NLT-Aktuell – Ausgabe 07

Probleme in Jugendhilfe und Krankenhäusern prägen Ministerbesuch 

Die Situation der Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen ausländischer Herkunft (umA) in Niedersachsen spitzt sich weiter zu. Die Zahlen steigen, zugleich behindern rechtliche Vorgaben und langwierige Genehmigungsverfahren die Schaffung von Betreuungsplätzen. Darauf wies das Geschäftsführende Präsidium des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) den neuen Sozialminister Andreas Philippi hin. „Die bereits angedachte Öffnung des Fachkräftegebotes muss kommen. Sonst können viele Jugendämter eine den Vorgaben entsprechende Betreuung nicht mehr gewährleisten“, sagte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer beim Besuch des neuen Ministers in der Geschäftsstelle des NLT am gestrigen Donnerstag. 

Der Fachkräftemangel sei eine Bedrohung für die Jugendhilfe als gesamtes System, erläuterte Meyer. Besonders dringlich sei aber eine schnelle Entscheidung zur Sicherung einer Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen. Auch müsse das Landesjugendamt endlich die notwendige Flexibilität bei der Genehmigung der räumlichen Unterbringungsmöglichkeiten an den Tag legen. „Wir leben in einer Krise. Wir müssen alle gemeinsam gewohnte Rituale überprüfen“, brachte es Meyer auf den Punkt. 

Nach dem Austausch mit der NLT-Spitze nahm Minister Philippi an einer Sitzung des Gesundheitsausschusses des NLT teil. Der Ausschuss unterstrich die Notwendigkeit eines Sonderprogramms des Landes zum Abbau des Investitionsstaus in den Krankenhäusern. Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zur Krankenhausreform stießen bei den Sozialexperten der Landkreise dagegen auf deutliche Ablehnung. 

„Alle relevanten Akteure haben sich in der seinerzeitigen Enquetekommission auf den niedersächsischen Weg zur Modernisierung des Gesundheitswesens verständigt. Der Landtag hat mit dem neuen Niedersächsischen Krankenhausgesetz das Fundament gelegt.

Darauf müssen wir aufbauen“, erklärte NLT-Präsident Landrat Sven Ambrosy nach der Sitzung in einer Pressemitteilung. Was fehle sei das Geld des Landes für die notwendigen Neubaumaßnahmen und die leistungsgerechte Finanzierung des Betriebs. Für die letzte Komponente stehe der Bund in der Verantwortung; dieser müsse er schnellstmöglich gerecht werden. „Was wir nicht brauchen sind bundesweiten Planvorgaben aus Berlin, die den in Niedersachsen eingeschlagenen Weg für eine flächendeckende und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung verhindern“, so Ambrosy. 

Krankenhausreform: Analyse zu Vorschlägen der Regierungskommission

 Mit ihrer dritten Stellungnahme hat die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung im Dezember 2022 Vorschläge für eine grundlegende Reform der Krankenhausvergütung vorgelegt (vgl. NLT-Aktuell 40/2022). Da die Regierungskommission keine Analyse der Auswirkungen ihrer Vorschläge auf die Krankenhauslandschaft vorgenommen hat, hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) eine solche Auswirkungsanalyse durchgeführt und am 13. Februar 2023 vorgestellt, um eine faktenbasierte Debatte über die Versorgungsstrukturen zu ermöglichen. Zugleich hat die DKG ein von ihr entwickeltes Alternativkonzept für eine Reform der Krankenhausstrukturen und Krankenhausfinanzierung vorgestellt, in der die Kopplung von Leistungsgruppen und Level abgelehnt wird. Zudem ergänzt das DKG-Konzept das Konzept der Regierungskommission in Punkten wie klinisch-ambulante Versorgung, Investitionsfonds und Notfallversorgung.

Die Auswirkungsanalyse zeigt, dass es zu einem sehr tiefen Eingriff in die Krankenhauslandschaft käme, würden die Vorschläge der Kommission eins zu eins umgesetzt. Von den rund 1700 Standorten würden ca. 630 entweder dem neuen Level Ii zugehören oder bekämen keine Zuordnung zu einem Level. Sie würden also ihren Status also Krankenhaus verlieren und lediglich als Standort eines lokalen Gesundheitszentrums vorgesehen. Darunter würden auch viele potenzielle Fachkliniken fallen. Etwa 830 Kliniken würden zu Level In-Krankenhäuser werden. Würde man dies noch mit der 30-Minuten-Regel kombinieren, würden von diesen Kliniken ca. 560 zu Ii-Einrichtungen. In den beiden oberen Leveln II und III wären es noch insgesamt rund 230 Krankenhäuser. 

Es ist daher davon auszugehen, dass es bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs durch Bund und Länder zur Krankenhausreform Änderungen geben wird und die Vorschläge der Kommission so nicht umgesetzt werden können. Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) wird in enger Abstimmung mit der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft deutlich darauf hinweisen, dass die bundesseitigen Reformüberlegungen nicht mit den auf dem neuen Niedersächsischen Krankenhausgesetz beruhenden Überlegungen zur Krankenhausplanung kompatibel sind. 

Dritter Bericht des Beirats Pakt ÖGD veröffentlicht  

Der Beirat zur Beratung zukunftsfähiger Strukturen im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Umsetzung des Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst – kurz: Beirat Pakt ÖGD – hat einen Bericht „Wissenschaft und Forschung im und für einen zukunftsfähigen ÖGD“ erstellt. Der Beirat Pakt ÖGD ist ein externes, unabhängiges Gremium, das 2021 vom Bundesgesundheitsministerium im Einvernehmen mit der Gesundheitsministerkonferenz für eine Amtszeit von zunächst zwei Jahren berufen wurde. Bei seiner Arbeit und in seinen Berichten berücksichtigt er das im Jahr 2018 von der Gesundheitsministerkonferenz verabschiedete Leitbild für einen modernen ÖGD. 

Im nunmehr dritten Bericht, der am 9. Februar 2023 veröffentlicht wurde, hält der Beirat fest, dass der ÖGD eine zum medizinischen Versorgungssystem analoge Forschungsund Lehrstruktur brauche. Um diese zu erreichen, empfiehlt er fünf Kernmaßnahmen, die er wie folgt zusammenfasst: 

1. Auf nationaler Ebene: Eine fachliche Einheit für evidenzbasierte, fachliche Standards, Qualitätssicherungsmaßnahmen und Konzepte zur Datenintegration sollte eingesetzt werden, die eng mit Hochschulen und weiteren Akteuren mit Gesundheitsbezug zusammenarbeitet. 

2. Auf Landesebene: Die Institutionen sollten Bundes- und kommunale Fachebene vernetzen und als wissenschaftliche Kompetenzzentren für Gesundheitsämter fungieren.

3. Auf kommunaler Ebene sollten Lehr- und Forschungsgesundheitsämter eingerichtet werden und mit den umliegenden kleineren Gesundheitsämtern wissenschaftlich kooperieren. Dafür sollten bundesweit ca. 260 Stellen zur Verfügung stehen. 

4. Kooperationen zwischen ÖGD (Gesundheitsamt) und universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollten u.a. durch Projekte, Brückenprofessuren und instituts- und bereichsübergreifenden Rotationsstellen strukturell und nachhaltig gefördert werden. 

5. Die Akademien für Öffentliches Gesundheitswesen sollten mit den Hochschulen vernetzt werden. 

Der Gesundheitsausschuss des Deutschen Landkreistages (DLT) wird sich am 23./24. März 2023 im Landkreis Vorpommern-Greifswald ebenfalls mit diesem Bericht befassen. 

Auslaufen der Niedersächsischen SARS-CoV-2-Absonderungsverordnung 

Um fachaufsichtliche Klarstellungen des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung (MS) im Zusammenhang mit dem Auslaufen der Niedersächsischen SARS-CoV-2-Absonderungsverordnung gegenüber den kommunalen Gesundheitsbehörden hatte die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände (AG KSV) die damalige Ministerin Daniela Behrens mit Schreiben vom 18. Januar 2023 gebeten. Diese Bitte hat die AG KSV mit Schreiben vom 1. Februar 2023 gegenüber dem neuen Minister Dr. Andreas Philippi wiederholt. Das Antwortschreiben traf am 10. Februar 2023 ein. 

Die Antwort bleibt zwar hinter den Erwartungen nach konkreten fachaufsichtlichen Klarstellungen gegenüber den kommunalen Gesundheitsbehörden zurück. Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) wertet eine Aussage des Ministers, wonach im Regelfalle eine Absonderung entbehrlich ist, aber als Bestätigung dafür, dass in aller Regel keine individuellen Absonderungsverfügungen der kommunalen Gesundheitsbehörden mehr erforderlich sind. Weitere fachaufsichtliche Klarstellungen auf dem Erlasswege sind offenbar vom MS nicht vorgesehen. 

Ausbau der Windenergie I: Entwurf zur Änderung des NROG 

Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) – Artikel 3 des vom Land angestrebten Artikelgesetzes – zu einer ersten Bewertung sowie mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt. Der Entwurf ist innerhalb der Landesregierung noch nicht abgestimmt. Im NROG sollen neue Regelungen verankert werden, die die Ausweisung von Windenergieflächen erleichtern und insgesamt die Regionalplanung beschleunigen sollen: 

  •  Es soll eine Möglichkeit eingeführt werden, sachliche Teilpläne nur für das Thema „Windenergie“ aufzustellen. Die Fortschreibung eines kompletten Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) ist anspruchsvoll und zeitintensiv. Daher soll es zukünftig neben dem RROP als Gesamtplan die Möglichkeit eines zusätzlichen, eigenständigen Regionalen Raumordnungs-Teil-Programms zum Thema „Windenergie“ geben. Die Teilplanmöglichkeit soll bis zum 31. Dezember 2032 befristet werden, das ist der späteste Stichtag, den der Bundesgesetzgeber zulässt. 
  • Im NROG soll ermöglicht werden, RROP auch dann zu genehmigen, wenn sie die Teilflächenziele noch nicht voll erreichen, sich aber an diese „heranrobben“. 
  • Es sollen neue Regelungen für alle Raumordnungsplanungen zur Planungsbeschleunigung getroffen werden:
    – stärke Digitalisierung des Verfahrens zur Aufstellung von Raumordnungsplänen;
    – Beteiligungsverfahren sollen möglichst verkürzt werden;
    – mündliche Erörterungen sollen dauerhaft auch online möglich sein und nur noch bei Bedarf stattfinden;
    – die Anpassung von RROP an das Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) soll spätestens neun Monate nach dessen Inkrafttreten (mit der Bekanntmachung der allgemeinen Planungsabsichten) beginnen. Zwischen den allgemeinen Planungsabsichten und dem ersten Planentwurf soll nicht mehr als ein Jahr liegen. Im Gegenzug soll den Trägern der Regionalplanung ein Übergangszeitraum für die Anpassung ihrer RROP an Änderungen des LROP eingeräumt werden, in dem sie bestimmte Anpassungspflichten zurückstellen dürfen (18 Monate). 

Ausbau der Windenergie II: Entwurf des Wind-für-Niedersachsen-Gesetz 

Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) hat am 13. Februar 2023 den Entwurf eines Wind-für-Niedersachsen-Gesetz (NWindG) zu einer ersten Abstimmung übersandt. Das NWindG ist Artikel 1 Teil des zuvor beschriebenen Gesetzespaketes zur Forcierung des Ausbaus der Windenergie. Die vorliegende erste Fassung ist innerhalb der Landesregierung noch nicht abgestimmt. 

Das NWindG soll die Vorgaben des (Bundes-)Gesetzes zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land (WindBG) umsetzen sowie ergänzende und konkretisierende Regelungen treffen. Dazu werden die aus einer Anlage ersichtlichen regionalen Teilflächenziele festgesetzt. Die vorgesehenen Teilflächenziele hatte das Land am 6. Februar 2023 vorgestellt (vgl. NLT-Aktuell 6/2023 vom 10. Februar 2023). Ferner werden u.a. den Trägern der Regionalplanung und den Genehmigungsbehörden Berichts- und Monitoringpflichten auferlegt. 

Über die Zielvorgaben des Bundes hinausgehend werden die Träger der Regionalplanung verpflichtet, spätestens zum 31. Dezember 2026 die entsprechenden prozentualen Anteile der Fläche ihres Planungsraumes für Windenergie auszuweisen. Nach dem Bundesrecht müssen bis zum 31. Dezember 2027 zunächst 1,7 Prozent der Landesfläche und bis zum 31. Dezember 2032 dann 2,2 Prozent der Landesfläche ausgewiesen werden. Werden die bundesgesetzlich vorgegebenen Ziele verfehlt, bleiben Windenergieanlagen im gesamten Planungsraum als privilegierte Vorhaben im Außenbereich genehmigungsfähig. Der Eintritt dieser Rechtsfolge kann durch landesrechtliche Regelungen nicht vorgezogen werden. 

Gespräch mit Wasserverbandstag: Wasserstoff und Nutriabekämpfung 

„Wasserstoff hat das Potenzial, als Energieträger der Zukunft zu Versorgungssicherheit und Klimaschutz beizutragen“, sagte NLT-Präsident Sven Ambrosy anlässlich eines Gesprächs von Niedersächsischem Landkreistag (NLT) und Wasserverbandstag (WVT). Die Produktion sei jedoch ressourcen- und energieintensiv, das müsse bei der Wahl von Produktionsstandorten berücksichtigt werden. „Mit der Windenergie haben wir gute Voraussetzungen im Norden. Zugleich haben die Landkreise als Wasserbehörden dafür Sorge zu tragen, dass mit Wasserrechten sorgsam, verantwortungsvoll und nachhaltig umgegangen wird“, so Ambrosy in einer Pressemitteilung. 

„Für die Herstellung von einem Kilogramm Wasserstoff werden neun Liter Wasser benötigt“, erklärte der Präsident des WVT Heiko Albers. Damit könne ein Brennstoffzellenauto etwa 100 Kilometer zurücklegen, ordnete er ein. Ob der enorme Wasserbedarf aus dem Dargebot, also der berechneten verfügbaren Menge je Grundwasserkörper, bereitgestellt werden könne, sei regional teils problematisch. „Wasserreduzierende Techniken, Wasserwiederverwendung oder sogenanntes Dual Use müssen in der Diskussion berücksichtigt werden“, sagte Albers. 

Einigkeit bestand auch bei der Bekämpfung der Nutria. Der Nager verursacht große Schäden durch ein Unterhöhlen von Uferbereichen, aber auch von Deichen. Die Ausbreitung dieser invasiven Art ist eine große Gefahr für den Küsten- und Hochwasserschutz in Niedersachsen. NLT und WVT fordern das Land gemeinsam auf, sich verstärkt in eine bessere Koordination und Finanzierung der Nutriabekämpfung einzubringen. 

Klimaschutz: Niedersächsisches Kompetenzzentrum Klimawandel (NIKO) 

Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) hat über das 2021 gegründete Niedersächsische Kompetenzzentrum Klimawandel (NIKO) informiert. Als Teil des MU ist das NIKO die zentrale Stelle des Landes zu Fragen des Klimawandels und dessen Auswirkungen. Die Aufgaben des NIKO sind im Einzelnen: 

  •  der Aufbau eines Klimafolgenmonitorings für Niedersachsen; 
  • die Aufbereitung und kostenfreie Bereitstellung von klimabezogenen Daten; 
  • der Aufbau eines Klimakartenservers für Niedersachsen; 
  • die Beratung von Dritten zu den Themen Klimawandel, Klimafolgen und Klimaanpassung; 
  • die Vernetzung mit Klimawandel beschäftigter Institutionen Niedersachsens; 
  • die Initiierung und Begleitung von Projekten zum Klimawandel und zur Klimafolgenanpassung;  
  • die Aufbereitung von Klimaprojektionen; 
  • die Wirkmodellierung in den Themenfeldern Boden und Grundwasser; 
  • die Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit zum Klimawandel. 

Die Aufgaben sind insgesamt geeignet, auch die Landkreise bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, zu unterstützen – nicht nur im Bereich des Klimaschutzes, sondern auch bei einer ganzen Reihe von Aufgaben im Umweltbereich. Ein Beispiel ist der Klimakarteserver „Niedersächsisches Klimainformationssystem (NIKLIS)“. Dort lassen sich bereits eine ganze Reihe von Informationen zum Klima der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie z.B. Temperatur, Eistage und vieles mehr, abrufen. Eine Abgabe der Daten ist ebenfalls möglich. Das NIKLIS lässt sich erreichen unter der Webadresse: https://www.umweltkartenniedersachsen.de/niklis

Pflanzenschutz: Land veröffentlicht Pflanzenschutzmittel-Reduktionsstrategie 

Die Partnerinnen und Partner des niedersächsischen Weges aus Landesregierung, Umweltverbänden und Landwirtschaft haben am 14. Februar 2023 gemeinsam die Pflanzenschutzmittel-Reduktionsstrategie des Landes vorgestellt. Die Strategie beinhalte ein Bündel an Maßnahmen aus Ordnungsrecht, aber auch Anreize und Förderungen. Ziel sei es, sowohl die Fläche, auf der Pflanzenschutzmittel verwendet werden, als auch die eingesetzte Menge deutlich zu verringern. 

Die Reduzierung der Fläche werde unter anderem durch die Ausweisung von Gewässerschutzstreifen sowie durch spezielle Auflagen in Naturschutz- und FFH-Gebieten umgesetzt. Bei der Reduzierung der Menge der Pflanzenschutzmittel spiele der technische Fortschritt und die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Im Ergebnis sollen in Niedersachsen bis 2030 mindestens 25 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Dieser Wert beziehe sich auf den Durchschnitt der eingesetzten Pflanzenschutzmittel der Wirtschaftsjahre 2015/16 bis 2020/21. Um die Fortschritte innerhalb der Strategie zu kontrollieren und gegebenenfalls nachzusteuern, haben die Partnerinnen und Partner eine erste Evaluation bis Mitte 2024 vereinbart. 

In der Strategie ist auch der Einsatz im privaten Bereich (vgl. Ziffer 5.10) sowie im Stadtund Siedlungsbereich (vgl. Ziffer 5.11) angesprochen. So will sich das Land beim Bund dafür einsetzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die Anwendung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel für Besitzer von Haus- und Kleingärten bis zum Jahr 2030 zu beenden. Die Kommunen betreffen die Aussagen zum Stadtund Siedlungsbereich vor allem im Hinblick auf den Verkehr.  

Schlussfolgerungen des Europäisches Rates vom 10. Februar 2023 

Neben dem Austausch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und einer Lockerung der EU-Beihilferegeln für grüne Industrien haben sich die Staats- und Regierungschefs auf ihrem EU-Sondergipfel am 10. Februar 2023 auf Maßnahmen zur Migration verständigt. Durch eine wirksamere Kontrolle der EU-Außengrenzen sollen der Druck auf die Grenzen und auf die Aufnahmekapazitäten verringert, daneben Schleuser bekämpft und u.a. mit der Visapolitik gegenüber Herkunftsländern für mehr Rückkehr gesorgt werden. Zu diesem Zweck soll die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern durch Partnerschaften intensiviert werden. Der Europäische Rat hat sich auf Maßnahmen in den Bereichen auswärtiges Handeln, Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Rückkehr und Rückübernahme, Kontrolle der EU-Außengrenzen und Bekämpfung von Menschenhandel und Schleuserkriminalität sowie Datenerfassung zu Migrationsbewegungen geeinigt. 

Der Europäische Rat einigte sich auf die Umsetzung bestehender Aktionspläne für die Westbalkanroute und die zentrale Mittelmeerroute. Die Kommission solle neue Aktionspläne für die Atlantik-, die westliche und die östliche Mittelmeerroute vorlegen. Die Zusammenarbeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit Herkunfts- und Transitländern soll auf koordinierte Weise und mit Partnerschaften intensiviert werden, um deren Grenzmanagement-Kapazitäten zu stärken und für mehr Rückkehr zu sorgen. Für die Migrationssteuerung sei von entscheidender Bedeutung, dass die Nachbarländer ihre Visumpolitik angleichen. Die Partner im Westbalkan hätten bei der Angleichung an die Visumpolitik der EU bereits Fortschritte erzielt, sie solle weiter ausgebaut werden. Für eine effektive Rückkehr in die Herkunfts- und Transitländer will der Europäische Rat alle Werkzeuge der EU, auch im Bereich der Entwicklungs-, Handels und Visapolitik nutzen. Die Mitgliedstaaten wollen ferner ihre Rückkehrentscheidungen gegenseitig anerkennen, was Abschiebungen beschleunigen soll.

Das Europabüro des DLT gelangt zu einer skeptischen ersten Einschätzung. Durch die teilweise vagen Formulierungen finde sich jeder Mitgliedstaat mit seinen eigenen Interessen darin wieder. Beispielsweise sähen einige Mitgliedstaaten mit der Mobilisierung von EU-Mitteln für Infrastruktur an den Außengrenzen die Finanzierung von Grenzzäunen als gesichert an. Eine Umsetzung der Maßnahmen bleibt daher abzuwarten. 

Austausch mit Bundesinnenministerin Faeser zum aktuellen Flüchtlingsgeschehen

Am 16. Februar 2023 hat ein weiteres Spitzengespräch der kommunalen Spitzenverbände mit Bundesinnenministerin Faeser unter Beteiligung von Vertretern des Bundesfinanz- und des Bundesbauministeriums sowie der Länder stattgefunden. Der Bund hat umfassend über das aktuelle Migrationsgeschehen, über bereits in die Wege geleitete Schritte zur besseren Steuerung der Zuwanderung, die Bereitstellung von Bundesimmobilien, weitere Maßnahmen im Baubereich sowie ein neues Informationsangebot unterrichtet. Dem seitens des Deutschen Landkreistages vorgetragenen, durch Ländervertreter unterstützten Ansinnen nach einer erneuten vollständigen Übernahme der Unterkunftskosten hat der Bund eine klare Absage erteilt. Angekündigt wurde lediglich die Einsetzung von vier Arbeitsgruppen unter Beteiligung des Bundes, der Länder sowie der kommunalen Spitzenverbände zu den Themenbereichen Unterbringung/Finanzierung, Entlastung der Ausländerbehörden, Integration sowie Begrenzung/Rückführung. 

Der Deutsche Landkreistag, der bei dem Spitzengespräch durch seinen Präsidenten, Landrat Sager (Kreis Ostholstein), und durch Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Henneke, vertreten war, hat Ministerin Faeser für den erneuten Austausch gedankt, aber auch betont, dass angesichts der sich stellenden übergreifenden Fragen nach wie vor ein Zusammentreffen mit dem Bundeskanzler für erforderlich gehalten werde. Ein solches Zusammentreffen war im Vorfeld angemahnt worden. Präsident Sager hat in seinem Eröffnungsstatement ferner deutlich gemacht, dass die Belastungsgrenze in den Landkreisen angesichts der aktuell beispiellos hohen Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Ländern erreicht sei und es – neben finanzieller Unterstützung und Hilfen bei der Unterbringung – dringend erforderlich sei, auch wirksame Maßnahmen zur Begrenzung der Fluchtzuwanderung zu ergreifen. 

In der umfassenden Lagedarstellung durch die Ministerin sowie den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums, Romann, und den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Dr. Sommer, ist deutlich geworden, dass in den letzten 25 Monaten 1,8 Millionen Migranten Aufnahme in Deutschland gefunden haben. Ein Rückgang der zuletzt erheblich gestiegenen Asylbewerberzahlen ist nach diesen Ausführungen nicht zu erwarten; vielmehr kann ein weiterer Anstieg im Jahr 2023 nicht ausgeschlossen werden. Wie sich die Lage im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien, die auch bereits Gegenstand eines Bund-Länder-Austauschs unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände am 14. Februar 2023 war, entwickeln werde, sei noch ungewiss. Hinsichtlich der vom Erdbeben betroffenen Türken könne von einer hohen Bereitschaft ausgegangen werden, im Land zu bleiben. 

Als einziges konkretes Ergebnis bleibt damit die Ankündigung, dass vier Arbeitsgruppen aus Vertretern des Bundes, der Länder und der Kommunen zu den Handlungsfeldern Unterbringung/Finanzierung, Entlastung der Ausländerbehörden, Integration und Begrenzung/Rückführung eingerichtet werden sollen. Die Leitung der Arbeitsgruppe zur Entlastung der Ausländerbehörden, in der es auch um eine Entschlackung des Aufenthaltsrechts gehen soll, wurde dem Deutschen Landkreistag angetragen.