Rettungsdienstkongress - Innenministerin Daniela Behrens

„Der kommunale Rettungsdienst in Niedersachsen ist hervorragend aufgestellt. Mit der Einführung der landesweiten Telenotfallmedizin und der stärkeren Kooperation zwischen Leitstellen und Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung sind die richtigen Weichen für eine noch bessere Patientenversorgung in Niedersachsen gestellt“, erklärte die Niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens bei ihrem Grußwort zum 5. kommunalen Rettungsdienstkongress des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) am 4./5. November 2024 in Soltau, der mit über 120 Teilnehmenden ausgebucht war.

„Die Veranstaltung zeigt: Die niedersächsischen Landkreise und die Region Hannover nehmen ihre Aufgabe als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes in Niedersachsen überaus engagiert wahr. Gemeinsam mit unseren Partnern sind viele innovative Projekte bereits in der Praxis angekommen. Vor diesem Hintergrund sind die jüngsten Pläne des Bundesgesundheitsministers, den Rettungsdienst zu zentralisieren, wirklich völlig unverständlich“, fasste Hubert Meyer, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des NLT, die Stimmung zusammen.

Neben dem aktuellen Sachstand zur landesweiten Einführung der Telenotfallmedizin stand vor allen Dingen die Stärkung der Kooperation von 112 und 116117, also dem Rettungsdienst und dem kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, im Zentrum des ersten Tages der Tagung. Die unterschiedlichen Sichtweisen wurden diskutiert auf einer Podiumsdiskussion mit der Niedersächsischen Innenministerin Daniela Behrens, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsens Thorsten Schmidt, der Ersten Kreisrätin des Landkreises Verden Regina Tryta, dem Allgemein- und Notfallmediziner Wolfgang Hagemann, u.a. früherer langjähriger Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, sowie NLT-Geschäftsführer Joachim Schwind.

Bereits vor dem Gesetzentwurf des Bundes zur Reform der Notfallversorgung hatte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen gravierende Veränderungen im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst in Niedersachsen für nächstes Jahr angekündigt. Die kommunalen Vertreter äußerten ihre Sorge, dass der Rettungsdienst mit weiterhin stark steigenden Einsatzzahlen letztlich als einzig rund um die Uhr schnell ansprechbare Ressource der Gesundheitsversorgung weiterhin stark für Bagatellfälle gerufen werde und Lücken in der Hausärztlichen Versorgung ausgleichen müsse.

kuhstall

„Die umgehende Schließung eines Schlachthofes nach Hinwei-sen auf gravierende Tierschutzverstöße zeigt, wie wichtig eine im ganzen Land gut aufgestellte kommunale Veterinärverwaltung ist. Wir vermissen aber weiter ein Signal des Landes, diesen wichtigen behördlichen Aufgaben der Landkreise im Bereich des Tierschutzes und für die Sicherheit unserer Lebensmittel fair zu finanzieren. Dem politischen Bekenntnis zum Tierschutz müssen auch Taten folgen“ erklärte NLT-Hauptgeschäftsführer Prof. Hu-bert Meyer nach einer heutigen Sitzung des Ständigem Arbeitskreises Veterinärwesen von Niedersächsischem Landkreistag und Niedersächsischem Städtetag.

Seit Anfang September haben die Landkreise und kreisfreien Städte die fachliche Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium bereits auf ein Mindestmaß reduziert. Die inzwischen im Ministerium vorliegenden Überlastungsanzeigen und Bitten zur Priorisierung der Aufgabenflut bei fehlender Finanzierung der Veterinärämter hat das Landwirtschaftsministerium mit einem Standardschreiben abgetan. Zusagen für eine bessere Finanzie-rung fehlen bis heute. „Die Stimmung heute war von Unver-ständnis geprägt, dass das Land weder für eine ausreichende Finanzierung sorgt noch Standards reduzieren will. Wir erwarten nun umgehend Signale des Landes, wie das jährliche Defizit von 41 Mio. Euro abgebaut werden soll. Unsere Fachleute waren sich einig: Wenn es keine Lösung gibt, müssen wir ab Anfang nächs-ten Jahres Dienstleistungen reduzieren, die die Kundinnen und Kunden spüren werden. Wir planen in einer zweiten Stufe, den Service bei Dienstleistungen wie Beratungen, Abfertigungen von Tiertransporten, die Ausstellung von Exportzertifikaten sowie die Durchführung von Schlachttieruntersuchungen im Herkunftsbe-trieb auf die normalen Dienstzeiten zu beschränken. Tierschutz-kontrollen werden wir beispielsweise nur noch anlassbezogen durchführen können. Viele weitere Maßnahmen sind heute vor-geplant worden. Endgültig wird das NLT-Präsidium Anfang De-zember 2024 unter dem Eindruck der Ergebnisse der Haushaltsberatungen des Landes entscheiden“, fasste der NLT-Hauptgeschäftsführer die Sitzung zusammen.

Verfassungsausschuss mit Generalkonsulin Dr. Iryna Tybinka

Die Generalkonsulin der Ukraine, Iryna Tybinka, war Gast beim Niedersächsischen Landkreistag (NLT). Im Verfassungs- und Eu-ropaausschuss des kommunalen Spitzenverbandes hat sie mit den Vertreterinnen und Vertretern der Landkreise die Lage der Menschen aus der Ukraine in Niedersachsen diskutiert.

Dr. Tybinka schilderte einleitend eindrucksvoll die militärische Lage in der Ukraine und das Leid der Bevölkerung durch den russischen Angriff. Vor dem dritten Winter des Krieges brachte Sie die Sorge um die Infrastruktur, insbesondere die Energieanlagen zu Ausdruck. Sie dankte den niedersächsischen Landkreisen für ihren Einsatz zur Hilfe der vertriebenen Menschen und betonte die Fortschritte in der Integration unter den über 100.000 ukrainischen Menschen in Niedersachsen. Sie warb für weitere Unterstützung der geflüchteten Menschen in Niedersachsen und in der Ukraine.

Die Solidarität mit der Ukraine ist in Niedersachsen ungebrochen. Zugleich ist die Betreuung der Vertriebenen bei den Dingen des täglichen Lebens, in Kitas und Schulen, bei der medizinischen Versorgung, bei der Integration in den Arbeitsmarkt eine Herausforderung für die Landkreise. „Für die Einordnung und das gegenseitiges Verständnis war der Austausch heute wichtig“, so Detlev Kohlmeier, Landrat des Landkreises Nienburg und Vorsit-zender des NLT-Verfassungs- und Europaausschusses. Dies ebne den Weg für pragmatische Lösungen und kreative Ideen, wenn konkrete Probleme zu lösen seien, beispielsweise bei der Kinderbetreuung oder der beruflichen Qualifizierung.

Die Landkreise sind für die Aufnahme und Integration der durch den russischen Angriffskrieg Vertriebenen zuständig, sie kümmern sich um die Betreuung der knapp 110.000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit dem Überfall auf das Land am 24. Februar 2022 nach Niedersachsen gekommen sind. „Allein die Zahlen machen deutlich, wie wichtig der Austausch der Generalkonsulin mit den niedersächsischen Landkreisen ist“, so NLT-Hauptgeschäftsführer Meyer abschließend. Der Besuch des Verfassungs- und Europaausschusses knüpfe an bestehende Kontakte an.

Rettungsdienst

Die Katze ist aus dem Sack: Jetzt bekannt gewordene Änderungsanträge des Bundesgesundheitsministeriums zum Gesetz zur Reform der Notfallversorgung sehen eine faktisch vollständige Übernahme des Rettungsdienstes durch den Bund vor. Hilfsfristen, Fahrzeugbesetzung, Finanzierung, Personal, sogar die Software in den Leitstellen – alles soll künftig zentral für ganz Deutschland von einem demokratisch nicht legitimierten Gremium mit acht Personen unter Vorsitz des Ministeriums festgelegt werden. „Ein grotesker Vorschlag für eine Aufgabe, für die nach dem Grundgesetz die Länder zuständig sind und die derzeit vom Landtag und unseren Kreistagen zuverlässig gesteuert wird“, erklärt der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Landrat Marco Prietz, zu den durchgesickerten Vorschlägen des Bundes. „Wir rufen alle Landesregierungen und Landtage auf, diese Pläne sofort zu stoppen“, so Prietz.

„Wir sehen uns gemeinsam mit Innenministerin Daniela Behrens und weiteren Bündnispartnern darin bestätigt, mit dem jüngst gestarteten Bündnis ,Rettet den Rettungsdienst 2.0‘ deutlich zu machen, wohin das führen wird: Der Bund gefährdet den Rettungsdienst als kommunal verankerte Aufgabe der Gefahrenabwehr und wichtigen Baustein im Bevölkerungsschutz, ohne zuvor mit Ländern und Kommunen gesprochen zu haben“, erläutert NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer. Zudem würden die Landtage politisch völlig entmachtet: Hilfsfristen, Fahrzeugbesetzung, Rettungsstrategie, Telenotfallmedizin und Kostentransparenz waren bisher alleinige Zuständigkeiten der Länder, die der Bund nun an sich reiße. „Es wird so kommen wie im Krankenhausbereich: Der Bund wird mit diesen unnötigen und vom ihm selbst gesetzten bürokratischen Vorgaben ermöglichen, die Kosten zu drücken“, führt Meyer aus. „Am Schluss wird wieder darauf gesetzt, dass die Landkreise im Interesse der Notfallpatienten für einen weiterhin funktionierenden Rettungsdienst als Ausfallbürgen mit kommunalem Geld einspringen. Das müssen wir mit aller Macht verhindern“, so der NLT-Hauptgeschäftsführer.

Hintergrund:

Eine Formulierungshilfe des Bundesgesundheitsministeriums mit Stand 15. Oktober 2024 sieht unter anderem in § 133b SGB V-E die Gründung eines achtköpfigen Qualitätsausschusses Notfallrettung vor, dem vier Mitglieder auf Vorschlag der Bundesländer und vier Mitglieder auf Vorschlag der Krankenkassen angehören sollen. Dieses Gremium soll nach § 133c Abs. 2 SGB V des Entwurfes Empfehlungen unter anderem verabschieden hinsichtlich

1. der Qualifikation des Personals, der Ausstattung, Besetzung und ärztlichen Leitung der Leitstellen einschließlich des Einsatzes eines Telenotarztes zur Unterstützung und Sicherstellung einer fachgerechten Patientenversorgung,
2. der automatisierten und standardisierten Ortung von Notrufenden,
3. der Nutzung von qualitätsgesicherten, standardisierten softwaregestützten Abfragesystemen,
4. Maßnahmen zur Förderung der Laienreanimation und der Ersten Hilfe durch Laien in anderen zeitkritischen lebensbedrohlichen Situationen sowie der Einbindung registrierter Ersthelfer über mobile Alarmierungs-Applikationen und öffentlich zugänglicher Automatisierter Externer Defibrillatoren,
5. nach medizinischer Indikation und disponiertem Einsatzmittel differenzierter Hilfsfristen sowie Maßnahmen zur Optimierung des jeweiligen Zielerreichungsgrades,
6. der Auswahl von bedarfsgerechten Einsatzmitteln (Disposition) und Maßnahmen zur Disposition anhand des Einsatzmittelstandorts,
7. der Nutzung standardisierter und vernetzter Einsatzleitsysteme (Leitstellensoftware) zur Ermöglichung einer landkreis- und länderübergreifenden Alarmierung von Einsatzmitteln einschließlich der Bereitstellung entsprechender technischer und organisatorischer Schnittstellen,
8. des Einsatzes von digitalen Lösungen zur Patientensteuerung und zur Patientenzuweisung mithilfe eines integrierten softwaregestützten Behandlungskapazitäten-Nachweises in geeignete Versorgungseinrichtungen,
9. der Anbindung und Koordination von spezialisierten Formen der ambulanten Notfallversorgung oder weiteren ambulanten Versorgungsformen.

Weitere Vorgaben sind geplant nach § 133 Abs. 3 SGB V-E für den Bereich

1. der Qualifikation des Personals, der Ausstattung und der Besetzung der Einsatzmittel einschließlich des Einsatzes eines Telenotarztes zur Unterstützung oder Sicherstellung einer fachgerechten Patientenversorgung,
2. nach medizinischer Indikation und disponiertem Einsatzmittel differenzierter Hilfsfristen, soweit medizinisch geboten auch zu Prähospitalzeiten, und Maßnahmen zur Optimierung des jeweiligen Zielerreichungsgrades,
3. der medizinischen Versorgung vor Ort und während des Transports,
4. der Aufgaben der Ärztlichen Leitung des Rettungsdienstes,
5. der Entscheidung bezüglich der Art und Weise einer Weiterversorgung im Krankenhaus, in der ambulanten Versorgung und anderen komplementären Systemen,
6. der Qualitätssicherung für die medizinische Notfallrettung.

Diese Vorgaben sind nach der Neuregelung des § 133 Abs. 2 Satz 5 SGB V-E bei der Vergütung der Leistungen des Rettungsdienstes zu Grunde zu legen.

Krankenhaus - OP

Landkreistag ruft alle Landkreise zu Resolutionen auf

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verkündete Einigung mit den Koalitionsfraktionen zur Krankenhausfinanzierung führt beim Niedersächsischen Landkreistag (NLT) zu Entsetzen: „Wir können es nicht fassen. Egal was an Argumenten vorgetragen und Problemen geschildert wird, der Minister verkündet ungerührt seine Krankenhausreform. Für die seit 2022 aufgelaufenen Defizite gibt es weiter keinerlei Lösung zum Ausgleich von Inflation und Tarifkostensteigerungen. Das ist unerträglich und gefährdet die Krankenhausversorgung in ganz Niedersachsen“, erklärt der Präsident des NLT, Landrat Marco Prietz.

Prietz verweist auf die hohen finanziellen Belastungen der Kliniken und die Verantwortung des Bundes für die Finanzierung der Betriebskosten: „Der Bund muss die aufgelaufenen Defizite ausgleichen und darf sich nicht weiter auf die Kommunen verlassen, die ihre Häuser jeweils mit Millionenbeträgen stützen.“ Allein in Niedersachsen waren es 586 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Der NLT-Präsident nimmt alle niedersächsischen Bundestagsabgeordneten und das Land Niedersachsen in die Pflicht: „Wir appellieren an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus Niedersachsen, diesem Gesetz nicht ohne Lösung der Betriebskostenfrage zuzustimmen. Viele Krankenhäuser werden diese Reform sonst nicht mehr erleben.“

NLT-Vizepräsident Landrat Sven Ambrosy bekräftigt: „Der Appell des Landkreistages geht auch an die Landesregierung: Das Land darf im Bundesrat dem Gesetzentwurf zur Krankenhausreform ohne Tarif- und Inflationsausgleich nicht zustimmen. Andernfalls erwarten wir vom Land eine mindestens hälftige Beteiligung am kommunalen Defizitausgleich für die Krankenhäuser.“

Prietz erläutert, das NLT-Präsidium habe in der vergangenen Woche beschlossen, alle Landkreise um Beratung entsprechender Resolutionen zur dramatischen Lage der Krankenhäuser vor Ort zu bitten. „Wir geben ein klares Signal an Land und Bund: Ohne Schließung der Betriebskostenlücke für 2022 bis 2024 geht es nicht. Die Reform muss dringend nachgebessert werden,“ kündigt Prietz an.

Niedersächsischer Landtag - Mikrofon

Anlässlich der heutigen Anhörung im Niedersächsischen Landtag zum Landeshaushalt 2025 finden die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens deutliche Worte der Kritik. Während die Kommunalfinanzen im Verhältnis zum Land in eine massive Schieflage geraten sind, hält sich der Haushaltsentwurf bei erheblichen Baustellen zulasten der Kommunen zurück. Dies gilt insbesondere für die Bereiche der Krankenhausfinanzierung, Kindertagesbetreuung, Flüchtlingsunterbringung und -integration, Veterinärbehörden und viele weitere. Dass Niedersachsen seit Jahrzehnten den niedrigsten kommunalen Finanzausgleich pro Kopf aller 13 Flächenländer aufweist, macht sich seit jeher im Finanzierungssaldo bemerkbar und schlägt sich in weit überwiegend unausgeglichenen Kommunal- haushalten nieder.

Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Marco Trips, trägt einleitend den Unmut der Kommunen vor: „Der Landeshaushalt 2025 ist Sinnbild eines Vertrauensverlustes. In zentralen Bereichen wird die enorm angestiegene Belastung der kommunalen Haushalte vom Land schlicht ignoriert. Wir leisten immer mehr fachfremde Aufgaben ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich. Sobald die Konnexität ruft, versucht sich das Land um jeden noch so kleinen Beitrag zu drücken. Das ist kein Ausdruck guter Zusammenarbeit.“

Auch der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Prof. Dr. Hubert Meyer, findet klare Worte: „Allein für die Umsetzung der Eingliederungsreform ab 2020 und der Wohngeldreform ab 2023 haben die Kommunen über 800 Personen zusätzlich einstellen müssen. Wir erwarten, dass das Land seinen verfassungsrechtlichen Pflichten nachkommt, die Kosten hierfür vollständig auszugleichen. Auch hochdefizitäre Bereiche wie die Kindertagesstätten oder die Lebensmittel- und Veterinärverwaltung können die Kommunen nicht alleine schultern. Es ist nicht akzeptabel, auf Landesebene Vorsorge bis 2028 zu betreiben, den Kommunen aber jährlich neu die Schulden aufzubürden.“

Abschließend nimmt der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Dr. Jan Arning, insbesondere zu der ausartenden Krankenhausfinanzierung kritisch Stellung: „Die Krankenhausreform belastet Städte und Landkreise in Niedersachsen, die Träger von Krankenhäusern sind, in diesem Jahr mit rund 600 Millionen Euro. Und ein Ende ist nicht absehbar, da die Reform höchstwahrscheinlich gar keine finanzielle Entlastung für die Krankenhäuser bringen wird. Die Kommunen sind aber nicht Ausfallbürgen des Staates. Sie müssen finanziell handlungsfähig bleiben und freiwillige Leistungen erbringen können. Dies ist der verfassungsrechtlich garantierte Kern kommunaler Selbstverwaltung – und enorm wichtig für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft und den sozialen Frieden in unseren Städten.“

Ansprechpartner:

Dr. Stephan Meyn, 0511 302 85-44, 0163 962 37 05, meyn@nsgb.de
Stefan Wittkop, 0511 368 94-13, 0172 5397513, wittkop@nst.de
Ulrich Lottmann, 0511 879 53 -18, 0172 634 24 66, medien@nlt.de

Krankenhaus - Wegweiser

Keine Zustimmung zum Gesetzentwurf des Bundes ohne Nachbesserung

Hannover, 24. September 2024 – Die niedersächsischen Kommunen und die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) fordern die Landesregierung auf, dem vorliegenden Gesetzentwurf des Bundes für die Krankenhausreform im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern. „Die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Stabilisierung und geordnete Transformation der Krankenhauslandschaft sind bisher nicht gewährleistet. Sollte das Land Niedersachsen der Krankenhausreform zustimmen, ohne dass diese Bedingungen erfüllt sind, muss es die Verantwortung für die Folgen übernehmen. Das bedeutet, die aufgelaufenen Defizite der Krankenhäuser auszugleichen“, erklärten der Vorstandsvorsitzende der NKG, Rainer Rempe, und der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Hubert Meyer, für die kommunalen Spitzenverbände.

Anlass für die gemeinsame Positionierung von Kommunen und Krankenhausgesellschaft ist die aktuelle Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). In seiner Gegenäußerung lässt der Bund in den wesentlichen Punkten keine Bereitschaft erkennen, auf die Forderungen Niedersachsens im Einklang mit allen anderen Bundesländern einzugehen. Insbesondere fehlt nach wie vor ein längst überfälliger und bereits versprochener Inflationsausgleich. Kommunale, freigemeinnützige und private Krankenhäuser werden mit ihren massiven Betriebskostendefiziten weiter vom Bund im Stich gelassen. Ohne Anhebung der Vergütungen bleibt somit unklar, wie die Existenz bedarfsnotwendiger Krankenhäuser abgesichert werden kann, bis die Reform in ein paar Jahren ihre Wirkung entfaltet.

„Anders als vom Bundesgesundheitsminister behauptet, wird es keine fallzahlunabhängige Vorhaltevergütung geben. Wenn sich nichts ändert, werden die Defizite der Vergangenheit jedes Jahr aufs Neue fortgeschrieben. Zudem gibt es anstelle einer vom Bund lange versprochenen Auswirkungsanalyse bislang nur rudimentäre Planungstools, sodass die gesamte Reform ein Blindflug bleiben wird“, stellte Rempe für die NKG fest.

„Allein 2023 haben die Landkreise und kreisfreien Städte ausweislich der Jahresabschlüsse 586 Millionen Euro zur Stützung ihrer Kliniken aufwenden müssen. Diese immense Summe für eine Aufgabe, die eigentlich durch die Krankenkassen bezahlt werden müsste, gefährdet die kommunale Selbstverwaltung. Kitas, Schulen und Straßen bleiben auf der Strecke, weil Herr Lauterbach seinen Pflichten zur Regelung dieser Aufgabe nicht nachkommt. Das können und werden die kreisfreien Städte und Landkreise nicht akzeptieren. Es geht auch nicht an, dass die kreisangehörigen Gemeinden und Städte das Versagen des Bundesgesundheitsministers über die Kreisumlage mitfinanzieren müssen“, kritisieren der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Jan Arning, der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips und Hubert Meyer für den NLT gemeinsam. „Wenn das Land diesem verfassungswidrigen Verschiebebahnhof der finanziellen Lasten im Bundesrat nicht Einhalt gebietet, erwarten wir, dass es auf Dauer wenigstens die Hälfte der auflaufenden Defizite der Betriebskosten der Kliniken übernimmt,“ stellten die Vertreter der drei kommunalen Spitzenverbände des Landes Niedersachsen übereinstimmend fest.

Weitere Informationen:

Cara Loth, 0511 879 53-41, medien@nlt.de
Oliver Kamlage, 0511 302 85-54, kamlage@nsgb.de
Stefan Wittkop, 0511 368 94-13, 0172 5397513, wittkop@nst.de
Piet Schucht, 0511 307 63-19, 0160 224 74 57, schucht@nkgev.de

Verbraucherschutzbericht 2023 - Deckblatt

Jugendliche essen extrem scharfe Chips und filmen sich dabei: Das war ein Trend in den sozialen Netzwerken, ist aber auch ein spektakuläres Beispiel für die breit gefächerten Aufgaben der niedersächsischen Landkreise in der Lebensmittelüberwachung. Denn die sogenannte „Hot-Chips-Challenge“ war akut gesundheitsgefährdend. Die Behörden waren gezwungen, vor den Chips eines tschechischen Herstellers zu warnen. Das Produkt wurde wo immer möglich aus dem Handel genommen. Im Verbraucherschutzbericht 2023 sind diese und weitere Beispiele aufgeführt. Er wurde am heutigen 16. September 2024 von Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und dem Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Hubert Meyer, vorgestellt.

Im Jahr 2023 wurden bei der Überwachung von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika und Tabakerzeugnissen 38.057 von insgesamt 119.722 Betrieben in Niedersachsen kontrolliert (32 Prozent). Dabei wurden 59.007 Kontrollen durchgeführt, bei 33.531 wurden Verstöße festgestellt (57 Prozent). Vor allem gegen Hygienevorgaben wurde verstoßen (46 Prozent), gefolgt von Verstößen gegen die betriebliche Eigenkontrolle wie beispielsweise Mängeln in der Personalschulung, Dokumentation und Rückverfolgbarkeit von Produkten (22 Prozent) und die Kennzeichnung und Aufmachung von Erzeugnissen (16 Prozent). Die kommunalen Behörden ergriffen bei mehr als 30.800 Kontrollen Maßnahmen zur Abstellung der Mängel, von der mündlichen Verwarnung im Betrieb bis zur Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft.

Meyer wies in diesem Zusammenhang auf die völlig unzureichende Kostenerstattung des Landes für die von den Kommunen wahrgenommenen Aufgaben im Veterinärbereich und bei der Lebensmittelüberwachung hin. „Der Verbraucherschutzbericht 2023 rückt erneut die Bandbreite und Bedeutung einer schlagkräftigen kommunalen Lebensmittelüberwachung in den Blickpunkt“, so der NLT-Hauptgeschäftsführer. Dabei müssten Landkreise und Region seit Jahren mit viel eigenem Geld die völlig unzureichende Finanzausstattung durch das Land kompensieren. Dies gelinge bisher nur aufgrund der Umwidmung kommunaler Mitteln der Daseinsvorsorge. Aktuell summiert sich das jährliche Defizit für die Wahrnehmung dieser staatlichen Aufgabe auf 41 Millionen Euro. „Damit ist jetzt Schluss! Wenn wir im nächsten Jahr erneut über erfolgreichen Verbraucherschutz reden wollen, brauchen wir endlich ein deutliches finanzielles Signal dazu, und zwar noch in 2024!“, so Meyer.

Rettet den Rettungsdienst 2.0 - Logo

Der Rettungsdienst funktioniert. Während andere Bereiche der Gesundheitsversorgung zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert sind, gibt es bei lebensbedrohlichen Notfällen unter der Rufnummer 112 schnell und zuverlässig Hilfe. Dies ist durch Pläne des Bundes zur Verlagerung von Zuständigkeiten und für zentrale Vorgaben bedroht. Dagegen formiert sich Widerstand. Auf Initiative des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) hat sich am heutigen 16. September 2024 das Bündnis „Rettet den Rettungsdienst 2.0“ gebildet. Dabei handelt es sich um die Neuauflage eines breiten Zusammenschlusses von Akteuren rund um den Rettungsdienst, der bereits 2019 in Erscheinung getreten war.

Zum Start des Bündnisses erklärt die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens: „Die Pläne der Bundesregierung, die Zuständigkeiten des Rettungsdienstes auf die Bundesebene zu verlagern und zentrale Vorgaben durch den Bund einzuführen, hätten tiefgreifende Auswirkungen auf die Struktur der Notfallversorgung zur Folge und stellen gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Länder in Frage. Der Rettungsdienst hat sich als elementare Landes- beziehungsweise Kommunalaufgabe bewährt! Die wesentlichen Merkmale und Stärken liegen insbesondere in der regionalen Verankerung, verbunden mit einer spezifischen Planung und individuellen Lösungen vor Ort. Dadurch wird besonders in ländlichen oder strukturschwachen Regionen die passgenaue Versorgung der Menschen gewährleistet. Diese Sicherheit darf jetzt nicht durch einen Alleingang des Bundes, unausgereifte oder überhastete Reformen gefährdet werden. Vielmehr muss es darum gehen, die bestehende Struktur durch tragfähige praxisnahe Lösungen zu stärken – in Kooperation zwischen Bund und Ländern! Aus dem Grund unterstützen wir als Land das Bündnis ‚Rettet den Rettungsdienst 2.0‘.“

NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer fasst die Botschaft des Gründungsaufrufs zusammen: „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach soll die Hände von den Landeszuständigkeiten lassen. Der Rettungsdienst ist Kernbestandteil der Gefahrenabwehr nach Landesrecht und der kommunalen Daseinsvorsorge. Diese integrierte Hilfeleistung bei allen Notfällen verantworten erfolgreich die Landtage und Kommunen seit Jahrzehnten mit hoher demokratischer Legitimation. Der sensible Bereich der Rettung von Menschenleben darf nicht durch eine unausgegorene Reform mit Änderungsanträgen im Vorbeigehen gefährdet werden.“

Ralf Selbach, Landesgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes Niedersachsen, führt aus: „Der Rettungsdienst wird getragen von der engen Zusammenarbeit der kommunalen Träger mit den Hilfsorganisationen und einem dahinterstehenden integrierten Hilfeleistungssystem haupt- und ehrenamtlicher Einsatzkräfte. Diese bewährten Strukturen zur Rettung von Menschenleben und zum Schutz unserer Bevölkerung in Krisen und Katastrophen dürfen nicht durch bundesweite Vorgaben beeinträchtigt werden, die niemand braucht. Der Bund therapiert mit seinen Reformversuchen den falschen Patienten, denn die Probleme des Rettungsdienstes resultieren aus der Überlastung der anderen Sektoren der Notfallversorgung.“

Landrat Rainer Rempe, Vorsitzender des NLT-Gesundheitsausschusses, fügt hinzu: „Neben einer unausgegorenen Krankenhausreform, die neben vielen weiteren Punkten daran krankt, dass der Bundesgesundheitsminister seiner Pflicht zur Finanzierung der laufenden Betriebskosten der Krankenhäuser nicht nachkommt, brauchen wir nicht noch eine weitere Schnellschuss-Reform. Im Rettungsdienst als Teil der Gefahrenabwehr der Länder und kommunaler Aufgabe der Daseinsvorsorge arbeiten viele Menschen und Organisationen seit Jahrzehnten erfolgreich zum Schutz der Bevölkerung zusammen. Dieses gut funktionierende und ortsnahe System darf nicht durch Zuständigkeitsverlagerungen, zentrale Vorgaben aus Berlin und den Entzug von Finanzmitteln gefährdet werden.“

Viele Akteure aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Organisationen haben bereits ihre Mitwirkung in der Neuauflage des Bündnisses erklärt. Es ist weiterhin offen insbesondere für Träger und Leistungserbringer auf Landes- und kommunaler Ebene im Rettungsdienst. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem Gründungsaufruf 2.0 des Bündnisses, das als Anlage beigefügt und unter www.nlt.de/rettungsdienst abrufbar ist.

Pressekontakt: Ulrich Lottmann, medien@nlt.de.
Das Bündnis ist erreichbar unter: rettungsdienst@nlt.de.

Rettet den
Rettungsdienst!
Gründungsaufruf 2.0 des Bündnisses für den Rettungsdienst als Landes-

und Kommunalaufgabe September 2024

Deutschland 2024: Volle Wartezimmer bei akuten haus- und kinderärztlichen Problemen, wochenlange Wartezeiten auf Facharzttermine, hausärztlicher Notdienst mit langer Wartezeit am Telefon, viel zu große Versorgungsbezirke und diffuse Reaktionszeit, überfüllte Notaufnahmen der Krankenhäuser mit vielen Stunden Wartezeit. Viele Patienten landen im falschen Versorgungspfad und warten viel zu lange auf die richtige medizinische Hilfe in Eil- und Krisenfällen.

Und bei lebensbedrohlichen Notfällen? Steht in allen Bundesländern rund um die Uhr der Rettungsdienst als Aufgabe der Länder und Kommunen unter der Rufnummer 112 bereit. Die kommunalen (Berufs-)Feuerwehren und weitere kommunale Experten, die Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter-Unfall-Hilfe, der Malteser-Hilfsdienst, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, weitere Hilfsorganisationen und private Fachleute stehen bereit, sofort – innerhalb weniger Minuten nach Eingang des Notrufs – Hilfe zu leisten. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, im Schneesturm, während der Silvester-Party und mitten in den Sommerferien, vom Allgäu bis ins Wattenmeer, inzwischen auch mit Unterstützung eines Telenotfallmediziners. Egal ob zum Extremsportler oder ins Seniorenheim: Der Rettungsdienst in Deutschland kommt zuverlässig innerhalb kurzer Fristen in international beneideter Qualität und rettet jeden Tag unzählige Leben.

Warum braucht der Rettungsdienst nun selbst Hilfe? Das Bundesgesundheitsministerium will den Rettungsdienst als Landes- und Kommunalaufgabe faktisch abschaffen: Der Rettungsdienst soll nach den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums vom 16. Januar 2024 Teil des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V werden, um die Zuständigkeit für den Rettungsdienst von den Ländern auf den Bund zu verlagern. Damit soll der Rettungsdienst so behandelt werden wie andere Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung: Es soll künftig bundesweite Vorgaben zur Planung der Rettungswachen-Standorte und weitere zentrale Vorgaben geben. Solche Vorgaben gefährden funktionierende Strukturen vor Ort. Die kommunale Zuständigkeit der Gemeinden, Städte und Landkreise beim Bedarf an Fahrzeugen, beim Standort der Rettungswachen und bei der Auswahl der Leistungserbringer soll eingeschränkt werden. Es droht zudem die Gefährdung der mühsam erreichten europarechtlichen Bereichsausnahme für den Rettungsdienst und der ehrenamtlichen Strukturen im Bevölkerungsschutz.

Warum macht der Bund so etwas? Der Bund hat jahrelang die Probleme in der akuten ambulanten und stationären Notfallversorgung der Bevölkerung nicht lösen können. Ständig wurden neue Strukturen wie die Terminservicestellen geschaffen, ohne dass es in der ambulanten Versorgung besser wurde. Der Bund will unnötig zentrale Vorgaben in einem Bereich durchsetzen, der bisher durch spezifische Lösungen auf Länder- und kommunaler Ebene geprägt ist. Echte Argumente, warum eine Bundeszuständigkeit im Rettungsdienst etwas an den aktuellen Herausforderungen bei der Notfallversorgung lösen könnte, gibt es nicht. Der Bund therapiert den falschen Patienten.

Was ist künftig mit den Kosten? Wesentlicher Reformtreiber für den Bund ist eine behauptete Intransparenz bei den Kosten des Rettungsdienstes. Die gibt es nicht, weil in den meisten Ländern die Krankenkassen den besten Einblick in die Kostenstrukturen haben und die Kosten einvernehmlich zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen vereinbart werden. Wir befürchten, es wird wie im Krankenhausbereich werden: Erst gibt man bundesweite Standards vor, und dann folgen Finanzierungsabschläge, wenn bestimmte bürokratische Parameter nicht erfüllt werden. Das entzieht dem System Geld, weil Hilfsorganisationen und Kommunen bei den großen Summen nicht als Ausfallbürgen dauerhaft einspringen können. Dadurch wird das System weiter geschwächt und bekommt noch weniger Mittel. Diese für die Patienten gefährliche Abwärtsspirale, die wir im Krankenhausbereich derzeit erleben, muss beim Rettungsdienst dringend verhindert werden!

Wie geht der Bund vor? Lange Zeit hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigt, man werde den Entwurf eines eigenen Bundes-Rettungsdienstgesetzes vorlegen. Mitte Juni 2024 dann die Kehrtwende: Die Regelungen sollen nun ohne vorheriges Beteiligungsverfahren in das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Notfallversorgung im Herbst dieses Jahres durch Änderungsanträge eingebracht werden, um die Diskussion mit der Fachöffentlichkeit und den Ländern abzuwürgen. Das verhindert jeden fachlichen Dialog, ist nicht an echter sektorenübergreifender Zusammenarbeit interessiert und schlicht undemokratisch. Man redet über den Rettungsdienst, aber nicht mit dem Rettungsdienst. So geht es nicht!

Was wäre die bessere Lösung? Der Bund kann problemlos die unstreitig erwarteten Verbesserungen wie die Klarstellung in § 60 SGB V (Rettungsdienst ist mehr als Transport), die Digitalisierung der Schnittstellen, den Zugriff des Rettungsdienstes auf die E-Akte sowie die Finanzierung moderner sektorenübergreifender Versorgungskonzepte wie des Gemeindenotfallsanitäter nach Maßgabe des Landesrechts regeln. Ein eigener Leistungsbereich „Rettungsdienst“ braucht es dafür ebenso wenig wie Regelungen zur Vergütungstransparenz oder zur Entwicklung bundesweiter Rahmenvorgaben. Diese Themen sind Ländersache.

Warum ein Bündnis? Im Rettungsdienst arbeiten viele Menschen und Organisationen seit Jahrzehnten erfolgreich zum Schutz der Bevölkerung zusammen und haben ungezählte Leben gerettet. Ein funktionierender Rettungsdienst ist wertvoller Teil der Gefahrenabwehr der Länder und kommunale Aufgabe der Daseinsvorsorge. Gemeinsam mit den Feuerwehren und dem Katastrophenschutz bildet der Rettungsdienst mit den Leitstellen ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Rettung aller Menschen aus Lebensgefahren. Dieses erfolgreiche und ortsnahe System mit vielen hunderttausenden ehrenamtlich Aktiven in den Hilfsorganisationen darf nicht durch Zentralisierung und Entzug von Finanzmitteln gefährdet werden.

Was fordert das Bündnis konkret? Das Bündnis fordert:

Der Rettungsdienst muss als Landes- und Kommunalaufgabe der Daseinsvorsorge uneingeschränkt erhalten bleiben. Die föderale Struktur sichert die passgenaue Versorgung und ist Motor für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Die Verantwortung für den Rettungsdienst liegt zu Recht bei den Ländern (Art. 70 GG). Der Rettungsdienst ist nach Landesrecht vielerorts Aufgabe der Städte und Landkreise im eigenen Wirkungskreis, die den Spielraum für effektive und effiziente Organisationsformen genutzt haben. Die Landeszuständigkeit für den Rettungsdienst hat sich seit Jahrzehnten bewährt, weil örtliche Mitbestimmung statt zentraler bundesweiter Vorgaben für jede Region die beste Lösung zur Organisation der Rettung darstellt. Demokratischer geht es nicht.

Eine Gesetzesänderung mit dem Ziel, dem Bund mehr Einfluss auf den Rettungsdienst zu geben, wird strikt abgelehnt. Die dringend notwendigen Reformen wie eine Öffnungsklausel für sektorenübergreifende Versorgungsformen zwischen Rettungsdienst und Kassenärztlichem Notdienst können im SGB V verankert werden, ohne die Kompetenz der Länder anzutasten. Eine weitere Aushöhlung der Staatlichkeit der Länder im Bereich der Gefahrenabwehr muss verhindert werden.

Die Überlegungen des Bundesgesundheitsministeriums zur Regelung des Rettungsdienstes als Leistungsbereich im SGB V müssen fallen gelassen werden. Das Bundesgesundheitsministerium vernachlässigt seit Jahren die Zusammenhänge des Rettungsdienstes mit dem Brand- und Katastrophenschutz bei der Hilfe für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort (Stichwort: aufwachsende Lagen). Jede Veränderung der Kostentragung im Rettungsdienst durch den Bund sowie fachliche Vorgaben für den Rettungsdienst machen das System schwerfälliger, bürokratischer, fehleranfälliger und benachteiligt letztlich Kommunen und Hilfsorganisationen vor Ort. Regelungen zu Versorgung, Qualität, Planung und Kostentragung im Rettungsdienst sind Ländersache und müssen es auch bleiben.

Wer kann mitmachen? Das Bündnis steht allen Ländern, Kommunen und Organisationen offen, die seine Ziele unterstützen. Mit dem Beitritt sind keine Kosten oder weitere Verpflichtungen verbunden. Eine Mail an Rettungsdienst@nlt.de genügt.

Wie kann man mitmachen? Das Bündnis ruft hiermit alle Landtage der Länder mit allen Landtagsfraktionen, die für den Rettungsdienst zuständigen Ministerien der Länder, alle deutschen Kommunen mit ihren ehrenamtlichen Stadt- und Gemeinderäten und Kreistagen und alle Leistungserbringer im Rettungsdienst wie die Hilfsorganisationen auf, diesem Bündnis beizutreten, die Reformpläne des Bundes kritisch zu beraten und den örtlichen Bundestags- und Landtagsabgeordneten zu verdeutlichen, dass die Lösung für den Rettungsdienst nicht in einer Zentralisierung liegt.

geschäftsf Präsidium- LR-Klausur 2024 - Minister Lies

​Drängende landespolitische Themen wie die dramatische Lage der kommunalen Haushalte, die Umsetzung der Energiewende vor Ort, den Umgang mit dem Wolf oder die Zukunft des Deutschland-Tickets haben die niedersächsischen Landrätinnen und Landräte beraten. Die Klausurtagung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) in Visselhövede, Landkreis Rotenburg (Wümme), nutzten sie zum Austausch mit der Landespolitik zu diesen und weiteren Themen mit Blick auf den ländlichen Raum.​

Am gestrigen 22. August 2024 diskutierte Umweltminister Christian Meyer mit den Kreisspitzen. Am heutigen 23. August 2024 stellten sich Wirtschaftsminister Olaf Lies sowie die Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition im Landtag, Grant-Hendrik Tonne (SPD), Anne Kura und Detlev Schulz-Hendel (Bündnis 90/Grüne) den Fragen. Anregungen aus der Wissenschaft vermittelte Prof. Dr. Tim Brockmann vom Niedersächsischen Studieninstitut für kommunale Verwaltung; sein Thema: Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung.

„Das Format der Klausurtagung macht es möglich, dringende Themen zu diskutieren und losgelöst vom Tagesgeschäft landespolitische Entwicklungen zu beraten“, erläutert der Präsident des NLT, Frieslands Landrat Sven Ambrosy. „Genauso wichtig für uns: Die Klausur bietet einen Rahmen für ein offenes Wort im Gespräch mit der Landespolitik, deutlich im Ton und klar in der Sache. Der Austausch auf Augenhöhe ist ein Gewinn für beide Seiten“, so Ambrosy.

So nutzte Umweltminister Meyer die Gelegenheit, seine Pläne zum Wassermanagement und Moorschutz vorzustellen. Die Landrätinnen und Landräte verdeutlichten unter anderem ihre Forderungen nach einem Bestandsmanagement für den Wolf und ihre Vorstellungen zum Ausbau der Windenergie.

Aus dem Portfolio von Wirtschaftsminister Olaf Lies waren unter anderem der Ausbau des ÖPNV und die Zukunft des Deutschland-Tickets Gegenstand des Austauschs. Fragen und Forderungen gab es zur Förderung des Glasfaserausbaus in Niedersachsen und – nachdrücklich – zur Erstattung der Kosten der Wohngeld-Reform.

Die Kommunalfinanzen waren auch Schwerpunkt im Austausch mit den Spitzen der Koalitionsfraktionen. Von SPD-Fraktionschef Tonne und den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Kura und Schulz-Hendel forderten die Landrätinnen und Landräte deutliche Nachbesserungen im Entwurf des Landeshaushalts, insbesondere eine Beteiligung des Landes an den Defizitausgleichen der kommunalen Krankenhäuser angesichts der Untätigkeit des eigentlich zuständigen Bundesgesundheitsministers. Ferner diskutierten sie über die finanziellen Folgen des Zensus, zusätzliche Mittel für den kommunalen Finanzausgleich und die seit Jahren ausstehende Erstattung der Kosten im Veterinärwesen. Zudem ging es um Entwicklungen im Aufenthaltsrecht, Stichwort Bezahlkarte, und eine gemeinsame Haltung gegenüber Regelungsbemühungen des Bundes beim Rettungsdienst.

Mit Blick in die Zukunft nutzen die Kreisspitzen die wissenschaftliche Expertise von Prof. Brockmann. Was kann Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung leisten, was sind Voraussetzungen, Chancen, aber auch Grenzen? Das Interesse bei den Landrätinnen und Landräten am Vortrag von Prof. Brockmann war groß, die Fragen vielfältig und konkret.

Als gastgebender Landrat und zugleich NLT-Vizepräsident war Landrat Marco Prietz wesentlicher Akteur des zweitägigen Treffens. „Bei der Klausurtagung stimmen wir uns ab und bekommen Impulse zu Zukunftsfragen. Das Arbeitstreffen ist inhaltlich konzentriert und politisch effektiv. Diese Tradition haben wir in Visselhövede fortgeführt“, fasst er zusammen.

„Die Klausurtagung fand bereits zum 40. Mal statt“, ergänzt NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer. Der Niedersächsische Landkreistag als kommunaler Spitzenverband der 36 niedersächsischen Landkreise sowie der Region Hannover nehme deren gemeinsame Anliegen wahr und vertrete sie gegenüber Landesregierung und Landtag. „Genau das haben wir in diesen beiden Tagen geradezu idealtypisch getan. Das ist gelebte und funktionierende kommunale Selbstverwaltung“, so Meyer.