Gesundheitsversorgung akut bedroht: „Lüneburger Appell“ der Landkreise

Die Krankenhäuser sind unterfinanziert, im Land besteht ein gigantischer Investitionsstau, die Versorgung durch Arztpraxen schwindet, der Öffentliche Gesundheitsdienst muss weiterentwickelt werden: Die medizinische Versorgung in der Fläche ist in allen Säulen des Gesundheitssystems akut bedroht. „Das ist alarmierend. Die niedersächsischen Landkreise appellieren eindringlich an alle Verantwortlichen in Bund und Land, umgehend zu reagieren“, sagt Frieslands Landrat Sven Ambrosy, Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Mit dem „Lüneburger Appell“ legt der NLT dafür ein Positionspapier vor.

Beschlossen wurde der Appell bei der 83. Landkreisversammlung des NLT in Adendorf, Landkreis Lüneburg. Zwei Tage tauschen sich die Delegierten der 36 niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover zu wesentlichen landes- und bundespolitischen Themen aus. „Wir haben die Versammlung unter das Motto gestellt, ,Medizinische Versorgung in der Fläche sichern‘. Das zeigt, wie drängend die Probleme hier sind“, betont NLT-Präsident Ambrosy. Das Positionspapier wurde von den Delegierten schon im Vorfeld engagiert diskutiert. Teils berichteten sie eindringlich von Erfahrungen in den Landkreisen. „Das Thema treibt uns um. Der ,Lüneburger Appell‘ fasst unsere Positionen zusammen. Er ist eine scharfe Analyse und enthält konkrete Forderungen“, bringt Ambrosy es auf den Punkt.

Die größte Sorge bereite den Landkreisen die Krankenhausversorgung. „Das bisherige System der Finanzierung des laufenden Betriebs hat zu einer gewaltigen Schieflage geführt. Vier von fünf niedersächsischen Krankenhäusern erwirtschaften trotz guter Arbeit Defizite. Statt dort konsequent gegenzusteuern werden auf Bundesebene Reformpläne diskutiert, die sich mit dem modernen niedersächsischen Krankenhausgesetz nicht im Ansatz vertragen. Ihre Realisierung würde zu einem massiven Sterben von Krankenhäusern in der Fläche führen. Diese Pläne müssen vom Tisch. Gleichzeitig muss das Land Niedersachsen mit einem Sonderprogramm die Grundlage einer zukunftsfähigen Krankenhausstruktur legen. Der Investitionsstau beträgt derzeit 2,6 Milliarden Euro und wächst stetig auf. Das Land muss die größte Baustelle der öffentlichen Infrastruktur in dieser Wahlperiode endlich in Angriff nehmen. Die Landkreise und die Region Hannover unternehmen erhebliche Anstrengungen für eine qualitativ hochwertige, flächendeckende Krankenhausstruktur. Sie können aber nicht allein die Defizite der gesetzlich in der Verantwortung stehenden Kostenträger auf Bundes- und Landesebene ausbügeln,“ fasst Ambrosy die Situation zusammen. 

Das NLT-Positionspapier stellt den Reformbedarf in fünf Bereichen dar: der Krankenhausfinanzierung mit Blick auf die wirtschaftlich bedrohliche Lage der Häuser; die Krankenhausplanung mitsamt den dringend erforderlichen Investitionen; die medizinische Versorgung im ländlichen Raum durch Arztpraxen und Regionale Gesundheitszentren; den Öffentlichen Gesundheitsdienst und dessen erforderliche Stärkung; der Notfallversorgung mit der Sorge um die Notaufnahmen und die drohende Überlastung des Rettungsdienstes. Der „Lüneburger Appell“ ist auf der Internetseite des NLT abrufbar: https://link.nlt.de/lgappell