletzt kontinuierlich zurückgefahren wurde. Es handelt sich um eine teure Vollfinanzierung außerhalb der Betriebe, die zudem betreuungsintensiv ist. Ausbildung muss vorrangig betrieblich organisiert werden. Wer bei der derzeitigen Situation des Ausbildungsmarktes, in der es mehr Stellen als Bewerber gibt, keine Ausbildung findet, muss ähnlich wie ein Jugendlicher mit Beeinträchtigung betreut werden. Hierfür ist das vorgelagerte Instrument der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme besser geeignet.