Niedersächsische Landkreise fordern wirksamen Schutz für Krisenzeiten

Kritik am Stand der Kita-Gespräche, an den Modalitäten des Digitalpakts und an der Umsetzung der Inklusion

„Schuldenbremse in die Niedersächsische Verfassung: Ja; Verschlimmbesserung zu Lasten der Kommunen: Nein. Stattdessen Wort halten und die vor Jahren versprochene Sicherung der Finanzausstattung der Kommunen in Krisenzeiten jetzt umsetzen“, mit diesen Worten fasste der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), der Göttinger Landrat Bernhard Reuter, während der Landkreisversammlung die Position des kommunalen Spitzenverbandes zum Gesetzentwurf der Landesregierung für die Einführung einer Schuldenbremse in die Niedersächsische Verfassung zusammen. An der Landkreisversammlung in Bad Lauterberg nahmen mehr als 200 Vertreter aus Landes- und Kommunalpolitik, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft teil, darunter acht Mitglieder der Niedersächsischen Landesregierung. Das Hauptreferat hielt der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil.

Reuter kritisierte, der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Schuldenbremse falle schlimmer aus, als die kommunale Seite das jemals erwartet habe. Er verkenne die unterschiedliche Qualität von Land und Kommunen in der Staatsorganisation und übersehe die Notwendigkeit eines verfassungsrechtlichen Schutzes der Kommunen. Dieser Schutz müsse jetzt in der Landesverfassung verankert werden, um in Krisenzeiten zu greifen. Auch das Grundgesetz fordere eine solche Mindestgarantie für Gemeinden, Städte und Landkreise.

Reuter: „Politisch haben gerade auch die beiden heutigen Regierungspartner den Kommunen mehrfach versprochen, den sogenannten Leistungsfähigkeitsvorbehalt in der Landesverfassung zu streichen. Wenn man dem nunmehr nicht nachkommen will, fürchten wir, dass das Land sich die Möglichkeit einer einseitigen Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs in schlechteren Zeiten sichern will. Genau dies ist aber aus kommunaler Sicht nicht hinnehmbar.“

Der vor zwanzig Jahren im damaligen Landkreis Osterode am Harz erstmals zum hauptamtlichen Landrat gewählte Reuter kritisierte auch andere Aspekte der Finanzpolitik des Landes. Er äußerte Unverständnis darüber, warum die Bundesländer zunehmend ihre Finanzautonomie an den Bund „verkauften“, um sich kurzfristig vermeintliche Vorteile zu sichern. Er verdeutlichte seine Vorbehalte am Beispiel der Digitalisierungsmilliarden des Bundes. Unstreitig werde Geld für die Bildungsinfrastruktur gebraucht. Es sei aber zu hinterfragen, bundesweit mit strikten Vorgaben ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Bedarfe vor Ort einmalig Geld für eine digitale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Reuter: „Wer kümmert sich um die Wartung, wer steht in der Verantwortung für die Folgeausstattung in wenigen Jahren? Aus kommunaler Sicht handelt es sich um vergiftete Geschenke.“

Irritiert zeigte sich Reuter über den Stand der Gespräche mit der Landesregierung zur Umsetzung der beschlossenen Beitragsfreiheit für zwei weitere Kindergartenjahre. „Uns wurde stets versichert, die zusätzlichen Bundesmittel aus dem Gute-Kita-Gesetz würden im vollen Umfang zur Entlastung der kommunalen Ebene eingesetzt. Darauf haben wir vertraut. Wenn nunmehr im Kultusministerium darüber spekuliert wird, über 180 Millionen Euro für eigene Landesprogramme einzusetzen, widerspricht das bisherigen Verabredungen.“

Schließlich forderte der Präsident des NLT das Land auf, sich stärker für die Inklusion in den Schulen zu engagieren. Die Landkreise gerieten zunehmend in die Situation eines Ausfallbürgen, weil das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. So sei die Zahl der Schulbegleiter in nur zwei Jahren zum Schuljahr 2016/2017 um ein Drittel auf über 8.100 gestiegen. Das Kultusministerium weigere sich aber offenbar, diesen Befund zur Kenntnis zu nehmen und habe die gesetzlich zum 31.Juli 2018 verankerte Evaluierung schlicht nicht umgesetzt.