Niedersächsischer Landkreistag besteht auf mehr Flexibilität für Schulträger und fordert nachhaltige Konzepte zur Verwaltungsreform
Der Vorsitzende des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), der Celler Landrat Klaus Wiswe, hat vor 250 Gästen im Rahmen der diesjährigen Landkreisversammlung eine zügige Klärung der Organisationsfrage bei der Leistungserbringung für Langzeitarbeitslose gefordert, die nur scheinbar beruhigte Situation bei den Kreisfinanzen beklagt und auf einer größeren Flexibilität für die Schulträger beharrt. Im Hinblick auf die von der Landesregierung angestoßene Diskussion zur Verwaltungsreform forderte er langfristig tragfähige Konzepte von der Landesregierung.
Unverständnis äußerte Wiswe über die Zerstrittenheit auf Bundesebene hinsichtlich der Organisationsfrage bei der Leistungserbringung für Langzeitarbeitslose. Er forderte kurzfristig eine Verfassungsänderung, die sowohl eine gemeinsame Wahrnehmung der Aufgaben durch Kommunen und Bundesarbeitsverwaltung als auch in Form eigenverantwortlicher kommunaler Aufgabenwahrnehmung gleichberechtigt absichere.
„Interessiert sich in der Berliner Politik eigentlich noch jemand dafür, wie sieben Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in teilweise wirklich schwierigen Situationen am effektivsten geholfen werden kann?“, stellte Wiswe als Frage in den Raum und warnte vor einem Rückfall in die sozialpolitische Steinzeit, wenn es nicht zeitnah zu einer Lösung komme.
Unter Hinweis auf die vor wenigen Wochen verabschiedete Loccumer Erklärung des NLT bewertete Wiswe die Vorschläge der Landesregierung vom 24. Februar 2009 zur Fortentwicklung der Schulpolitik kritisch. „Verstärkter gemeinsamer Unterricht für Schüler von Haupt- und Realschulen allein ist nach unserer Auffassung keine hinreichende Antwort auf die demographische Entwicklung und das Anmeldeverhalten der Eltern. Aus unserer Sicht ist es erforderlich, auch ein Zusammenführen von Haupt- und Realschule zu einer echten neuen Schulform zuzulassen“, beharrte Wiswe auf der Position des NLT.
Die angekündigte engere Verzahnung von Haupt- und Berufsschulen sei im Grundsatz zu begrüßen, werfe aber in der Praxis insbesondere in den ländlichen Räumen erhebliche Probleme auf. Ferner mahnte Wiswe konkrete Gespräche an, um in Modellversuchen die Trennung zwischen äußerer und innerer Schulverwaltung zu überwinden. Elf Landkreise haben Interesse bekundet, an diesen Gesprächen beteiligt zu werden.
Zum leidigen Dauerthema Kreisfinanzen merkte der NLT-Vorsitzende an, diese würden im Jahr 2009 zwar besser als in vielen Vorjahren aussehen. Mahnend müsse aber darauf hingewiesen werden, dass die Landkreise derzeit noch von den Zeiten der Hochkonjunktur und der teilweisen Wiederaufstockung des kommunalen Finanzausgleichs profitierten. Dennoch gelinge einer nennenswerten Zahl von Landkreisen kein struktureller Haushaltsausgleich. Auch sei ein Kassenkreditbestand von 1,9 Milliarden Euro zum Jahresende 2008 unverändert besorgniserregend. Wiswe: „Und alarmierend ist ein Blick in die nahe Zukunft. Schon die prognostizierten Einnahmeausfälle aus den beschlossenen Maßnahmen auf der Bundesebene führen dazu, dass wir uns auf Einnahmerückgänge in der Größenordnung von fünf Prozent in den Kreishaushalten einstellen müssen. Wohlgemerkt: Damit ist noch kein Wort über die Konjunkturentwicklung gesagt. Diese Effekte kommen verschärfend hinzu.“
Im Hinblick auf das zwischen Bund und Ländern vereinbarte Verschuldungsverbot forderte Wiswe die Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass entgegen den gesetzlichen Vorschriften aufgenommene Kassenkredite auf ein zulässiges Maß zurückgeführt werden könnten.
Schließlich sprach der Vorsitzende des kommunalen Spitzenverbandes für die Landkreise und die Region Hannover die Vorschläge des Landes zur Entschuldung durch freiwillige Fusionsanreize an. Wiswe plädierte für mehr Ehrlichkeit im Umgang. „Im Kern geht es um eine Verwaltungsreform auf der Basis freiwilliger Anreize. Daneben soll auch einzelnen Kommunen geholfen werden, die sich in einer extrem schwierigen Haushaltssituation befinden.“ Er kündigte an, der NLT werde sich mit diesem Vorschlag in den kommenden Jahren intensiv auseinandersetzen. Wiswe: „Zusammengelegte Verwaltungsstrukturen lösen aber nicht die Probleme von Arbeitslosigkeit, vermindern nicht die Kosten für die Unterkunft von Arbeitslosen, verringern nicht die Sozialhilfekosten, machen Schulen und Schülertransport nicht preiswerter. Wir fordern die Landesregierung auf darzulegen, welche Überlegungen bestehen, in den besonders strukturschwachen Gebieten des Landes die Grundlagen für dauerhaft tragfähige Strukturen der kommunalen Selbstverwaltung zu legen. Wir müssen über Aufgabenverlagerungen und Zielvorstellungen sprechen. Nur wenn nachhaltige Konzepte vorliegen, kann ein Reformprozess mittel- und langfristig erfolgreich sein.“