NLT-Aktuell – Ausgabe 11
Finanzpaket des Bundes: Änderung des Grundgesetzes
Die Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen haben sich auf einen gemeinsamen Änderungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes(Art. 109, 115 143h GG) verständigt. Er wurde am 18. März 2025 vom Deutschen Bundestagund am heutigen 21. März 2025 vom Bundesrat jeweils mit einer verfassungsänderndenMehrheit von zwei Drittel verabschiedet (zum Entwurf vergleiche NLT-Aktuell 10/2025 vom14 März 2025). Das Infrastruktursondervermögen wird um das Merkmal der „Zusätzlichkeit“erweitert und umfasst nun auch zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralitätbis 2045. Bei dem Vorhaben Verteidigungsausgaben, die ein Prozent im Verhältnis zumnominalen Bruttoinlandsprodukt überschreiten, bei der Schuldenbremse nicht zu berücksichtigen, werden auch die Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutzsowie die Nachrichtendienste, den Schutz der informationstechnischen Systeme und dieHilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten einbezogen.
Die Laufzeit wurde von zehn auf zwölf Jahre erweitert. Das Volumen bleibt bei bis zu 500Milliarden Euro, es werden aber nun Zuführungen aus dem Sondervermögen in den Klimaund Transformationsfonds in Höhe von 100 Milliarden Euro vorgenommen. Die „Zusätzlichkeit“ bezieht sich zunächst nur auf den Bund und liegt vor, wenn im jeweiligen Haushaltsjahreine angemessene Investitionsquote im Bundeshaushalt erreicht wird. Der Begründung istim Weiteren zu entnehmen, dass das die Einzelheiten regelnde Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates auch beinhalten soll, dass insbesondere Wärme- und Energienetzeaus dem Sondervermögen mitfinanziert werden können.
Der Deutsche Landkreistag gelangt zu der Einschätzung, dass die Einfügung des Merkmalsder „Zusätzlichkeit“ es erschweren soll, bisherige Investitionsausgaben aus dem Bundeshaushalt nun aus dem Sondermögen zu finanzieren und so zusätzliche Spielräume für konsumtive Ausgaben zu eröffnen. Die Erweiterung der außerhalb der Schuldenbremse stehenden Verteidigungsausgaben um weitere Ausgabebereiche führt im Ergebnis zu einerErweiterung der Haushaltsspielräume. Mit den geplanten Lockerungen der Schuldenbremse eröffnet sich der Bund Schätzungen nach insgesamt zusätzliche Spielräume imBundeshaushalt in einer Größenordnung von 20 Milliarden Euro.
Für Länder und Kommunen bleibt bei es bei einem Anteil von 100 Milliarden Euro aus demSondervermögen. Es ist weder bekannt, welche Aufgabenbereiche wie betroffen sein sollenund wie überhaupt das Geld in welcher Höhe an die Kommunen gelangt. Die Ankündigung,dass das die Einzelheiten regelnde Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates auchbeinhalten soll, dass insbesondere Wärme- und Energienetze aus dem Sondervermögenmitfinanziert werden können, gibt Anlass zur Sorge, dass hier möglicherweise eine Befrachtung der 100 Milliarden Euro ins Haus stehen könnte.
Mit der Grundgesetzänderung werden Berichte und Prüfungen zur Mittelverwendung angekündigt. Wie diese aussehen, ist aber derzeit ebenfalls noch offen. Hier ist eine Bandbreitevon sehr restriktiven bis hin zu knapp gefassten Regelungen vorstellbar. Die Erwartung derkommunale Ebene ist: „keep it short and simple“.
Erhöhung erstatteter Erfrischungsgelder bei Wahlen
Für eine zeitgemäße Erhöhung der Wahlkostenerstattung für gezahlte Erfrischungsgelderfür die Mitglieder von Wahlvorständen setzt sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalenSpitzenverbände Niedersachsens (AG KSV) ein. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2024hatte sich die AG an das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport (MI) gewandtund im Hinblick auf die vorgezogene Neuwahl des Deutschen Bundestages am 23. Februar2025 gebeten, sich auf Bundesebene gebeten für eine solche Erhöhung einzusetzen. Nunmehr hat das MI mit Schreiben vom 17. März 2025 geantwortet.
In seiner Antwort hebt das Ministerium hervor, dass seitens des Landes Niedersachsen gegenüber dem Bund in den vergangenen Jahren wiederholt eine entsprechende Anpassungder Erfrischungsgelder für die Mitglieder der Wahlvorstände in den Urnen- und Briefwahlbezirken bei bundesweiten Wahlen angeregt worden sei. Das sei jedoch durch den Bund bislang unter Verweis auf die allgemeine Haushaltslage abgelehnt worden. Dennoch wurdeversichert, dass sich das Land auch weiterhin beim Bund für eine Stärkung des Wahlehrenamtes und eine angemessene Anpassung der Erfrischungsgelder einsetzen werde.
Aufenthaltsrecht: Zentralisierung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens
Die Landesregierung hat am 15. Oktober 2024 die Einrichtung einer organisatorisch bei derLandesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) angesiedelten „Zentralstelle für das beschleunigte Fachkräfteverfahren in Niedersachsen“ auf der Grundlage von § 71 Abs. 1 Satz5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) beschlossen. Deren Hauptaufgabe wird die Durchführungdes „beschleunigten Fachkräfteverfahrens“ nach § 81a AufenthG sein.
Die Zentralstelle soll ihren Betrieb zum 1. Juni 2025 – spätestens aber zum 1. Juli 2025 –aufnehmen. Während einer Übergangsphase bis zum Ablauf des 31. Dezember 2025 solles Arbeitgebenden freigestellt bleiben, die Durchführung eines beschleunigten Fachkräfteverfahrens nach § 81a AufenthG entweder bei der bislang örtlich zuständigen kommunalenAusländerbehörde oder bei der künftigen Zentralstelle zu beantragen.
Da in Niedersachsen die Zuständigkeit für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen undEntscheidungen der Ausländerbehörde – bis auf wenige und in diesem Zusammenhangnicht relevante Ausnahmen – auf die Landkreise, kreisfreien Städte und großen selbstständigen Städte übertragen wurde, wird auch die Aufgabe des beschleunigten Fachkräfteverfahrens seit seiner Einführung am 1. März 2020 von diesen insgesamt 52 niedersächsischenKommunen wahrgenommen.
Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) hat die Zentralisierungspläne des Landes Niedersachsen im Bereich der Fachkräfteeinwanderung immer kritisch begleitet und eine Verlagerung auf eine zentrale Landesbehörde mit zahlreichen Argumenten stets abgelehnt.Diese kritische Haltung bleibt auch im Hinblick auf das nunmehr eingeleitete Anhörungsverfahren zur Änderung der Rechtslage bestehen. Insbesondere wird es als unrealistisch eingeschätzt, dass die vom MI angenommene Entlastung der kommunalen Ausländerbehörden auf diesem Wege tatsächlich erreicht wird. Diese Einschätzung wird vom DeutschenLandkreistag (DLT) geteilt, der in seinen am 17. März 2025 bekräftigten Beschlüssen Bestrebungen zur Zentralisierung von aufenthaltsrechtlichen Aufgaben ebenfalls grundsätzlichablehnt.
Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung: Standorte
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport (MI) hat über den aktuellen Sachund Diskussionsstand zur Zukunft der Standorte des Landesamtes für Geoinformation undLandesvermessung Niedersachsen (LGLN) informiert. Nachdem 2014 die Anzahl der Regionaldirektionen verkleinert worden war, soll nun eine Reduktion der Katasterämter vor Ortvon 53 auf 39 Standorte erfolgen.
Vorschlag zur Absenkung des Schutzstatus des Wolfs
Die Europäische Kommission hat am 7. März 2025 eine Änderung der Anhänge der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) vorgeschlagen. Damit wirdder Schutzstatus des Wolfs entsprechend der geänderten Berner Übereinkunft von „strenggeschützt“ zu „geschützt“ gesenkt. Nach Angaben der Kommission soll den Mitgliedstaatendurch diese Maßnahme zusätzliche Flexibilität eingeräumt werden. Sie weist aber auch daraufhin, dass der Wolf eine geschützte Art bleiben wird, und daher die Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten weiterhin einen günstigen Erhaltungszustand erreichen und aufrechterhalten müssen.
Der Vorschlag der Kommission muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Offensichtlich wird ein beschleunigtes Verfahren angestrebt, im Rahmen dessen nur eingeschränkt Änderungen am Kommissionsvorschlag vorgenommen werden können.
EU-Beihilferecht: Konsultation zu „Clean Industrial Deals“
Die EU-Kommission führt in Ergänzung des „Clean Industrial Deal“ bis zum 25. April 2025eine öffentliche Konsultation zu einem neuen Beihilferahmen zum Deal für eine saubereIndustrie durch. Die neuen Regeln sollen die Einführung erneuerbarer Energien, die industrielle Dekarbonisierung und die Kapazität für die Produktion sauberer Technologien in Europa fördern. Beihilfen für Investitionen in erneuerbare Energien und Energiespeicherungoder für Techniken wie beispielsweise erneuerbaren Wasserstoff können in einem vereinfachten Verfahren ohne Ausschreibung gewährt werden. Bei sauberen Technologien gehtes insbesondere um die Herstellung von Batterien, Solarpanels, Windkraftanlagen, Wärmepumpen, Elektrolyseure sowie Nutzung und Speicherung von CO2-Abscheidung sowie dieBeschaffung kritischer Rohstoffe, die für die Herstellung solcher Ausrüstungen erforderlichseien.
Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, gegebenenfalls einschlägige Beihilferegelungeneinzuführen. Diese Regelungen würden nach ihrer Genehmigung durch die Kommissioneine rasche Bereitstellung von Einzelbeihilfen ermöglichen, die als mit dem Binnenmarktvereinbar angesehen würden.
Grenzen der Äußerungsmöglichkeiten in Sitzungen der Vertretung
Das Verwaltungsgericht Hannover hat sich in einem Urteil vom 22. Januar 2025 mit denGrenzen der Äußerungs- und Handlungsmöglichkeiten in Sitzungen des Rates der Landeshauptstadt Hannover auseinandergesetzt. Die Klage einer Fraktion wurde als unbegründetabgewiesen.
In dem Verfahren 1 A 2765/22 hat die Klägerin die Unterlassung von weiteren Äußerungendes Beklagten beziehungsweise seiner Dezernentinnen und Dezernenten vergleichbar denen des Ersten Stadtrates in der Ratsversammlung am 28. April 2022 begehrt. Der ErsteStadtrat hatte dort eine Anfrage der Klägerin zum Thema „Abschiebungen ausreisepflichtiger Migranten“ vorweg mit einer Zurückweisung des dahinterliegenden Menschenbildeskommentiert und geäußert, dass die Anfrage besser nicht hätte gestellt werden sollen. Inden Urteilsgründen erkennt das Gericht zwar an, dass für gleichgelagerte Äußerungen, diesich die Landeshauptstadt zurechnen lassen müsste, eine Wiederholungsgefahr bestünde,die Äußerungen jedoch keinen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff in Organteilrechte derKlägerin bedeuten würden. Die Klägerin als Fraktion könne dabei nicht die gegenüber Parteien geltende Chancengleichheit und das damit korrespondierende Neutralitätsgebot geltend machen. Das ebenfalls angeführte Sachlichkeitsgebot als Grenze jedes staatlichenHandelns und Ausprägung des Grundsatzes der Organtreue sei ferner nicht verletzt worden.
Das Gericht stellt hierzu explizit fest, dass der Erste Stadtrat bei der amtlichen Auskunftnicht als bloßes „Neutrum“ auftreten müsse, sondern sich auch schützend vor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen und die Herangehensweise erläutern dürfe. Die Anfrage seipolarisierungsgeeignet gewesen und dürfe daher – auf sachlicher Grundlage – auch überspitzt beantwortet werden. Die Vorbemerkung zur Anfragebeantwortung des Ersten Stadtrates auf die vorangegangene Anfrage enthalte zwar ein negativ wertendes Element gegenüber der Klägerin, dadurch seien die hohen Anforderungen an ein aus der Organtreue resultierendes Abwehrrecht jedoch nicht erfüllt. Die Äußerung erfülle nicht den Tatbestanddes ungebührlichen Verhaltens und sei auch nicht als Formalbeleidigung oder Schmähkritikzu qualifizieren.
KI-Standorte stärken, technologische Souveränität sichern
Die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder (MPK) hat am 12. März 2025in Berlin einen für die Landkreise wesentlichen Beschluss zur Förderung technologischerSouveränität und Künstlicher Intelligenz (KI) gefasst. Dazu sollen die nationale KI-Strategieweiterentwickelt, Rechenkapazitäten ausgebaut, KI-Reallabore gefördert und offene Standards etabliert werden. Zudem wird eine stärkere Einbindung der öffentlichen Verwaltung, insbesondere der Kommunen und Landkreise, in Innovationsprogramme angestrebt, umpraxisnahe und sichere KI-Anwendungen zu entwickeln.
Kommunale Verwaltungen sollten nach Auffassung des Deutschen Landkreistages sowohlals Anwendungskontext für KI-gestützte Prozesse als auch als direkt geförderte Zielgruppevon Reallaboren einbezogen werden. Insbesondere Landkreise, die als zentrale Verwaltungsebene eine Vielzahl von Aufgaben in der Daseinsvorsorge, Infrastruktur und Gefahrenabwehr übernehmen, benötigten gezielte Unterstützung, um KI sicher und effizient inVerwaltungsabläufe zu integrieren. Eine stärkere Einbindung in Innovationsprogramme seierforderlich, um praxisnahe Lösungen für den öffentlichen Sektor zu entwickeln.
Besonders zu begrüßen sei zudem die Forderung nach der Etablierung offener Standardsfür KI-Modelle, Schnittstellen und Datenformate, um eine nachhaltige digitale Souveränitätzu fördern. Ebenso notwendig sei die Schaffung von Rahmenbedingungen für domänenübergreifende KI-Modelle sowie für cybersichere, leicht bedienbare Systeme und Anwendungen für Wirtschaft und Verwaltung.
Energiewende an der niedersächsischen Nordseeküste
Die von der Niedersächsischen Landesregierung eingerichtete Task Force Energiewende(unter Federführung des Umweltministeriums sowie des Landwirtschafts- und Wirtschaftsministeriums), die Umweltverbände sowie die kommunalen Spitzenverbände haben mitBlick auf Koalitionsverhandlungen im Bund Forderungen zur Energiewende an der niedersächsischen Nordseeküste formuliert. Niedersachsens nationale Rolle bei Energiewendemüsse berücksichtigt werden, heißt es unter anderem in dem Forderungspapier:
„Niedersachsen hat durch seine Küste nationale Bedeutung für das Gelingen der Energiewende. Es geht um den vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energien bis spätestens2045 in Deutschland. Aufgrund der sich verschärfenden Klimakrise waren sich alle Beteiligten über den ambitionierten und schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien einig.Ebenso, dass Niedersachsens Kommunen am Gelingen der Energiewende angemessenbeteiligt werden müssen.“ Die Pressemitteilung inklusive des Forderungskatalogs sind aufder Webseite des Umweltministeriums veröffentlicht.