„Rotenburger Erklärung“ des NLT zur künftigen Strukturpolitik greift wesentliche Aussagen der neuen Landesregierung auf
Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) greift in einer von der Landkreisversammlung verabschiedeten „Rotenburger Erklärung“ wesentliche Aussagen der neuen Landesregierung positiv auf. Der kommunale Spitzenverband sieht in der Bündelung der Förderpolitik des Landes unter Verantwortung der Staatskanzlei die Kernelemente einer integrierten Struktur- und Regionalpolitik. NLT-Vorsitzender Landrat Bernhard Reuter, Landkreis Göttingen, forderte in Anwesenheit von Ministerpräsident Stephan Weil heute in der öffentlichen Landkreisversammlung in Visselhövede, Landkreis Rotenburg (Wümme), als ersten Schritt mutige Entscheidungen zur künftigen Aufgabenwahrnehmung. „Alle derzeit von den Landesämtern und anderen staatlichen Behörden in der Fläche wahrgenommenen Aufgaben müssen mit dem Ziel einer Kommunalisierung geprüft werden. Wir brauchen aber nicht neuerlich unzählige Arbeitsgruppen, sondern politische Entscheidungen. Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, unterstrich Reuter vor mehr als 200 Gästen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens den Standpunkt des Landkreistages.
Der NLT schlägt in Anlehnung an die bereits bestehenden Koordinierungsausschüsse für ländliche Entwicklung die Einrichtung von vier regionalen Steuerungsausschüssen zur Koordination der (EU )Förderpolitik vor. „Dies liegt in der Logik des von der Landesregierung angestrebten regelmäßigen Dialoges zwischen den geplanten vier Landesbeauftragten und der Kreisebene“, so Reuter. „Positiv bewerten wir auch den Ansatz, der demografischen Entwicklung gezielt mit integrierten Strategien zur ländlichen Entwicklung zu begegnen. Dies gilt auch für die Absicht, den ELER-Nachfolgefonds vollumfänglich für den ländlichen Raum einzusetzen.“
Gleichzeitig forderte Reuter von der neuen Landesregierung das Einlösen finanzieller Versprechen gegenüber den Kommunen aus der Oppositionszeit. Die bloße Absicht, den kommunalen Finanzausgleich nicht abzusenken, bezeichnete er als unzureichend. Nachhaltig bestand der NLT-Vor¬sitzende erneut auf vollständige Durchleitung der Gelder in Folge der Übernahme der Lasten aus der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund. „Es geht im dritten und letzten Schritt um 107 Millionen Euro. Der Bund wollte nicht einzelne Landeshaushalte, sondern die Kommunen entlasten. Angesichts der vielen noch offenen Fragen zu einer möglichen Neuordnung der Sozialhilfefinanzierung muss es für 2014 eine Übergangsregelung geben, damit das Geld dort ankommt, wo es hingehört - auf der Kreisebene“, stellte Reuter klar.
Der NLT-Vorsitzende spannte den Bogen weiter über die für die Landkreise bedeutsamen Themenbereiche Soziales, Gesundheit und Pflege zur Bildung. Niedersachsen habe bei dem Bau von Krippenplätzen in den vergangenen Jahren geradezu einen „Quantensprung“ vollzogen. Nunmehr gelte es, sich den gesellschaftlichen Realitäten auch bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Kinderbetreuung anzupassen. In der Schulpolitik werde die Umsetzung der Inklusion das beherrschende Thema der kommenden Jahre werden, prognostizierte Reuter. Immer mehr Integrationshelfer für einzelne Schüler hätten aber nichts mit dem Gedanken der Inklusion zu tun. „Wir brauchen ein sinnvolles pädagogisches Konzept für eine Hilfestellung aus einer Hand. Hier steht das Land in der Pflicht“, mahnte Landrat Reuter.
Erfreuliche Schnittmengen mit der neuen Landesregierung erkannte der NLT-Vorsitzende in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt. Auf Bundesebene stehe eine Entprivilegierung großer gewerblicher Stallbauten im Außenbereich auf der Tagesordnung. In Niedersachsen sei man kurz vor Ostern durch den Filtererlass für große Schweineställe und die Aussagen zur Vorlage von Keimgutachten einen beträchtlichen Schritt vorangekommen. Sorge bereite den Landkreisen die in weiten Teilen des Landes gestiegene Belastung des Grund- und Oberflächenwassers. Reuter forderte eine wirksamere Kontrolle und rechtssichere Vorgaben für einen Abgleich der Erkenntnisse der Dünge- und Baubehörden.
Eine konstruktive Zusammenarbeit bot Reuter schließlich für eine weitere Verbesserung des Verbraucherschutzes an. Die 1.600 Mitarbeiter der unteren Veterinär- und Lebensmittelbehörden ständen für eine flächendeckende, ortsnahe Überwachung im gesamten Land. Der wirkungsvollste Weg einer weiteren Optimierung bestehe in einer finanziellen Stärkung dieses funktionierenden Rückgrates des Verbraucherschutzes.